Jugendamt entzieht Aufenthaltsbestimmungsrecht wegen Kindeswohlgefährdung?

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In einem jüngst zu entscheidenden Fall musste sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage beschäftigen, ob durch den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts Eltern in Ihrem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG verletzt sind.

Der Fall: Die Eltern eines drei Monate alten Kindes standen unter dem Verdacht, ihrem Kind erhebliche Misshandlungen zugefügt zu haben. Ob diese auch sexueller Natur waren, ist nicht bekannt. Ein Gericht entschied, Eltern das Sorgerecht teilweise zu entziehen. Dazu gehörte das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Dann wurde das Kind bei Pflegeeltern untergebracht. 

Das Oberlandesgericht begründete seine Entscheidung damit, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit in überschaubarer Zeit es durch ein elterliches Versagen zu einer erheblichen Schädigung der körperlichen Unversehrtheit des Kindes kommt.

Die Eltern sahen sich durch das Urteil in Ihrem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG verletzt und legten Verfassungsbeschwerde ein.

Die Rechtslage: Das Elternrecht aus dem Grundgesetz sichert Ihnen als Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Dieses verfassungsrechtlich geschützte Freiheitsrecht dient in erster Linie dem Kindeswohl. Eine räumliche Trennung des Kindes von Ihnen unterliegt strengen Voraussetzungen. Ihr angebliches Fehlverhalten muss ein solches Ausmaß erreichen, dass das Kind bei Ihnen in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wäre, sog. Kindeswohlgefährdung. Im Fall des Bundesverfassungsgerichts ging es um das körperliche Wohl. Wird Ihnen eine Straftat vorgeworden, die gar nichts mit Ihrem Kind zu tun hat – z.B. der Besitz von Kinderpornographie – kann es ebenfalls zu solchen Folgen kommen.  

Laut dem Bundesverfassungsgericht ist eine solche Gefährdung Ihres Kindes anzunehmen, wenn bei ihm bereits ein Schaden eingetreten ist oder eine erhebliche Gefährdung eintreten kann. Es hängt demnach von einer Gefahrenprognose ab.

  • Je gewichtiger der zu befürchtende Schaden für Ihr Kind oder je weitreichender mit einer Beeinträchtigung des Kindeswohl zu rechnen ist, desto geringere Anforderungen müssen an den Grad der Wahrscheinlichkeit gestellt werden.

Im Einzelnen ist das sehr kompliziert.

Die Folgen: Wird Ihnen  wegen einer Straftat mit Bildern der Vorwurf der Kindeswohlgefährdung gemacht und wird Ihnen in Aussicht gestellt, dass ihr Kind räumlich von Ihnen getrennt wird, holen Sie sich umgehend Rechtsrat ein!

Für die räumliche Trennung – den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechtes – bedarf es einer umfänglichen Feststellung, die das elterliche Versagen begründet. 

Eine Kindeswohlgefährdung ist im Einzelfall zu bestimmen. Sprechen Sie uns an. Wir beraten bundesweit. Senden Sie eine Mail an koetz@koetzfusbahn.de oder rufen Sie uns unter 0211/8285360 an!


Dr. Daniel Kötz ist Fachanwalt und berät auch betreffend Straftaten im Zusammenhang mit Bildern, Daten und Texten.

Foto(s): Frank Beer

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten Familienrecht, Strafrecht, Urheberrecht & Medienrecht

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