Kaskoversicherung & Alkohol: Schadensersatz, wenn Fahrfehler nicht auf Alkoholeinfluß beruht

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Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte im Januar über eine Entschädigungsleistung einer Kaskoversicherung zu entscheiden. Problematisch zeigte sich, dass der Fahrzeugführer unter geringer alkoholischer Beeinflussung stand. Jedoch konnte die klagende Versicherung keinen Nachweis darüber führen, dass durch den Alkohol eine leistungskürzende Ursache eingetreten ist.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte durchquerte mit seinem Pkw ein Waldgebiet. Er ließ sich dahingehend ein, dass er einer links von der Fahrbahn kommenden Wildschweinrotte auswich und dadurch von der Fahrbahn abkam, daneben noch einige Meter weiter fuhr und schließlich durch Kollision mit einem Baum zum stehen kam. Das Auto wurde im Verhältnis zu seinem wirtschaftlichen Wert so stark beschädigt, dass es sich um einen Totalschaden handelt. Nach dem versicherungsrechtlichen Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten liegen alle Voraussetzungen für einen Leistungseintritt der Versicherung vor.

Aufgrund der ca. 75 Minuten nach Unfallzeitpunkt durchgeführten Blutentnahme wurde bekannt, dass der Fahrzeugführer eine Blutalkoholkonzentration von 0,49 ‰ aufwies.

Unter diesem Umstand berief sich die Klägerin auf eine Leistungskürzung ihrer Eintrittspflicht, da der zugrundeliegenden Vertrag eine Klausel beinhaltet, welche eine solche Kürzung bei grober Fahrlässigkeit zulasse. Der Vertragsbestandteil konkretisiere weiter, dass eine anteilige Leistung nur möglich ist, wenn die Herbeiführung des Versicherungsfalls infolge von dem Genuss alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel unter grober Fahrlässigkeit geschieht. Diese Klausel bietet eine Einschränkung des § 81 Abs. 2 VVG zugunsten des Versicherungsnehmers, da die Fahrlässigkeit aus der Berauschung entstehen müsse und nicht, wie sonst, allgemein gelte.

Die Versicherung kann sich erst auf die Kürzung ihrer Leistungspflicht berufen, wenn sie durch erfolgreiche Beweisführung die Sachdarlegungen des Versicherungsnehmers widerlegen kann.

Die Klägerin argumentiert, dass der Beklagte eventuell relativ fahruntüchtig war und aufgrund des nachgewiesenen Blutalkoholwertes eine Leistungskürzung vorzunehmen sei. Für eine solche relative Fahruntüchtigkeit ist ein Wert von 0,2 ‰ bis 1,1 ‰ notwendig, was beim Beklagten nachgewiesen wurde. Des Weiteren muss jedoch der Beweis für einen Fahrfehler geführt werden, welcher einen speziell alkoholtypischen Charakter beinhaltet.

Dies kann während des Unfallzeitpunktes nicht nachgewiesen werden. Aufgrund der Aussage des behandelnden Arztes bei der nachträglichen Blutentnahme sei dies wohl auszuschließen, da im Nachhinein keinerlei Ausfallerscheinungen beim Kläger festgestellt wurden und dieser auch bei zahlreichen durchgeführten Reaktions- und Motoriktests überzeugte.

Nach ausführlicher Zeugenvernehmung in der Instanz des Oberlandesgerichts sind diese auch als schlüssig und nachvollziehbar zu werten. Das vorinstanzliche Landgericht hatte hinsichtlich der unterschiedlichen Aussagen der Mitfahrer Zweifel geäußert und der Klage aufgrund dessen stattgegeben. Diese wurden vor dem OLG wiederholt, die Richter kamen jedoch zu dem Entschluss, dass die Abweichungen der Aussagen wohl auf dem Schreckmoment des Erblickens der Wildschweinrotte zurückzuführen sind.

Letztendlich hat das OLG die Klage abgewiesen, da es der klagenden Versicherung nicht möglich war, einen hinreichenden Beweis zu führen, dass der Unfall aufgrund eines alkoholisch-indiziertem Fahrfehler hervorgerufen wurde.

Falls ihre Kaskoversicherung eine Leistungskürzung angedroht hat oder eine Zahlung verweigert, ist es ratsam, den Sachverhalt durch einen Verkehrsrechtsexperten aufarbeiten zu lassen und eventuell Klage einzureichen, um die vertraglich festgelegte Leistung letztendlich auch zu erhalten (OLG Brandenburg, Urt. v. 08.01.2020 – 11 U 197/18).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Strafrecht



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