Kein Schadensersatz bei CC-Fotos
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Wie bereits andere Gerichte, hatte sich auch das AG Würzburg damit zu befassen, wie hoch der Schadensersatz bei Nutzung eines Fotos unter Verstoß gegen die CC-Lizenz ist. Das Gericht schloss sich der Ansicht des OLG Köln an, dass kein Schadensersatz anfällt. Zudem stellte es fest, dass ein Fotograf, der systematisch von Nutzern seiner Fotos überhöhten Schadensersatz fordert, sittenwidrig handelt.
Sachverhalt: Fotonutzung unter Verstoß gegen CC-Lizenz
Der Kläger nutzte ein Foto auf seiner Webseite. Urheber dieses Foto war der Beklagte. Dieser hatte das Foto unter der CC Lizenz CC BY-SA 3.0 DE veröffentlicht, nach der Fotos für kommerzielle Zwecke frei weiterverwendet werden dürfen, sofern der Name des Urhebers genannt wird. Der Kläger nutzte das Foto auf seiner Webseite allerdings ohne Urheberangabe. In diesem Fall sehen die CC-Lizenz-Bedingungen vor, dass keine Lizenz als erteilt gilt. Daher nutzte der Kläger das Foto "ohne Lizenz".
Der Beklagte wandte sich wegen der Urheberrechtsverletzung daher an den Kläger und forderte von diesem Schadensersatz. In dem Schreiben hieß es:
"(…) Wir gehen aktuell davon aus, dass wir diese Angelegenheit ohne eine Abmahnung oder andere rechtliche Maßnahmen abschließen können, dennoch weisen wir vorsorglich darauf hin, dass ihr Verstoß von uns umfangreich dokumentiert wurde. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine Vorsichtsmaßnahme. Natürlich hoffen wir, dass wir mit Ihnen eine schnelle Einigung finden werden und es nicht zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt.
Diesbezüglich möchten wir Ihnen einen Einigungsvorschlag unterbreiten. Wir haben Ihnen ein Angebot zur nachträglichen Lizenzierung des Bildes beigefügt (...). Diese nach Lizenzierung möchten wir Ihnen für einen Pauschalbetrag von 800,00 € zzgl. 7% Umsatzsteuer anbieten.
Sollten Sie dieses Angebot annehmen und dem Betrag fristgerecht ausgleichen, erhalten Sie eine Lizenz für die bisherige Nutzung des Bildes auf ihrer Webseite und wir würden den Vorfall dann nicht weiterverfolgen. (...). Die Lizenz, die sie durch die Annahme des Angebots erhalten, gilt von heute anno 14 Tage, sodass noch ausreichend Zeit zur Löschung des haben.“
Der Kläger gab zwar (vorbeugend) eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, lehnte jedoch Zahlungen ab. Daraufhin unterbreitete der Beklagte dem Kläger ein niedrigerss Vergleichsangebot (400 EUR), das der Kläger jedoch ebenfalls ablehnte.
Dabei beließ es der Kläger jedoch nicht, sondern erhob Klage gegen den Beklagten mit dem Ziel feststellen zu lassen, dass dem Beklagten kein Schadensersatz zustehe, dieser im vielmehr seine Rechtsverteidigungskosten erstatten müsse, da das Vorgehen des Beklagten missbräuchlich sei.
Der Beklagte beantragte im Wege der Widerklage, den Kläger wegen Urheberrechtsverletzung zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 480 EUR zu verurteilen. Den Schadensersatz berechnete er anhand der MFM-Tabelle.
Urteil: MFM-Tabell bei CC-Lizenz nicht anwendbar
Das AG Würzburg gab dem Kläger Recht und verurteilte den Fotografen zur Erstattung der dem Kläger entstandenen Anwaltskosten. Die Klage des Fotografen auf Schadensersatz wies es dagegen ab.
Ein absolutes Disaster also für den Fotografen: Nicht nur, dass keinen Schadensersatz erhielt, sondern er musste erhebliche Zahlungen an den Kläger und das Gericht (Gerichtskosten) leisten.
Systematisches Fordern von überhöhtem Schadensersatz sittenwidrig
Der Fotograf war dem Gericht bestens bekannt, wusste es, dass dieser systematisch Nutzer seiner Fotos anschrieb, um von diesen unter Hinweis auf den Verstoß gegen die CC-Lizenz überhöhten Schadensersatz zu fordern. Dieses Vorgehen erachtete das Gericht als sittenwidrig:
"Das Gericht ist im Hinblick auf die zahlreichen Parallelverfahren (…), davon überzeugt, dass der Beklagte systematisch Nutzer seiner Bilder anschreibt, um an diese überhöhte Forderung in Form von Schadensersatzansprüchen zu stellen. Das vorliegend versandte Schreiben an die Klägerin enthält unterschwellige Androhungen, dass es für sie noch deutlich teurer werden könnte, wenn die Sache vor Gericht komme. (...)
Vorliegend geht das Gericht aufgrund der Gesamtumstände davon aus, dass dem Beklagten durchaus bewusst war, dass die von ihm erhobene Forderung jedenfalls deutlich überhöht ist. Auch wenn er von Gerichten teilweise einen Schadensersatzanspruch zugesprochen bekommen hat, so bewegte sich dieser jedenfalls deutlich unter dem, was er dem Anspruchsschreiben gegenüber der Klägerin begehrt.“
Kein Schadensersatz bei CC-Fotos - MFM-Tabelle nicht anwendbar
Den Schadensersatz bezifferte das gericht mit "Null", da der Fotograf das Foto unter einer CC-Lizenz zur kostenlosen Nutzung freigegeben habe. Auf die MFM-Tabelle könne sich der Fotograf nicht berufen, da diese bei CC-Fotos nicht anwendbar sei. Insoweit verwies das Gericht auf die Rechtsprechung des OLG Köln:
"Mit dem OLG Köln ist das Gericht der Auffassung, dass ein Lichtbild, das der Beklagte und Widerkläger zur Nutzung im Rahmen einer CC-Lizenz unentgeltlich zur Verfügung stellt, mit einem objektiven Wert von 0,00 € zu bemessen ist.
Auch eine Verdoppelung im Hinblick auf einen Verletzerzuschlag führt zu keinem höheren Wert. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte die unentgeltliche Benutzung nur unter Werbegesichtspunkten - und folglich unter Nennung seines Namens - zugelassen haben will. Dies stellt lediglich das Motiv des Beklagten für die Erlaubnis zur unentgeltlichen Nutzung dar. Das Gericht ist jedoch nicht der Auffassung, dass sich hierdurch der objektive Wert erhöht. Ein gesonderter wirtschaftlicher Wert ist in der unterlassenen Namensnennung nicht zu sehen."
AG Würzburg, Endurteil v. 23.07.2020 – 34 C 2436/19
Praxishinweis:
Ein weiteres erfreuliches Urteil, dass den gierigen Umtrieben mancher (Hobby-)Fotografen hoffentlich Einhalt gebietet. Das Urteil stellt klar, dass Fotografen, die ihre Fotos zur freien Verfügung unter CC-Lizenz veröffentlichen, sich auch im Verletzungsfall an dieser Entscheidung festhalten lassen müssen. Daher können sie bei der Nutzung eines Fotos unter Verstoß gegen die CC-Lizenz (= Verletzungsfall) keine Schadensersatzbeträge fordern, die sie am freien Markt nicht erzielen können.
Das AG Würzburg schloss sich insbesondere der Ansicht an, dass Fotografen, die ihre Fotos unter CC-Lizenz veröffentlichen, sich beim Schadensersatz nicht auf die MFM-Tabelle berufen können. Auf die MFM-Tabelle greifen Fotografen oft und gerne zurück, da diese Vergütungen enthält, von denen die meisten Fotografen nur träumen können.
Dieses Urteil bedeutet jedoch nicht, dass ein Verstoß gegen CC-Lizenzbedingungen bei der Nutrzung von Fotos folgenlos ist. Werden die CC-Lizenzbedingungen nicht eingehalten, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor. Es drohen daher kostenpflichtige Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzung und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Bei einem Verstoß gegen diese droht wiederum die Verwirkung einer Vertragsstrafe.
Um all dies zu vermeiden, sollten bei der Nutzung von Fotos unbedingt die Vorgaben der jeweiligen CC-Lizenz eingehalten werden, insbesondere der Urheber angeführt werden.
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