Keine Erstattungspflicht einer Personalvermittlungsprovision durch den Arbeitnehmer
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Keine Erstattungspflicht einer Personalvermittlungsprovision durch den Arbeitnehmer
Liebe Leser,
leider kommt es in der täglichen Praxis trotz der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes vom 20. Juni 2023 – 1 AZR 265/22 – vor, dass in Arbeitsverträgen oder Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Klauseln enthalten sind, wonach bei einer vorzeitigen Kündigung durch den Arbeitnehmer bei zu vertretenden Gründen eine Vermittlungsprovision zu zahlen bzw. zu erstatten ist.
Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitsvertrag durch die Vermittlung einer Arbeitsvermittlungs-firma zustande kommt. Hierfür fällt dann eine Vermittlungsprovision für den Arbeitgeber an. Gerade in Zeiten der Personalknappheit greifen Arbeitgeber gerne auf die Dienste von Personaldienstleistern zurück und müssen dann eine Vermittlungsprovision zahlen.
Verständlicherweise sind die betroffenen Arbeitnehmer verunsichert. Der Arbeitnehmer verbleibt in dem Arbeitsverhältnis, obwohl er eigentlich das Arbeitsverhältnis so schnell wie möglich beenden möchte, oder es wird ihm nach Eigenkündigung vom Lohn ein gewisser Betrag abgezogen.
In dieser Situation sollte man sich die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2023, Az. 1 AZR 265/22 zu Gemüte führen.
Dem Fall des Bundesarbeitsgerichtes lag folgende arbeitsvertragliche Klausel zugrunde:
„ § 13 Sonstige Vereinbarung
Die Arbeitgeberin leistet zur Vermittlung des/der Arbeitnehmers/in eine Vermittlungsprovision in Höhe von insgesamt EUR 6.695,40 an eine Drittfirma (C) – aufgeteilt zu zwei Dritteln nach Abschluss des Arbeitsvertrages (EUR 4.461,60) und zu einem Drittel nach Ablauf der Probezeit (…). Bei dieser Zahlung handelt es sich um einen Vertrauensvorschuss der Arbeitgeberin auf die zu erwartende Betriebstreue des/der Arbeitnehmers/in. |
Der/die Arbeitnehmer/in verpflichtet sich, der Arbeitgeberin die tatsächlich angefallenen Beträge zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30.06.2022 hinaus fortbesteht und aus vom Arbeitnehmer/von der Arbeitnehmerin zu vertretenden Gründen vom Arbeitnehmer/von der Arbeitnehmerin selbst, der Arbeitgeberin oder im gegenseitigen Einvernehmen beendet wird. |
Die Arbeitgeberin verpflichtet sich ihrerseits, die Zahlung der Vermittlungsprovision in diesem Fall nachzuweisen. Dem/der Arbeitnehmer/in ist seinerseits/ihrerseits der Nachweis gestattet, dass die entsprechenden Aufwendungen nicht oder nicht in der hier angegebenen Höhe bei der Arbeitgeberin entstanden sind. |
Der Ausgleichsbetrag ist zum Zeitpunkt des Ausscheidens des/der Arbeitnehmers/in aus dem Arbeitsverhältnis fällig und kann gegen pfändbare finanzielle Ansprüche des/der Arbeitnehmers/in aufgerechnet werden.“ |
Diese vertragliche Bestimmung war nach § 307 BGB unwirksam.
Das Bundesarbeitsgericht hatte hierzu sinngemäß ausgeführt:
Die Regelung im Arbeitsvertrag – bei der es sich um eine kontrollfähige Einmalbedingung handelte – benachteilige den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Der Arbeitnehmer werde in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne dass dies durch begründete Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sei. Der Arbeitgeber habe das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm vorgenommene finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beende. Es bestehe kein billigenswertes Interesse des Arbeitgebers dies auf den Arbeitnehmer zu übertragen.
Der Arbeitnehmer habe auch keinen Vorteil oder eine andere Gegenleistung, die diese Beeinträchtigung der Arbeitsplatzfreiheit ausgleichen würde.
Fazit: Sicherlich bedarf jede arbeitsvertragliche Klausel einer genauen rechtlichen Überprüfung. Es spricht jedoch viel dafür, dass derartige Regelungen, auch wenn sie teilweise anders formuliert werden, zu Lasten des Arbeitnehmers gehen und daher unwirksam sind.
Ihr Dr. Rudolf Hahn, PhD., Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
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