Kellerabdichtung mangelhaft – trotz Einhaltung der DIN !

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Bauwerksabdichtungen trotz Einhaltung der DIN mangelhaft, OLG Hamm, Urt. v. 14.8.2019, Az. 12 U 73/18

In einer sehr beachtenswerten Entscheidung hat das Oberlandesgericht Hamm festgestellt, dass eine in Übereinstimmung mit der DIN 18533 hergestellte Kellerabdichtung fehlerhaft ist, weil sie nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Der Keller war feucht. 

Das Bauunternehmen berief sich darauf, dass die von ihm hergestellte Kelleraußenwandabdichtung („kunststoffmodifizierte Bitumendickbeschichtung“), die zum Schutz gegen „aufstauendes Sickerwasser“ hergestellt worden war, der DIN entspreche – was zutreffend war. Nachdem ein Sachverständigengutachten eingeholt und der Sachverständige angehört worden war, stellte das OLG dann allerdings fest, dass aufgrund der sachverständigen Ausführungen die DIN nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Bei der entsprechenden DIN-gerechten Ausführung lag ein Mangel vor. Der Sachverständige hatte erklärt, dass er in einer ganzen Reihe von Fällen (ca. 15-20 Fälle) im Rahmen seiner Begutachtungen zu dem Ergebnis gekommen sei, dass bei Verwendung des entsprechenden Systems Feuchtigkeitseintritte festzustellen waren. Auch Umfragen bei anderen Sachverständigen hätten dies bestätigt. Im Ergebnis folgerte das OLG hieraus, dass eine solche Ausführung insgesamt nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Grundsätzlich gilt, dass die Einhaltung von DIN-Normen die Vermutung bewirkt, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten sind und somit kein Mangel vorliegt. Die DIN-Vorschriften stellen allerdings keine gesetzlichen Regelungen, sondern entfalten ihre Wirkung als Empfehlungen, deren Beachtung für Unternehmen zu einer gewissen Rechtssicherheit führen. Sie werden durch Experten entwickelt, die ihr Fachwissen in den Normungsprozess einbringen. Dieser ist darauf gerichtet, eine weitestgehende fachliche Überzeugung von bestimmten technischen, in der Praxis erprobten Anforderungen festzustellen und damit zu bestätigen, dass eine bestimmte Ausführungsart richtig ist.

Die der DIN zukommende Vermutungswirkung war im vorliegenden Fall durch die Ausführungen des Sachverständigen und nach Überzeugung des OLG widerlegt. Die erhebliche Bedeutung der Entscheidung des OLG liegt darin, dass damit angenommen werden kann, dass jede entsprechende Ausführung, obwohl die DIN eingehalten ist, fehlerhaft ist.

Ob die Wirkungen der Entscheidung so weit reichen, darf allerdings hinterfragt werden. Insbesondere ist fraglich, ob der vom Gericht beauftragte Sachverständige seine Bewertung auf eine ausreichende tatsächliche Grundlage gestellt hat. Zutreffend mag sein, dass er seine Aussagen auf eine nicht unbeachtliche Anzahl „pathologischer“ Fälle gestützt hat. Wie diese allerdings im Verhältnis zu der Gesamtzahl der in Deutschland ausgeführten Außenwandabdichtung gleicher Art, stehen, bleibt offen. Auch die Tatsache, dass er sich auf entsprechende Erfahrungen von Fachkollegen beruft, dürfte für sich keine sichere Grundlage dafür sein, dass die kunststoffmodifizierte Bitumendickbeschichtung im Allgemeinen ungeeignet ist. Sachverständige haben sich nämlich im Regelfall mit denjenigen Fällen auseinander zu setzen, bei denen es zu Feuchtigkeitseintritten kommt. Ordnungsgemäße Abdichtungen, bei denen es nicht zu Undichtigkeiten kommt, werden nicht begutachtet. Bei jedem Schadensfall wird man auch zu berücksichtigen haben, dass die Ursache von Feuchtigkeitseintritten in einfachen Ausführungsmängeln liegen können, also mit der Art des verwendeten Abdichtungssystems gar nichts zu tun haben.

Die Anschlussfrage an die Entscheidung des OLG Hamm ist auch, wie denn ein Bauunternehmen nun eine Nachbesserung vornehmen soll. Die weitere (erneute) Verwendung einer kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtung dürfte nun ja ausscheiden.

Trotz der verbleibenden Zweifel an der Beurteilung des Sachverständigen dürfte sich für alle Bauherren nun die Frage stellen, ob ihr Bauwerk nicht mit einem erheblichen Mangel belastet ist, indem ein nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik hergestelltes Abdichtungssystem verwendet wurde. Dies auch dann, wenn es bisher zu keinen Feuchtigkeitseintritten kommt. Denn anerkannt ist, dass ein Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik auch dann schon einen Mangel darstellt, wenn ein Schaden noch nicht eingetreten ist (OLG Köln, Urt. v. 16.3.2016, Az. 16 U 63/15). Dies hat zum Hintergrund, dass der Bauherr nicht erst abwarten muss, bis es zu einem Schaden kommt, wenn schon vorher feststeht, dass ein Mangel der Bauleistung gegeben ist. Demzufolge müsste jeder Bauherr in Erwägung ziehen, vor Ablauf der Gewährleistungsfrist zum Zwecke der Verjährungshemmung zumindest ein selbständiges Beweisverfahren gem. § 485 ZPO einzuleiten. 

Beachtenswert ist auch, dass das OLG Köln in der oben zitierten Entscheidung klargestellt hat, dass der Bauherr sich vom Bauunternehmer nicht auf eine Minderung verweisen lassen muss, weil die Nachbesserung unmöglich oder mit erheblichen Kosten verbunden ist.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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