Kirchenasyl nicht rechtsmißbräuchlich i. S. v. § 2 AsylbLG
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Mit Urteil vom heutigen Tag hat das Bundessozialgericht in Kassel, Az. B 7 AY 4/20 R, entschieden, dass die Inanspruchnahme von Kirchenasyl nicht 'rechtsmißbräuchlich' im Sinne von § 2 AsylbLG ist. Sogenannte Analogleistungen nach § 2 AsylbLG sind also auch dann zu gewähren, wenn sich der Leistungsberechtigte im sog. offenen Kirchenasyl aufgehalten hat.
https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2021/2021_06_24_B_07_AY_04_20_R.html
Update 20.11.2021:
Hier nun das Urteil im Volltext:
https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/2021_06_24_B_07_AY_04_20_R.html
Das Bundessozialgericht hat damit meiner vom Bayerischen Landessozialgericht München, Zweigstelle Schweinfurt, zugelassenen Revision stattgegeben und sah sich auch nicht veranlasst, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen; BSG Urteil vom 17.06.2008, B 8/9B AY 1/07 R.
Wichtig war nach der heutigen mündlichen Urteilsbegründung für das BSG auch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.01.2021- BVerwG 1 C 42.20. Das BVerwG führt hierin aus:
"Der Staat ist durch das offene Kirchenasyl weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen. Er verzichtet vielmehr aufgrund einer rechtlich nicht verbindlichen Verfahrensabsprache mit den Kirchen darauf, das Recht durchzusetzen (vgl. BT-Drs. 19/2349 S. 1). Die staatliche Respektierung des Kirchenasyls begründet kein Vollstreckungshindernis, aufgrund dessen die Behörden gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen, weshalb eine im offenen Kirchenasyl befindliche Person nicht "flüchtig" im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO ist. Die politische Entscheidung, eine Überstellung zu unterlassen, schafft keine Rechtsgrundlage für eine Verlängerung der Überstellungsfrist und führt nicht dazu, dass das offene Kirchenasyl der Überstellung tatsächlich entgegensteht. Vielmehr verzichtet der Staat als Ausdruck des Respekts vor einer christlich-humanitären Tradition bewusst darauf, das Recht durchzusetzen."
Das wird einige noch anhängige/ruhende Verfahren zugunsten der Betroffenen erledigen und nun auch für die Zukunft Rechtssicherheit und Erleichterungen für die Betroffenen bringen.
Ein wesentlicher Aspekt der sog. Analogleistungen nach § 2 AsylbLG ist nämlich auch, dass die Leistungsberechtigten dann auch eine Versichertenkarte der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten.
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