Konkurrentenschutzklauseln in gewerblichen Mietverträgen

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Dass ein Vermieter einem gewerblichen Mieter im Mietobjekt Konkurrentenschutz gewährt und entsprechende Klauseln in den Mietvertrag aufgenommen werden, ist allgemein üblich. Dass der Vermieter sich im Weiteren über das Verbot bewusst hinwegsetzt, kommt zwar vor - so z.B. im vom OLG Frankfurt kürzlich behandelten Sachverhalt (Beschluss vom 27.01.2012, 2 U 299/11) - ist aber selten. Häufiger sind dagegen die Fälle, in denen sich die Frage stellt, ob ein anderer Mieter überhaupt ein Konkurrent des Mieters ist, mit anderen Worten, ob die Konkurrentenschutzklausel überhaut anwendbar ist. In diesen Fällen kommt es in der gerichtlichen Praxis auf die Auslegung des Wortlauts der Vereinbarung an. Die dabei entscheidenden Kriterien hat der 12. Senat in seinem Urteil vom 11.01.2012 XII ZR 40/10 herausgearbeitet.

Die Klägerin hatte 1986 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Mietvertrag über Gewerberäume in einem Ärztehaus zum Betrieb eines Optik- und Hörgerätegeschäfts geschlossen. Der Vertrag sah folgende Klausel vor: „Kein weiteres Optik- und Hörgerätegeschäft in Objekten der U. in H." Zu diesem Zeitpunkt wurde in dem Objekt bereits eine Arztpraxis für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde betrieben. Die Mieterin richtete in dem Objekt anfangs nur ein Optikergeschäft ein und baute erst zum 01.08.2006 eine Hörgeräteakustikabteilung auf. Erst danach hat die Übernehmerin der HNO-Praxis begonnen, im Wege des sog. „verkürzten Versorgungsweges" Hörgeräte unmittelbar an Patienten abzugeben. Dabei übernimmt der Arzt die audiometrische Messung und das Erstellen von Ohrabdrücken zur Anpassung und Lieferung der Hörgeräte, die Feinanpassung der Hörgeräte und die Einweisung des Patienten. Diese Leistung war sozialrechtlich erst durch das Gesundheitsreformgesetz vom 20.12.1988 eingeführt worden. Sie konnte also bei Abschluss des Mietvertrags noch nicht berücksichtigt werden.

Die Mieterin sah in der Abgabe der Hörgeräte im verkürzten Versorgungsweg eine Konkurrenztätigkeit und erhob Klage zum Landgericht, mit der sie begehrte, die Vermieterin zu verpflichten, auf die Einhaltung der Konkurrentenschutzklausel hinzuwirken sowie festzustellen, dass sie wegen der Konkurrenztätigkeit zur Minderung der Miete berechtigt sei. Außerdem machte sie Schadenersatzansprüche geltend. Das Landgericht sah keinen Verstoß gegen die Konkurrentenschutzklausel und hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage größtenteils stattgegeben. Es begründete die Entscheidung damit, dass die Konkurrentenschutzklausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung so auszulegen sei, dass sie auch die Abgabe von Hörgeräten im verkürzten Versorgungsweg erfasse, weil dieser bei Abschluss des Vertrags noch nicht habe berücksichtigt werden können. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Senat begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass eine ergänzende Vertragsauslegung, mit der die Konkurrentenschutzklausel auf die Abgabe von Hörgeräten im verkürzten Versorgungsweg ausgedehnt wird, unzulässig ist. Voraussetzung für die Ausweitung wäre, dass eine planwidrige Regelungslücke im Vertrag vorläge, die nicht durch Heranziehung der gesetzlichen Vorschriften geschlossen werden könne. Eine planwidrige Regelungslücke liege nur vor, wenn der Vertrag eine Regelung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den intendierten Erfolg herbeizuführen, wenn also eine angemessene, interessengerechte Lösung ohne die Ergänzung nicht zu erzielen ist. Nach Ansicht des BGH scheidet dies hier schon aus, weil der Mieterin bei Abschluss des Mietvertrags bekannt war, dass im Haus eine HNO-Praxis betrieben wurde und sie davon ausgehen musste, dass der Arzt die ihm erlaubten Leistungen vollständig ausschöpfen werde. Es hätte den Parteien daher klar sein müssen, dass es zukünftig zu Überschneidungen des Leistungsangebots kommen könne, auch wenn die Abgabe im verkürzten Versorgungsweg zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch unzulässig war. Wenn also auch ärztliche Leistungen hätten ausgeschlossen werden sollen, hätten die Tätigkeiten, auf die sich das Verbot beziehen sollte, konkret genannt werden müssen.

Die Begründung für die Abweisung der Klage ist sicherlich in erster Linie formaljuristischer Natur und stützt sich darauf, unter welchen Voraussetzungen eine Vertragsklausel über ihren Wortlaut hinaus im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ausgedehnt werden darf. Für die mietrechtliche Praxis interessant dürfte aber das Ergebnis sein, nämlich, dass bei der Formulierung von Konkurrentenschutzklauseln sowohl von Vermieter- als auch von Mieterseite sorgfältig darauf geachtet werden sollte, welche einzelnen Tätigkeiten oder welche Branchen von dem Konkurrentenschutz erfasst werden sollten. Hier dürfte die Praxis insbesondere bei der Verwendung von formularmäßigen Mietverträgen, bei denen lediglich eine Kurzbezeichnung an einer Leerstelle eingesetzt wird, zu sorglos sein.

Heiko Effelsberg, LL.M.

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Versicherungsrecht



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