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Krankengeld: Weiterzahlung nach einstweiliger Anordnung

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Wenn eine Krankenkasse die Krankengeldzahlung unberechtigt einstellt, kann eine einstweilige Anordnung des Sozialgerichts weiterhelfen.


Mit Beschluss vom 18.12.2024 hat das LSG Baden-Württemberg eine gesetzliche Krankenkasse verpflichtet, dem Versicherten vorläufig weiter Krankengeld auszuzahlen. Der Versicherte war u.a. wegen psychischer Beschwerden längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Der MD hatte auf Anfrage der Krankenkasse im April 2024 nach Untersuchung des Versicherten die Arbeitsunfähigkeit bestätigt und zugleich mitgeteilt, dass die weitere Prognose unsicher sei. Im September wandte sich die KK erneut an den MD. Dieser stellt lediglich nach Aktenlage fest, dass in medizinischer Hinsicht nicht weiter von Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei, weil keine wesentlichen Gründe für Arbeitsunfähigkeit dokumentiert seien. Eine persönliche Untersuchung führte der MD diesmal nicht durch. Die KK stellte auf der Grundlage dieser Mitteilung die weitere Zahlung ein. Der Versicherte legte dagegen Widerspruch ein. Parallel beantragten wir beim Sozialgericht Freiburg eine einstweilige Anordnung, die das Gericht jedoch ablehnte. Es war der Auffassung, dass der Versicherte durch Ehegattenunterhalt finanziell abgesichert sie und deshalb keine Entscheidung im Eilverfahren getroffen werden müsste. Die dagegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg. Das Landessozialgericht in Stuttgart ging mit der Begutachtungspraxis des MD und dem Verwaltungshandeln der KK hart ins Gericht:


Da die Krankenkasse auch die Vorlage ordnungsgemäßer AU-Bescheinigungen angezweifelt hatte, stellte das LSG zunächst fest, dass die ärztlichen AU-Bescheinigungen nicht formgebunden seien. Es genüge, wenn die Feststellung in einem Akt mit Außenwirkung dokumentiert sei. Der Arzt müsse nicht Vertragsarzt sein und die Verwendung eines Formulars oder amtlichen Vordrucks sei nicht vorgeschrieben.


Die Sozialmedizinische Stellungnahme des MD, die ohne jegliche Untersuchung erfolgt sei, sei – so wörtlich - „vollkommen unbrauchbar.“ Die Krankenkasse hätte den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Der Versicherte trage zwar die Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen des nur abschnittsweise bewilligten Krankengeldes und muss auch an der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken. Dies entbinde die Krankenkasse aber nicht von der Pflicht, den Sachverhalt aufzuklären. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Mitwirkungspflicht des Versicherten Grenzen hat, insbesondere, wenn eine Erkrankung wie eine schwere Depression im Raum stehe. Vorrangig seien die behandelnden Ärzte zur Übermittlung von Befundunterlagen aufzufordern. Wenn diese ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, könne nicht nach Beweislastregeln zu Lasten des Versicherten entschieden werden. Der Sachverhalt sein in einem solchen Fall durch Einholung eines Gutachtens aufgrund einer Untersuchung des Versicherten weiter aufzuklären.


LSG Baden-Württemberg – B.v. 18.12.2024 – L 5 KR 3444/24 ER-B



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