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Mutter von Ex-Dschungelcamp-Kandidatin verliert Beamtenstatus – diese Folgen drohen beim Blaumachen

  • 6 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion
  • Die TV-Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ liefert ein Paradebeispiel dafür, dass das Fernbleiben von der Arbeit, obwohl man gesund ist, aus juristischer Sicht kein Kavaliersdelikt ist.
  • Arbeitsrechtlich kann es zum Verlust des Arbeitsplatzes führen.
  • Regelmäßig ist sogar eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung zulässig.
  • Zudem drohen auch strafrechtliche Konsequenzen wegen Betrugs oder des Gebrauchs einer falschen Gesundheitsbescheinigung.

Urlaubsantrag abgelehnt – Krankschreibung eingereicht 

Nachdem sich Nathalie Volk entschlossen hatte, an der TV-Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ des Senders RTL teilzunehmen, beschloss ihre Mutter Viktoria Volk, sie zu unterstützen und nach Australien zu begleiten. Nachdem die Reise gebucht war, beantragte die Gymnasiallehrerin Urlaub, der ihr von ihrer Schule aber nicht gewährt wurde. Um ihre Tochter dennoch ins Dschungelcamp begleiten zu können, ließ sich die Pädagogin daraufhin krankschreiben. Hierzu suchte sie zwei Arztpraxen auf, da die erste Ärztin sie lediglich für eine Woche krankschrieb, die geplante Reise aber länger war. Nachdem die zweite Ärztin sie wegen eines Erschöpfungszustands für mehrere Wochen krankschrieb, meldete sich die Lehrerin drei Wochen krank und flog mit ihrer Tochter nach Down Under.

Am Ende hat das australische Dschungelabenteuer sowohl strafrechtliche als auch beamtenrechtliche Konsequenzen für die Mutter der Kandidatin, auch wenn sie bis zum Schluss bestritt, dass es einen Zusammenhang zwischen dem abgelehnten Urlaub und ihrer Krankschreibung gab. 

Strafrechtliche Folgen einer falschen Krankschreibung

Aus strafrechtlicher Sicht kann man sich bei einer falschen Krankmeldung wegen zweier Straftatbestände strafbar machen. 

Vorlage eines falschen Gesundheitszeugnisses 

Das Strafgesetzbuch (StGB) stellt das Vorlegen eines falschen Gesundheitszeugnisses unter Strafe. Danach ist es verboten, bei Behörden und Versicherungen unrichtige Gesundheitszeugnisse vorzulegen. Da die Krankschreibung vom Arzt ein Gesundheitszeugnis darstellt, droht nach § 279 StGB sowohl Beamten als auch Arbeitnehmern bei der Vorlage einer zu Unrecht ausgestellten Krankschreibung eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Das Vorlegen einer Gesundheitsbescheinigung, die nicht dem wahren Gesundheitszustand entspricht, ist damit ähnlich strafbar wie Urkundenfälschung

Betrug 

Daneben kommt auch der Betrug als Straftatbestand in Betracht, denn mit einer falschen Krankschreibung erschleichen sich Arbeitnehmer durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen Bezüge nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) und zusätzliche Urlaubstage.

Strafrechtliche Folgen für Viktoria Volk 

Im Fall von Viktoria Volk hat die Staatsanwaltschaft nach ihrer Rückkehr Ermittlungen aufgenommen und schließlich einen Strafbefehl beim zuständigen Amtsgericht in Soltau beantragt. Das Strafbefehlsverfahren ist ein vereinfachtes Strafverfahren, bei dem das Gericht ohne Hauptverhandlung eine Entscheidung trifft. Der Angeklagte hat aber die Möglichkeit, gegen den Strafbefehl das Rechtsmittel des Einspruchs einzulegen und so eine mündliche Verhandlung zu erreichen. Ob sich ein Einspruch lohnt, sollte aber mithilfe eines Strafrechtsexperten gründlich geprüft werden, da das Verschlechterungsverbot nicht gilt. Es ist deshalb möglich, dass das Urteil nach einer mündlichen Verhandlung härter ausfällt als die im Strafbefehl ausgewiesene Strafe. 

Das Amtsgericht (AG) Soltau ist dem Antrag der Staatsanwaltschaft nachgekommen und hat gegen Viktoria Volk einen Strafbefehl wegen des Vorlegens eines falschen Gesundheitszeugnisses mit einer Geldstrafe von 7.000 Euro erlassen. Die Pädagogin akzeptierte den Strafbefehl aber nicht und ließ von ihrem Anwalt Einspruch einlegen. Sie wolle den Rechtsweg ausschöpfen, da die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe nicht haltbar seien. Mit dem Einspruch hatte die Pädagogin vor dem Amtsgericht Soltau aber keinen Erfolg, denn die zuständige Richterin hielt sie für schuldig und verurteilte sie zu einer noch höheren Geldstrafe von 9.800 Euro (AG Soltau, Urteil v. 30.03.2017, Az.: 9 Cs 522/16). 

Landgericht (LG) Lüneburg reduzierte Geldstrafe

Da die Pädagogin das Urteil nicht hinnahm und vor die nächste Instanz ging, musste sich auch das LG Lüneburg mit dem Fall beschäftigen. In seiner Entscheidung vom 07.03.2018 bestätigte es die strafrechtliche Verurteilung, denn es ist ebenfalls überzeugt davon, dass die Lehrkraft ihre Erkrankung nur vorgetäuscht hat. Beim Strafmaß waren die Richter allerdings anderer Ansicht und reduzierten die Geldstrafe für Natalie Volk erheblich auf insgesamt 5.400 Euro. Obwohl dieser Betrag sogar deutlich unter dem Betrag des von der Staatsanwaltschaft ursprünglich beantragten Strafbefehls liegt, kündigte die Pädagogin an, weiter in die nächste Instanz zu ziehen. Sie plädiert weiterhin auf Freispruch, weil sie wirklich krank gewesen sei (LG Lüneburg, Urteil v. 07.03.2018, Az.: 29 Ns 61/17).

Beamtenrechtliche bzw. arbeitsrechtliche Folgen einer falschen Krankschreibung

Der Ausflug in den australischen Dschungel hat der Lehrerin nicht nur Ärger mit der Staatsanwaltschaft, sondern auch mit der Schulbehörde eingebracht. Sowohl für Beamte als auch für Arbeitnehmer ist die Vorlage einer falschen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) eine erhebliche Pflichtverletzung.

Folgen für Arbeitnehmer

Sich bei nicht gewährtem Urlaub krankschreiben zu lassen, ist keine Bagatelle, sondern kann schlimmstenfalls eine Kündigung zur Folge haben. Das auch als „Blaumachen“ bekannte Verhalten ist dabei oftmals sogar ausreichend, um einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. Kündigen Arbeitnehmer bei Ablehnung ihres Urlaubsantrags sogar an, „dann eben krank zu sein“, kann diese bloße Androhung nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG) ebenfalls genügen, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen – unabhängig davon, ob man die Drohung später in die Tat umsetzt oder sogar tatsächlich erkrankt. Die Drohung mit einer Krankschreibung zeigt, dass man unter Umständen bereit wäre, die aus dem Entgeltfortzahlungsrecht folgenden Rechte zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen. Damit verletzen Arbeitnehmer nicht nur ihre arbeitsvertraglichen Pflichten, sondern zerstören zugleich jegliches Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit und Loyalität des Arbeitnehmers. Damit lässt sich grundsätzlich eine sofortige fristlose Kündigung rechtfertigen. Das berüchtigte und weitverbreitete Krankfeiern kann damit arbeitsrechtlich weitreichende Folgen haben, besonders dann, wenn es offensichtlich ist, weil man nach einem abgelehnten Urlaubsantrag den gelben Schein einreicht oder gar ankündigt, das zu tun.

Folgen für Beamte

Als verbeamtete Lehrerin galten für Viktoria Volk zwar andere gesetzliche Vorschriften, die aber inhaltlich zu demselben Ergebnis führen. Das Vortäuschen einer Dienstunfähigkeit und die Vorlage einer falschen Krankschreibung haben deshalb beamtenrechtlich vergleichbare Folgen. Als bekannt wurde, dass die Pädagogin trotz der Krankschreibung nach Australien geflogen war, leitete die Schulbehörde deshalb ein Disziplinarverfahren gegen die Lehrkraft ein. Das Disziplinarverfahren ist ein besonderes Verfahren, mit dem Dienstvergehen von Beamten geahndet werden sollen. Dabei kommen verschiedene Sanktionen in Betracht wie z. B. eine Geldbuße, eine Kürzung der Bezüge oder bei besonders schwerwiegenden Verstößen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Im Rahmen ihres Disziplinarverfahrens arbeitete Frau Volk zunächst nicht mehr als Lehrerin, bekam aber ihre Bezüge weiterhin ausgezahlt. Zwischenzeitlich durfte sie zunächst wieder als Lehrerin arbeiten, jedoch nahm die Schulbehörde das Disziplinarverfahren erneut auf, als klar wurde, dass die Pädagogin den verhängten Strafbefehl nicht akzeptiert. In der Folge wurde sie durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Lüneburg aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Update: Berufung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) gescheitert

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) wies im Dezember 2019 die Berufung der Lehrerin gegen das Urteil der Lüneburger Verwaltungsrichter aus dem April 2019 zurück. Das von Viktoria Volk verübte schwerwiegende Dienstvergehen rechtfertige den Ausspruch der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, urteilten die Richter des OVG (OVG Niedersachsen, Urt. v. 10.12.2019, Az.: 3 LD 3/19). Das Urteil, das die Bestätigung dieser disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme umfasst, ist rechtskräftig.

Blaumachen ist keine Bagatelle 

Der Fall von Viktoria Volk, die sich nach ihrem Australienurlaub nun ihren Beamtenstatus verliert, macht deutlich, dass Blaumachen schnell ins Auge gehen und drastische Folgen haben kann. Gerade im Arbeitsrecht müssen Arbeitnehmer mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen, wenn sie erwischt werden. Das gilt nicht nur für die besonders drastischen Fälle, in denen sich Arbeitnehmer ähnlich wie Frau Volk quasi selbst beurlauben, sondern auch für das häufig anzutreffende Krankfeiern an Brückentagen oder zum Wochenbeginn.

Je nach Ausmaß können Arbeitnehmern daher nach dem Blaumachen folgende Konsequenzen drohen: 

  • Abmahnung
  • Ordentliche Kündigung zum nächsten Termin
  • Fristlose Entlassung ohne vorherige Abmahnung
  • Strafverfahren wegen Betrugs
  • Strafverfahren wegen der Vorlage eines falschen Gesundheitszeugnisses
  • Schadensersatzforderungen des Arbeitgebers
Foto(s): Shutterstock.com

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