Kündigung von Bausparverträgen: Das Antwortschreiben der Bausparkassen nach Widerspruch gegen Kündigung

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Nachdem die ersten Betroffen der Kündigungswelle von Bausparverträgen schriftlich Widerspruch gegen die Kündigungen eingelegt haben, liegt uns inzwischen eine Vielzahl von Antwortschreiben verschiedener Bausparkassen vor. Wir nehmen dies zum Anlass, die Begründungen in den Schreiben etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Begründung der Bausparkassen steht häufig im Widerspruch zu den Werbeaussagen bei Vertragsschluss

Wie bereits erwartet halten die Bausparkassen mit einem vorformulierten Schreiben an den Kündigungen fest. Zur Begründung wird in der Regel zunächst floskelartig auf das Wesen des Bausparvertrags hingewiesen und sodann auf die Norm des § 488 Abs.3 BGB Bezug genommen. So weit so gut, denkt man sich. Ein "Geschmäckle" erhält dieser Verweis auf das Wesen des Bausparvertrages aber dann, wenn man sich im Gegenzug die Werbeseiten der Bausparer anschaut. Schnell wird bei einem genauen Blick auf den Internetseiten und in den Broschüren der Bausparkassen deutlich, dass zentrales Verkaufsargument bei Vertragsschluss oftmals nicht das zinsgünstige Darlegen für den Häuslebauer, sondern ein höherer Zins bei Verzicht auf das Bauspardarlehen war und nach wie vor auch ist. Bei der BHW Bausparkasse AG zum Beispiel liest sich das so:

"Mit BHW Dispo maXX erzielen Sie bis zu 4,25% Guthabenzinsen bei Darlehensverzicht und mindestens 7 Jahren Laufzeit" und "Mit BHW Dispo maXX haben Sie alle Freiheiten. Günstiges Baugeld oder hohe Rendite - das entscheiden ganz alleine Sie!"

Bis heute werden Bausparverträge (auch) mit dem Argument einer hohen Rendite als sichere und günstig verzinste Geldanlage verkauft. Dass die Bausparkassen sich nunmehr in den zahlreichen Ablehnungsschreiben auf das Wesen des Bausparvertrags berufen, um die Kündigungen auf § 488 BGB oder 489 BGB stützen zu können, entpuppt sich mit Blick auf die dargestellten Werbeaussagen als reine Schutzbehauptung. Es bleibt abzuwarten, wie die ersten Instanzengerichte diese nachweisbaren Werbeaussagen der Bausparkassen bewerten werden. Aber aus unserer Sicht kann man diese Verkaufsargumente bei der Frage, ob eine Bausparkasse einen Bausparvertrag einfach kündigen darf, nicht außer Acht lassen.

Ist eine Klage gegen die Bausparkasse nach erfolglosem Widerspruchsschreiben sinnvoll?

Welche Folgen hat es, wenn in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) Kündigungsgründe der Bausparkassen fehlen und eine Vertragslaufzeit nicht vereinbart wurde? Mit diesen - und weiteren - Rechtsfragen werden sich die Gerichte in den kommenden Monaten befassen müssen. Wie bereits in unserem letzten Ratgeberartikel dargestellt (http://www.anwalt.de/rechtstipps/kuendigung-von-bausparvertraegen-durch-bausparkassen-bhw-schwaebisch-hall-wuestenrot-badenia-und-die-lbs_069310.html), lässt sich die Frage, ob eine Klage gegen die Kündigung des Vertrags durch die Bausparkasse Aussicht auf Erfolg bietet, nicht pauschal für den Einzelfall beantworten.

Es wird deshalb nochmals kurz auf die einzelnen Kündigungsgründe eingegangen.

Kündigungsgründe der Bausparkassen

1. Bausparsumme ist in voller Höhe angespart

In einer der wenigen bislang veröffentlichten Entscheidungen hat das OLG Stuttgart (Az. 9 U 151/11) entschieden, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen darf, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entzieht. Hat der Kunde dagegen nur noch das Recht auf Verzinsung und Rückzahlung, dann seien nach Ansicht des Gerichts die Regelungen über Darlehensverträge anwendbar. In diesem Fall sollen die Bausparkassen berechtigt sein, das Darlehen nach § 488 Abs.3 BGB zu kündigen.

Der Ansicht des OLG Stuttgart ist aus unserer Sicht mit gutem Grund entgegenzutreten. Denn der Zweck des Bausparvertrags liegt in der Erlangung eines zinsgünstigen Darlehens. Der Bausparer erhält die Option auf einen Darlehensvertrag mit niedrigem Zinssatz, indem er sich im Gegenzug verpflichtet, in der sog. Sparphase niedrig verzinste Sparraten zu leisten. Diese beiden Bedingungen bilden aber einen einheitlichen Vertrag, aus dem die Bausparkasse nicht willkürlich einen Teil herauskündigen kann.

Eine Entscheidung durch den BGH steht derzeit noch aus.

2. Zuteilungsvoraussetzungen sind seit 10 Jahren erreicht

Mit der Frage der Zuteilungsreife hat sich das LG Mainz in einer Entscheidung vom 28.07.2014 (Az. 5 O 1/14) auseinandergesetzt. Das Landgericht bejaht im Ergebnis ein Kündigungsrecht der Bausparkasse nach § 489 Abs.1 Nr.2 BGB bereits im Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife. Es verkennt in der Entscheidung aber den Gesetzeswortlaut. Denn in § 438 Abs.1 Nr.2 BGB heißt es:

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen, (...)

  1. in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

Voraussetzung der Kündigung ist der "vollständige Empfang". Nach unserer Auffassung kann es sich dabei aber in Ansehung des Vertragszwecks nur um das Erreichen der Bausparsumme und nicht etwa des erforderlichen Mindestsparguthabens handeln. Dieses Argument wird dadurch verstärkt, dass die Abschlussgebühren des Bausparvertrags immer von der Bausparsumme und eben nicht von dem Mindestsparguthaben ausgehen. Zudem ist, wie bereits eingangs dargestellt, das Erlangen des Darlehens heute nicht mehr der ausschließliche Vertragszweck eines Bausparvertrags. Denn viele Verträge beinhalten auch Tarife mit sog. "Renditen" oder ähnlichen Formulierungen.

Wird der Vertrag nach dem Erreichen der Zuteilungsreife fortgesetzt, dann stellen weitere Sparraten nichts anderes als eine weitere Darlehensgewährung an die Bausparkasse dar. Diese darf der Bausparer bis zum Erreichen der Bausparsumme vornehmen. Ein "vollständiger Empfang" des Darlehens ist bis zu diesem Zeitpunkt - entgegen der Ansicht des LG Mainz - aber noch nicht erfolgt. Zudem erhalten die Bausparer jährlich nach Zinsgutschrift die Bestätigung neuer Salden durch die Bausparkassen. Diese Salden sind nichts anderes als jährliche Bestätigungen steigender Darlehenssummen. Es ist also fraglich, wann ein vollständiger Empfang des Darlehens gegeben ist.

Eine Entscheidung durch den BGH gibt es auch zu dieser Frage noch nicht.

3. Hinzurechnung Bonuszins auf das Sparguthaben

Es handelt sich hierbei um eine Variante zur Kündigung nach Ziffer 1. Die Bausparkasse addiert den Bonus zum Guthaben, um dadurch eine frühere Übersparung zu fingieren und den Bausparvertrag so zeitiger kündigen zu können.

Hier kommt es auf die Vereinbarungen in den ABB an. Kann der Bausparer theoretisch noch ein Recht auf das Bauspardarlehen aus dem Vertrag ableiten, dann ist eine Kündigung unserer Ansicht nicht möglich. Dies sieht, wie bereits unter Ziffer 1. dargestellt, auch das OLG Stuttgart (a.a.O.) so.

Möglichkeiten nach erfolglosem Widerspruch

Sollten Sie Ihren Fall in den oben dargestellten Kündigungs-Szenarien wiedererkannt und nach eingeleitetem Widerspruch ein vorformuliertes Ablehnungsschreiben Ihrer Bausparkasse erhalten haben, dann empfehlen wir Ihnen, einen Anwalt mit der Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung zu beauftragen. Denn nur anhand der für Ihren konkreten Einzelfall vereinbarten Vertragsbedingungen kann eine fundierte Aussage über den Sinn einer gerichtlichen Auseinandersetzung getroffen werden. Da es aber derzeit noch keine obergerichtlichen Entscheidungen zur Frage der Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Kündigungen gibt, ist es aus unserer Sicht wahrscheinlich, dass die abgerufenen Instanzengerichte die Argumente der Bausparer, die zu einem großen Teil auch in Forschung und Lehre auf Zustimmung stoßen, bei der Urteilsfindung verstärkt berücksichtigen werden.

Angebot der Bausparkasse zum Tarifwechsel /Auszahlung des Guthabens

Am Ende der Ablehnungsschreiben versuchen die Bausparkassen, die Betroffenen zum Abschluss einer "Alternativanlage" zu ermutigen. Man sollte sich aus unserer Sicht aber nicht vorschnell zu einem Wechsel in einen zinsungünstigeren Vertrag entschließen, auch wenn der Wechsel durch die Bausparkasse regelmäßig als vorteilhaft dargestellt wird, solange die rechtlichen Fragen durch den Bundesgerichtshof nicht abschließend geklärt sind.

Sollte die Bausparkasse die (vorzeitige) Auszahlung des Guthabens (z.B. durch Scheck) anbieten, sollte die Inanspruchnahme des Guthabens im Zweifel solange unterbleiben, bis die Rechtslage anwaltlich geklärt wurde.

Kosten einer Beratung

Sollten Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, dann werden die Kosten für eine Beratung und/oder Klage aus unserer Erfahrung regelmäßig vom Versicherer übernommen. Sollten Sie über keine Rechtsschutzversicherung verfügen, so belaufen sich die Kosten für eine Beratung nach § 34 RVG grundsätzlich nach vereinbarter Vergütung. Bei Verbrauchern sind die Kosten bei Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung für eine erste Beratung gem. § 34 Abs.1 RVG auf maximal 190 € begrenzt.

Die Kanzlei Föhr, Adam & Mehlig berät und vertritt bundesweit eine Vielzahl von Betroffenen im Rahmen von gekündigten Bausparverträgen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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