Kündigung wegen Corona erlaubt?

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Kurzarbeit oder Kündigung?

Der Corona-Virus bedroht nicht nur die Gesundheit vieler Menschen, sondern auch die wirtschaftliche Existenz kleiner und mittelständischer Unternehmen. Sowohl angestellte Arbeitnehmer als auch Selbstständige und Gewerbetreibende sind von den Folgen dieser Pandemie und seinen wirtschaftlichen Einbußen betroffen. Die Frage ist nur, wie man hierauf rechtssicher reagieren kann.

Anordnung von Kurzarbeit 

Die Anordnung von Kurzarbeit stellt ein mögliches Szenario dar, um der Krisenzeit wirksam entgegenzuwirken. Mittels der Kurzarbeit sollen vorübergehende Krisen überwunden und betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. In diesem Fall ordnet der Arbeitgeber kürzere Arbeitszeiten bei entsprechender Reduzierung der Vergütung aufgrund eines erheblichen Arbeitsausfalls an. Hierbei kann die Arbeitszeit anteilig oder sogar vollständig (sog. Kurzarbeit Null) verringert werden. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies automatisch weniger Gehalt. Für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist es allerdings zwingend erforderlich, dass mit den Arbeitnehmern eine Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit nämlich nicht einseitig im Wege des Direktionsrechtes anordnen. Eine solche Regelung ist optimaler Weise entweder schon im Arbeitsvertrag vereinbart oder ergibt sich aus einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag, der für das Unternehmen Geltung besitzt.  Fehlt eine einvernehmliche Vereinbarung, muss der Arbeitgeber zwingend die Zustimmung des Arbeitnehmers einholen. Erst dann kann er Kurzarbeit anordnen und auch bei der Agentur für Arbeit beantragen. Wird Kurzarbeit genehmigt, haben Arbeitnehmer Anspruch auf Kurzarbeitergeld, welches von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt wird. Arbeitnehmer erhalten zwar dann eine geringere Vergütung, stehen aber eben nicht ohne Vergütung da. Und der Arbeitgeber erhält im Gegenzug staatliche Unterstützung. Mit Datum vom 13.03.2020 ist sogar aufgrund der Corona-Krise ein neues Gesetz in Kraft getreten, welches einen erleichterten Zugang zu Kurzarbeitergeld ermöglicht. Jedoch bedeutet allein der Umstand, dass die Agentur für Arbeit Kurzarbeit bewilligt hat,  nicht auch automatisch, dass die Kurzarbeit auch wirksam ist. Denn wenn der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich in die Kurzarbeit einwilligt, ist die lediglich einseitige Einführung der Kurzarbeit (außer in Fällen einer  Massenentlassung gem. § 19 KSchG ) weiterhin unwirksam.  

Pflicht zur Zustimmung zur Kurzarbeit?

Die große Frage ist, muss der Arbeitnehmer der Einführung von Kurzarbeit zustimmen oder kann er sich gegen die Anordnung von Kurzarbeit wehren? Soweit die Kurzarbeit nicht vertraglich im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist (für Letzteres steht dem Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu), kann die Zustimmung zur Kurzarbeit durch den Arbeitnehmer verweigert werden.  Insoweit besteht zwar keine Pflicht zur Zustimmung. Jedoch sollte dem Arbeitnehmer im Falle seiner mangelnden Zustimmung bewusst sein, dass er auf Seiten des Arbeitgebers eine Kündigung provozieren könnte. 

Kündigung bei mangelnder Zustimmung zur Kurzarbeit?

Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur aufgrund seiner Verweigerung der Zustimmung zur Kurzarbeit kündigen, wäre eine solche Kündigung bereits wegen des sog. Maßregelungsverbotes gem. § 612a BGB unwirksam. Weigert sich der Arbeitnehmer der  Einführung von Kurzarbeit freiwillig zuzustimmen, und ist eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers aufgrund der Corona-Krise in dem mit ihm vertraglich vereinbarten Umfang nicht mehr möglich, kann der Arbeitgeber aber eine Änderungskündigung zur Herabsetzung der Arbeitszeit oder einer Kündigung aus betriebsbedingten Gründen aussprechen.

Kündigung wegen Corona Krise

Da der Ar­beit­ge­ber nicht ein­zel­ne Tei­le des Ar­beits­ver­tra­ges se­pa­rat kündi­gen kann (Unzulässigkeit einer Teilkündi­gung), braucht er das Ein­verständ­nis des Arbeitnehmers zu die­ser Ver­tragsände­rung. Wenn der Arbeitnehmer sein Ein­verständ­nis ver­wei­gert, bleibt dem Ar­beit­ge­ber nichts an­de­res übrig, als den ge­sam­ten Ar­beits­ver­trag zu kündi­gen. Da der Arbeitgeber aber eigentlich nur ein­zel­ne Tei­le des Ar­beits­ver­tra­ges ändern will, macht er dem Arbeitnehmer zu­gleich mit der Kündi­gung das An­ge­bot, das Ar­beits­verhält­nis zu geänder­ten Be­din­gun­gen fort­zu­set­zen. Ein sol­ches Vor­ge­hen nennt man Ände­rungskündi­gung. Eine Änderungskündigung ist im Vergleich zu einer normalen Kündigung das mildere Mittel.  Nimmt der gekündig­te Ar­beit­neh­mer die­ses Ände­rungs­an­ge­bot vor­be­haltlos an, wird das Ar­beits­verhält­nis dann zu geänder­ten Be­din­gun­gen fortgesetzt. Lehnt der Arbeitnehmer das Ände­rungs­an­ge­bot ab, kommt kei­ne Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen zu­stan­de. Es bleibt dann bei der Kündi­gung des (ge­sam­ten) Ar­beits­ver­tra­ges. Allerdings muss auch eine Änderungskündigung bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um wirksam zu sein. Fällt das Ar­beits­verhält­nis des Arbeitnehmers un­ter das Kündi­gungs­schutz­ge­setz, sodass dieser Kündi­gungs­schutz ge­nießt, muss der Ar­beit­ge­ber für die Kündi­gung ei­nen sach­li­chen Grund anführen, da­mit die Kündi­gung wirk­sam ist. Hier reicht das Argument der Kündigung wegen der Corona-Krise allein nicht aus, sodass eine Kündigungsschutzklage hiergegen gute Erfolgsaussichten hätte.

Anders ist dies bei Kleinbetrieben unter 10 Mitarbeitern. Hier gilt lediglich ein Mindestmaß an Kündigungsschutz. Ein effektiver Rechtsschutz ist außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) für den Arbeitnehmer nicht zu erreichen, sodass der Arbeitgeber hier rechtlich einen weitaus größeren Ermessensspielraum hat, soweit die Änderungskündigung nicht treu- oder sittenwidrig ist oder gegen Diskriminierungsverbote verstößt.

Eine Kündigung nur auf die Coronavirus-Krise zu stützen, dürfte allerdings auch unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG nicht wirksam sein. Zwar ist Voraussetzung einer betriebsbedingten Kündigung zunächst ein dringendes betriebliches Erfordernis. Hier können externe Umstände wie Auftragsmangel oder Umsatzrückgang ausreichend sein. Allerdings müssen sich diese Faktoren auch unmittelbar auf den Betrieb des Arbeitgebers beziehen. Es müsste zum Zeitpunkt der Kündigung also feststehen, dass der Beschäftigungsbedarf für den zu kündigenden Arbeitnehmer künftig und dauerhaft wegfällt. Dies mag derzeit rein prognostisch bzw. spekulativ der Fall sein.  Jedoch ist auch nicht auszuschließen, dass kurz- bzw. mittelfristig die Infektionsgefahr und die damit verbundenen Folgen für Unternehmen sukzessiv überwunden werden können. Der pauschale Hinweis allein auf die schlechte wirtschaftliche Martklage aufgrund des Corona-Virus ist daher nicht ausreichend. Denn eine wirtschaftliche Krise stellt nun einmal das typische unternehmerische Risiko dar, welches nicht einfach auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden kann. Selbst eine (beabsichtigte) Betriebsschließung muss noch keine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen. So muss der Arbeitgeber gerade die Absicht haben, seine angebotene Marktleistung für eine wirtschaftlich erhebliche Zeitspanne ernsthaft aufzugeben. Hierfür müssten im Zeitpunkt der Kündigung bereits entsprechende Handungen erfolgt sein, die auf eine Betriebsschließung hindeuten z.B. Kündigung der Pacht- und Mietverträge oder Verkauf von Maschinen und Anlagen.

Aber auch hier gilt wieder: Für Kleinbetriebe (unter 10 Mitarbeiter), die regelmäßig über keine wirtschaftlichen Reserven verfügen und nicht in der Lage sind, Schwankungen in der Auftragslage durch Maßnahmen der Personaleinsatzplanung auszugleichen sowie Betrieben mit  Arbeitnehmern, die eine Beschäfftigungszeit von weniger als 6 Monaten aufweisen bzw. noch in der Probezeit sind, sind Entlassungen aufgrund der Corona-Krise wesentlich einfacher möglich. Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass Kurzarbeit im Verhältnis zu einer Kündigung oder Änderungskündigung das wesentlich mildere Mittel darstellt.  Zwecks Vermeidung von Kurzarbeit lassen sich auch einige Positionen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhandeln, wie z.B. einen Teil des Urlaubs nehmen, Überstunden abbummeln, der Kurzarbeit nur befristet für einen kurzen Zeitraum zustimmen oder die Zustimmung zur Kurzarbeit von der Gehaltsdifferenz abhängig machen. So z.B. kann die Differenz im Falle einer betriebsbedingten Kündigung als Abfindung nachgezahlt werden.

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Foto(s): wix.com

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