Kurzarbeit und Urlaub

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Aufgrund der Corona-Pandemie haben eine Vielzahl von Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. Die betroffenen Arbeitnehmer arbeiten während der Kurzarbeit reduziert oder gar nicht (sogenannte Kurzarbeit Null). Vor allem der Umgang mit Urlaubsansprüchen ist noch immer hochaktuell und teilweise umstritten.


Wie viel Urlaub steht Arbeitnehmern zu?

§ 3 Abs. 1 BUrlG regelt den gesetzlichen Mindesturlaub, welcher bei einer 6-Tage Woche 24 Tage und bei einer 5-Tage Woche 20 Tage beträgt. In Arbeits- oder Tarifverträgen kann auch ein höherer Urlaubsanspruch vereinbart werden. Der volle Urlaubsanspruch wird nach § 4 BUrlG jedoch erst nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

Umstritten ist die Behandlung der Urlaubsansprüche bei Kurzarbeit Null. Hier wird teilweise vertreten, dass der Urlaubsanspruch aufgrund der Kurzarbeit Null und der damit fehlenden Arbeitsleistung gar nicht entstehen kann.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Jahr 2012 entschieden, dass eine zwischen Betriebsparteien im Sozialplan vereinbarte Kürzung des bezahlten Jahresurlaubs im Verhältnis zur Arbeitszeitkürzung bei Kurzarbeit Null gerechtfertigt war. Zur Begründung gab der EuGH an, dass der Arbeitnehmer aufgrund der Vorhersehbarkeit Freizeittätigkeit nachgehen und sich ausruhen konnte.

Der EuGH hat sich jedoch nicht dazu geäußert, ob eine solche Kürzung automatisch eintritt oder eine Vereinbarung nötig ist.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm kam ebenfalls zum Ergebnis, dass sich durch die Kurzarbeit Null (auch nach deutschem Recht) kein Urlaubsanspruch entwickeln kann. Bei der Kurzarbeit Null werden demnach die Gegenleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses suspendiert, sodass kein gesetzlicher Anspruch auf Urlaub aus dem BUrlG entstehen kann.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften vertreten die Auffassung, dass der Anspruch auf den Erholungsurlaub während der Kurzarbeit in vollem Umfang entsteht und ungekürzt fortbesteht. Als Begründung führt der DGB an, dass sich dem Bundesurlaubsgesetz nicht entnehmen lässt, dass eine Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit zulässig ist.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diese Rechtsfrage noch nicht geklärt, sodass den Beschäftigten aktuell dennoch empfohlen wird, auch bei Kurzarbeit Null Urlaubsansprüche geltend zu machen.

 

Muss Urlaub genommen werden, bevor Kurzarbeit beantragt werden kann?

§ 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB III regelt, dass der Erholungsurlaub vorrangig vor der Kurzarbeit zu nehmen ist, soweit Urlaubswünsche der Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen oder bereits eine andere Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber stattgefunden hat. Ansonsten würde der Arbeitsausfall nicht als unvermeidbar angesehen werden.

Das bedeutet, dass Resturlaub aus dem vergangenen Jahr in der Regel vor der Kurzarbeit abgebaut werden muss. Bereits geplanter Urlaub hat jedoch auch im Zeitraum der Kurzarbeit Vorrang und muss entsprechend nicht vor der Kurzarbeit genommen werden.

Aufgrund der Corona-Pandemie hat die Bundesagentur für Arbeit ihre fachlichen Weisungen bis zum Jahresablauf 2020 überarbeitet. Bis zum 31.12.2020 hat die Bundesagentur für Arbeit davon abgesehen, die Einbringung von Erholungsurlaub aus dem laufenden Urlaubsjahr zur Bewilligung von Kurzarbeit vorrangig zu verlangen und damit der Urlaub aus dem Urlaubsjahr 2020 nicht eingebracht werden musste.

Diese Weisung wurde jedoch nicht verlängert. Ab dem 01.01.2021 ist der verplante Erholungsurlaub aus dem laufenden Urlaubsjahr zur Vermeidung von Kurzarbeit wieder einzufordern. Dies wurde damit begründet, dass aufgrund der Schaffung eines Verdienstausfallersatzes nach § 56 Abs. 1a LfSG für eventuelle Schließungen von Kitas und Schulen bis Ende März 2021, eine Verlängerung der Sonderreglung nicht erforderlich sei.   

 

Hat Kurzarbeit Auswirkungen auf die Höhe des Urlaubsentgelts?

Kurzarbeit hat keine Auswirkungen auf die Höhe des Urlaubsentgelts.

Das Urlaubsentgelt ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG auf Grundlage des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn, abzüglich des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes zu berechnen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG spielen Verdienstkürzungen, die infolge von Kurzarbeit eintreten, bei der Berechnung des Urlaubsentgelts keine Rolle.

Nach Rechtsprechung des EuGH darf eine für den Arbeitnehmer nachteilige Regelung, zumindest hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs, auch nicht in einem Tarifvertrag vereinbart werden.

 

Ändert Kurzarbeit etwas an der Mitbestimmung des Betriebsrats?

Die Einführung von Kurzarbeit ändert nichts an der Mitbestimmung des Betriebsrats bei Fragen des Urlaubs nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG. Der Betriebsrat hat bei der Aufstellung des Urlaubsplanes, als auch bei den Grundsätzen der Urlaubsgewährung weiterhin voll mitzubestimmen.



Gerne steht Ihnen Rechtsanwältin Karina Malancea für Ihre individuelle und persönliche Beratung in allen arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten zur Verfügung.


 


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