LAG: Kündigung eines Lehrers wegen Maskenprotest wirksam

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LAG: Lehrer konnte wegen Protest gegen Maskentragen gekündigt werden

11.10.2021

Dass die Maßnahmen im Zusammenhang mit den Coronaschutzmaßnahmen polarisiert haben, ist bekannt, insbesondere im Zusammenhang mit den Schutzmaßnahmen an Schulen. Ein Streitpunkt war, dass eine – wenn auch sehr kleine - Minderheit lautstark vertreten hat, dass die Verpflichtung zum Tragen von FFP2 Masken während des Unterrichts die Rechte der Schüler verletze und bei Ihnen gesundheitliche Schäden verursachen würde, eine Befürchtung, die weder von den Behörden noch von einer Mehrheit der Mediziner, Eltern und Schülern geteilt wurde. Einige Sachverhalte, in denen diese eher innerschulische Diskussion eskalierte, erreichen nun auch die Gerichte, so wie in der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil vom 07.10.2021, 10 Sa 867/21).

Was war geschehen? Der Kläger des Verfahrens war als angestellter Lehrer in Brandenburg tätig. Er hat sich offenbar sehr engagiert und beharrlich gegen die Verpflichtung, an der Schule einen Mund-Nase-Schutz zu tragen, eingesetzt.

Nach den bislang bekannten Informationen (der Wortlaut des Urteils ist noch nicht veröffentlicht), hat der Kläger sich geweigert, entgegen der entsprechenden Anweisungen in der Schule einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

Außerdem hat er sich per Email an die Elternvertretung gewandt und in der Email u.a. geäußert, dass „die Pflicht eine Nötigung, Kindesmissbrauch, ja sogar vorsätzliche Körperverletzung bedeutet“. Das Land Brandenburg reagierte darauf und ermahnte ihn, dass er mit einer Kündigung rechnen müsse, wenn er sein Verhalten nicht einstelle. Daraufhin wandte er sich mit einer inhaltlich ähnlichen Äußerung erneut an die Elternvertretung und andere Stellen, woraufhin er außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt wurde.

Das Arbeitsgericht hat seiner Kündigungsschutzklage noch insoweit stattgegeben, als dass es das Arbeitsverhältnis wegen der Zerrüttung gegen Zahlung einer Abfindung aufgehoben hat, eine Entscheidung, gegen die beide Parteien in Berufung gingen. Das LAG hat das erstinstanzliche Urteil nun aufgehoben und die Kündigung als wirksam angesehen.

Ausweislich der Pressemitteilung sah das Gericht dabei schon in der ersten Aussage, dass die Regelung eine Nötigung, Kindesmissbrauch und vorsätzliche Körperverletzung darstelle, einen wichtigen Grund zur Kündigung, die ohne vorherige Abmahnung zur fristlosen Kündigung ausreichen würde. Das hatte das Arbeitsgericht in der ersten Instanz anders gesehen und die Kündigung an der seiner Ansicht nach fehlenden Abmahnung scheitern lassen.

Unabhängig davon musste das Gericht in der zweiten Instanz von einer Abmahnung ausgehen, da unstreitig war, dass dem Kläger die Kündigung angedroht worden war. Dennoch hat er seine bemängelten Aussagen ausdrücklich gegenüber Dritten bekräftigt und wiederholt.

Hinzu kam, dass er sich beharrlich geweigert hatte, selbst MNS zu tragen. Ein insoweit im Internet besorgtes Attest eines einschlägig bekannten österreichischen Arztes entschuldigte das Verhalten nicht.

Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig und zeigt recht deutlich die Pflichten des öffentlich-rechtlich Beschäftigten, gegen die der Kläger vorliegend wiederholt verstoßen hat.

Denn unabhängig von der Frage, ob man (in angemessenem Ton und Intensität) über einzelne Coronaschutzmaßnahmen diskutieren und diese in Frage stellen kann, unterfällt der Kläger gegenüber seinem Dienstherrn auch einem Näheverhältnis, in dem Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gebieten, sich in Meinungsverschiedenheiten insbesondere auch gegenüber Dritten zu mäßigen. Dem ist der Kläger schon durch seine erste Email nicht nachgekommen, in der er gegenüber seinem Dienstherrn schwere strafrechtliche Vorwürfe  erhoben hat. Dies kann grundsätzlich einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen.

Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte setzt die fristlose Kündigung aber in der Regel voraus, dass zuvor eine Abmahnung ausgesprochen wurde, und dass der Arbeitnehmer sein Verhalten dennoch nicht geändert hat. Nur in Fällen der schweren Pflichtverletzung, in der das für ein Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauen bereits durch die eine Pflichtverletzung unwiederbringlich zerstört ist, kann nicht auf das mildere Mittel der Abmahnung verwiesen werden.

Ob die Äußerungen einen solchen Ausnahmefall rechtfertigen, kann man wohl nur mit vollständiger Aktenkenntnis und Berücksichtigung der Hintergründe bewerten. Hier kam es jedoch nicht darauf an, da der Dienstherr dem Kläger die Möglichkeit der Kündigung unstreitig vor Augen geführt hat und dieser trotzdem seine Äußerungen wiederholt hat.

Unabhängig davon hat das Gericht auch in der fortgesetzten Weigerung, eine Maske zu tragen, eine Pflichtverletzung gesehen und die Kündigung wäre auch deshalb gerechtfertigt gewesen.

Der vorliegende Sachverhalt ist sicherlich eines der Beispiele, in denen eine fristlose Kündigung objektiv recht sicher gerechtfertigt ist. Gleichzeitig zeigt der Verfahrensgang jedoch, dass der Kläger erstinstanzlich wenigstens insoweit gewonnen hatte, dass die Kündigung vom Arbeitsgericht als unwirksam erachtet wurde.

Das macht die faktischen Probleme für viele Arbeitgeber deutlich. Denn sie müssen im Kündigungsschutzverfahren ihre Kündigung „verteidigen“ und alle relevanten Tatsachen darlegen und beweisen. Die von den Arbeitsgerichten angestellten hohen Anforderungen an diesen Vortrag bieten dann sowohl für Kläger- als auch Beklagtenvertreter viele Möglichkeiten, den Ausgang des Verfahrens noch wirksam zu beeinflussen.

 Sofern Sie Fragen hierzu haben, können Sie sich gerne an mich wenden.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.


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