Lenkende Erbausschlagung: BGH stärkt Gestaltungsspielraum bei Nachlassplanung
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Die Nachlassplanung ist ein zentrales Element der Vermögenssicherung und -übertragung. Insbesondere bei größeren Vermögen oder komplexen Familienstrukturen ist es essenziell, steuerliche Belastungen zu minimieren und den Nachlass effizient zu gestalten. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 4. September 2024 (Az. IV ZB 37/23) hat nun den Gestaltungsspielraum für Erben erweitert, indem es die sogenannte “lenkende Erbausschlagung” ohne familiengerichtliche Genehmigung erlaubt.
Hintergrund des Urteils
In dem entschiedenen Fall hinterließ eine Millionärin einen Nachlass von über 1,2 Millionen Euro. Laut Testament war ihr Ehemann Alleinerbe, die beiden Kinder als Ersatzerben eingesetzt. Zum Zeitpunkt des Todes war die Schwiegertochter schwanger. Aus steuerlichen Gründen schlugen der Ehemann und die beiden Kinder das Erbe aus, um die gesetzliche Erbfolge eintreten zu lassen und so die Erbschaftssteuerlast zu reduzieren. Der Sohn erklärte die Ausschlagung auch für sein ungeborenes Kind.
Das Nachlassgericht forderte eine Genehmigung des Familiengerichts für die Ausschlagung des Erbes durch den Sohn für sein ungeborenes Kind. Das Familiengericht verweigerte jedoch die Genehmigung, da das Kind einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil durch das Erbe erwarten würde. Der Fall ging bis zum BGH, der eine überraschende Entscheidung traf.
Kernaussagen des BGH-Urteils
Der BGH entschied, dass Eltern auch bei wirtschaftlichen Eigeninteressen keine Genehmigung des Familiengerichts benötigen, um das Erbe für ihr ungeborenes Kind auszuschlagen. Der BGH sah weder eine Regelungslücke noch eine Notwendigkeit, den Anwendungsbereich des § 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB in diesem Zusammenhang einzuschränken. Die Richter betonten, dass der Gesetzgeber keinen Interessenkonflikt in solchen Fällen gesehen habe, da die Eltern zuvor auch ihr eigenes Erbe ausgeschlagen hatten und somit der Handlungsspielraum der Eltern nicht durch die Interessen des Kindes beeinträchtigt wird.
Bedeutung für die Nachlassplanung
Diese Entscheidung erweitert den Gestaltungsspielraum für Familien erheblich. Insbesondere bei größeren Vermögen oder komplexen Familienstrukturen können Eltern nun flexibler agieren, um die Erbschaftssteuerlast zu minimieren und den Nachlass effizient zu gestalten. Die Möglichkeit, durch eine lenkende Ausschlagung die gesetzliche Erbfolge herbeizuführen, ohne eine familiengerichtliche Genehmigung einholen zu müssen, erleichtert die Nachlassplanung erheblich.
Praxistipps für die Nachlassgestaltung
- Frühzeitige Planung: Beginnen Sie frühzeitig mit der Nachlassplanung, um alle Möglichkeiten der steuerlichen Optimierung nutzen zu können.
- Beratung einholen: Lassen Sie sich von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten, um die für Ihre Situation passenden Lösungen zu erarbeiten und rechtssicher umzusetzen.
- Testament überprüfen: Überprüfen Sie bestehende Testamente auf ihre steuerlichen Auswirkungen und passen Sie sie gegebenenfalls an.
- Familiengespräche führen: Führen Sie offene Gespräche mit Ihren Familienmitgliedern über Ihre Nachlassplanung, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.
Fazit
Das BGH-Urteil vom 4. September 2024 stärkt die Rechte der Eltern bei der Nachlassplanung und ermöglicht eine flexiblere Gestaltung des Erbes im Sinne der Familie. Durch die Möglichkeit der lenkenden Ausschlagung ohne familiengerichtliche Genehmigung können steuerliche Vorteile genutzt und der Nachlass effizient gestaltet werden. Für eine individuelle Beratung und die Entwicklung einer maßgeschneiderten Nachlassstrategie stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
BGH-Urteil ermöglicht lenkende Erbausschlagung ohne familiengerichtliche Genehmigung – neue Chancen für steueroptimierte Nachlassplanung.
Das BGH-Urteil vom 4. September 2024 erweitert den Gestaltungsspielraum bei der Nachlassplanung: Eltern dürfen das Erbe für ihr ungeborenes Kind ausschlagen, um steuerliche Vorteile zu nutzen – ohne Genehmigung des Familiengerichts.
FAQ:
1. Was ist eine lenkende Erbausschlagung?
Eine lenkende Erbausschlagung ist die bewusste Ablehnung einer Erbschaft, um die gesetzliche Erbfolge herbeizuführen und dadurch steuerliche Vorteile zu erzielen.
2. Ist eine familiengerichtliche Genehmigung für die Ausschlagung des Erbes durch Eltern für ihr ungeborenes Kind erforderlich?
Nein, laut BGH-Urteil vom 4. September 2024 ist keine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich, wenn die Eltern auch ihr eigenes Erbe ausschlagen.
3. Welche Vorteile bietet die lenkende Erbausschlagung?
Sie ermöglicht eine steueroptimierte Verteilung des Nachlasses innerhalb der Familie und erhöht den Gestaltungsspielraum bei der Nachlassplanung.
Für eine umfassende Beratung zur Nachlassgestaltung und zur Nutzung der lenkenden Erbausschlagung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
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