„Mandanten sind heute anspruchsvoller und erwarten schnelle Antworten“

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Rechtsanwalt Julian Tietze: „Mandanten sind heute anspruchsvoller und erwarten schnelle Antworten“
Theresa Höfle anwalt.de-Redaktion

Rechtsanwalt Julian Tietze, Partner der Kanzlei Tietze Enders & Partner mbB, kennt die hohen Ansprüche heutiger Mandanten. Wie er die Reaktions- und Bearbeitungszeiten bei Mandaten ständig weiter optimiert und auf welche Weise er mit überzogenen Erwartungen von Ratsuchenden umgeht, verrät er im Interview.  

Unsere Gesellschaft wird immer schnelllebiger. Nehmen Sie das auch in Ihrer Arbeit als Anwalt so wahr? 

Ja, ich spüre das sehr deutlich. Mandanten, insbesondere Verbraucher, sind heute anspruchsvoller und erwarten schnelle Antworten und Ergebnisse. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, setze ich auf effiziente Organisation, moderne Automatisierungstools wie Leadannahmetools und API-Schnittstellen, die wir stetig vorantreiben. Diese Technologien helfen uns, flexibel und zeitnah zu reagieren, ohne dass die Qualität unserer Arbeit beeinträchtigt wird.

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Haben Ratsuchende mittlerweile höhere Erwartungen an Reaktionszeiten und die Schnelligkeit von Rechtsberatung als vor einigen Jahren?

Ja, das hat sich stark verändert. Vor allem Verbraucher erwarten oft sofortige Rückmeldungen, während Unternehmen meist etwas geduldiger sind. Wir versuchen, diesen Erwartungen gerecht zu werden, indem wir klare Kommunikationswege nutzen und unseren Mandanten, insbesondere Neumandanten, eine zeitnahe Rückmeldung geben. Bei Bestandsmandanten ist dies oft nicht notwendig, da sie bereits mit unserer Arbeitsweise vertraut sind. 

Wie schnell reagieren Sie in der Regel auf Anfragen oder Nachrichten?

In der Regel bemühen wir uns, innerhalb von 48 Stunden auf Anfragen zu antworten. Oft schaffen wir es jedoch, sofort eine automatisierte Eingangsbestätigung zu versenden, sodass der Mandant weiß, dass seine Anfrage uns erreicht hat. Die Reaktionszeit kann je nach Kanal variieren, aber unsere Priorität liegt stets auf einer schnellen und verlässlichen Kommunikation. Auch bei Bestandsmandanten ist diese Schnelligkeit oft weniger kritisch, da sie uns kennen und wissen, dass wir ihre Anliegen zeitnah bearbeiten. 

Wie schnell erwarten Ratsuchende Ihrer Erfahrung nach, einen Termin zu erhalten?

Viele Mandanten erwarten, innerhalb kürzester Zeit einen Termin zu bekommen, was nicht immer realistisch ist. Je nach Fall biete ich jedoch kurzfristige Gespräche an, um mitzuteilen, dass wir ihre Anfrage berücksichtigen und die nächsten Schritte besprechen. Dies schafft Vertrauen und zeigt, dass wir die Anliegen unserer Mandanten ernst nehmen. Selbstverständlich stehen wir unseren Mandanten regelmäßig kurzfristig zur Verfügung, sofern tatsächlich, z. B. bei kurzen Fristen, höchste Eile geboten ist. 

Welche Strategien nutzen Sie, um die Erwartungen der Mandanten von Anfang an zu managen und Missverständnisse zu vermeiden?

Neben einer transparenten Kommunikation und einer ehrlichen Einschätzung der Erfolgsaussichten, was das Aufzeigen verschiedener möglicher Szenarien beinhaltet, setzen wir auf moderne Techniken, die unsere Mandanten abholen. Durch diese Maßnahmen stellen wir sicher, dass Mandanten von Anfang an realistische Erwartungen haben und Missverständnisse vermieden werden. 

Sie bieten auf Ihrem anwalt.de-Profil Erstberatungen zum Festpreis an. Wie ist die Resonanz auf dieses Angebot?

Die Resonanz auf Festpreisangebote ist sehr positiv, insbesondere bei Verbrauchern, die eine klare Planungssicherheit schätzen. Im Vergleich zum RVG oder Stundenhonorar wissen die Mandanten von Anfang an, welche Kosten auf sie zukommen. Selbst bei Stundenhonoraren teilen wir den Mandanten einen klaren Stundenrahmen mit, sodass auch hier eine gewisse Planungssicherheit gegeben ist. Diese Transparenz wird von den Mandanten sehr positiv aufgenommen. 

Nutzen Sie bestimmte Prozesse, Methoden oder Tools, um die Bearbeitungszeit von Mandaten zu optimieren?

Ja, wir nutzen zur Fallverwaltung und Kommunikation digitale Tools, die es uns ermöglichen, effizienter zu arbeiten und die Bearbeitungszeit zu verkürzen. Darüber hinaus optimieren und digitalisieren wir unsere Prozesse stetig. Dieser Ansatz hilft uns nicht nur, schneller zu arbeiten, sondern auch, die Balance zwischen Beruf und Familie zu wahren, was für uns als Kanzlei sehr wichtig ist. 

Ein aktuelles Beispiel für unsere moderne Datenverarbeitung ist unser Engagement im sogenannten Wirecard-Skandal. Hier vertreten wir mehrere Hundert betroffene Anleger und haben Schadensersatzansprüche in Höhe von insgesamt über 26 Millionen Euro im KapMuG-Verfahren angemeldet. Die Berechnung der Verluste, insbesondere bei zahlreichen An- und Verkäufen von Wirecard-Aktien, war komplex und erforderte den Einsatz fortschrittlicher Technik zur Datenverarbeitung. 

Zudem arbeiten wir aktuell an unserer neuen Landingpage www.teslegal.de, die es uns ermöglichen wird, noch themenbezogener zu arbeiten. Ende September werden wir hier final publishen können. Dort werden wir moderne Schnittstellen wie API verwenden, um Leads direkt in unsere Anwaltssoftware zu implementieren. Diese Automatisierung wird uns helfen, Anfragen noch effizienter zu bearbeiten und unsere Mandanten schneller zu unterstützen. Bestandsmandanten betreuen wir weiterhin über unsere klassische Seite www.tes-partner.de

Wie priorisieren Sie eingehende Anfragen, insbesondere wenn mehrere dringende Anfragen gleichzeitig eingehen? Halten Sie für Notfälle zeitliche Puffer bereit?

Als weitgehend auf Zivilrecht ausgerichtete Kanzlei haben wir keine speziellen Notfallzeiten eingeplant. Dennoch halten wir immer etwas Puffer frei, um größere Mandate annehmen zu können. Dies ist uns besonders wichtig, um diese werthaltigen Fälle entsprechend darstellen und bearbeiten zu können. Besonders in Massenverfahren haben wir gelernt, effizient zu arbeiten, was uns ermöglicht, auch kurzfristig auf dringende Fälle zu reagieren. 

Hoher Qualitätsanspruch und gleichzeitig enormer Zeitdruck: Wie finden Sie in Ihrer Arbeit eine gute Balance?

Die Balance zwischen Qualität und Zeitdruck erreichen wir durch die stetige Optimierung unserer Prozesse und eine umfassende Digitalisierung. Papier wird nur noch verwendet, wenn es unbedingt sein muss. Gleichzeitig hilft uns die Freizeit, die Balance zu wahren und neuen Fokus zu gewinnen. Meine persönliche Philosophie ist, schnell für den Mandanten erreichbar zu sein, um seine Anliegen schnell und effektiv zu klären. 

Welche Rolle spielt Transparenz bei der Kommunikation von Verzögerungen oder längeren Bearbeitungszeiten? 

Transparenz ist essenziell, um das Vertrauen der Mandanten zu erhalten. Allerdings sind die Erwartungshaltungen oft überzogen, da anwaltliche Tätigkeiten, insbesondere Gerichtsverfahren, naturgemäß langwierig sind. Wenn Verzögerungen auftreten, informieren wir unsere Mandanten frühzeitig und erklären die Gründe dafür, um Missverständnisse und Unzufriedenheit zu vermeiden.

Stellen Sie eine Abwesenheitsnotiz in Ihrem anwalt.de-Kontobereich ein, wenn Sie nicht erreichbar sind? 

Wir haben innerhalb der Kanzlei eine gute Vertretungsregelung organisiert, sodass eine stete Erreichbarkeit gewährleistet ist. Sollte ich persönlich nicht erreichbar sein, steht eine Kollegin oder ein Kollege bereit, um dringende Anfragen zu bearbeiten und die Kontinuität zu sichern. So bleiben wir auch während meiner Abwesenheit zuverlässig und transparent für unsere Mandanten. 

Wie viel Rückmeldung wollen Mandanten Ihrer Erfahrung nach während eines laufenden Mandats?

Insbesondere am Anfang des Mandats wünschen sich Mandanten regelmäßige Rückmeldungen über den Stand ihres Falls. Wir halten sie proaktiv auf dem Laufenden, auch wenn es keine wesentlichen Neuigkeiten gibt. Das stärkt das Vertrauen und zeigt den Mandanten, dass ihr Fall in guten Händen ist. 

Julian Tietze ist als Rechtsanwalt und Partner in der Kanzlei Tietze Enders & Partner mbB tätig, die auch unter dem Branding tes rechtsanwälte steuerberater auftritt. Er ist vornehmlich auf dem Gebiet des Arbeits- und Gesellschaftsrecht sowie des Bankrechts tätig und hat sich auf die Geltendmachung von Ansprüchen von Verbrauchern gegenüber Konzernen bei sogenannten Masseverfahren spezialisiert. 

(THH; ZGRA) 

Erfahren Sie, worauf es bei der Kommunikation mit Mandanten wirklich ankommt und wie Sie die Sprache der Ratsuchenden sprechen. Lesen Sie außerdem unsere Tipps für eine noch erfolgreichere Mandantengewinnung!

Foto(s): ©privat/Julian Tietze, ©Adobe Stock/Rawpixel

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