Mietminderung wegen Corona-Schließung? Artikel 240 § 7 EGBGB als Klarstellungskriterium!

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Die Gerichte sind sich absolut uneinig bei der Frage, ob ein Mieter die Miete mindern darf, weil er sein Geschäft geschlossen halten muß, bis irgendwann die Bundesregierung die Öffnungsverbote aufhebt. Jetzt haben sogar zwei Oberlandesgerichte am selben Tag in 2 Rechtsstreiten desselben Mieters (Textilkette KiK) zwei genau gegensätzlich Urteile gefällt.

Am 24.02.2021entschied das Oberlandesgericht (OLG) Dresden zum Teil für Mieterin, die im sächsischen Sehma (Erzgebirge im ersten Lockdown aufgrund von Allgemeinverfügungen des Landes das Ladenlokal schließen musste. Die Miete für April 2020 zahlte die Textilkette nicht, woraufhin der Vermieter klagte und vom Landgericht in erster Instanz Recht bekam. Auf die Berufung hin hob das OLG Dresden dieses Urteil nun auf (5 U 1782/20). Die Begründung leuchtet ein: es sei eine Störung der wesentlichen Geschäftsgrundlage des Mietvertrages im Sinne von § 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eingetreten, weshalb der Vertrag anzupassen sei, die Nettomiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werden dürfe. Keine der Parteien, weder Vermieter noch Mieter, habe eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen. Deshalb sei es angemessen, die mit der Schließung verbundene Belastung gleichmäßig auf Vermieter und Mieter zu verteilen. Eine durchaus beiden Interessenlagen Rechnung tragende Entscheidung.

So entschied auch das Mönchengladbacher Gericht (wir berichteten). 

Die genau gegenteilige Ansicht vertritt das OLG Karlsruhe im Urteil vom selben Tag (7 U 109/20). Auch hier geht es um die Monatsmiete für April 2020. Dort hatte das Landgericht dem Vermieter Recht gegeben. Das OLG Karlsruhe bestätigte dieses Urteil mit der Begründung, eine Coronabedingte Schließungsanordnung stelle keinen Sachmangel der Mietsache dar, womit das OLG zweifellos Recht hat, aber an der Realität vorbei urteilt, denn der Mieter kann die Räume nicht zu dem Zweck nutzen, der mietvertraglich vereinbart ist.  

In beiden Fällen wollen (und werden wohl auch) die unterliegenden Parteien Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) einlegen. Das Ergebnis wird höchst interessant und für die unteren Gerichte der Republik bindend. Dann wird auch die erst vor wenigen Wochen mit Artikel 240 § 7 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) mit dem Titel "Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen" in Kraft getretene Vorschrift verbindlich für die Zukunft ausgelegt werden. Die Vorschrift bedeutet, daß, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung noch verwendbar sind, zu vermuten ist, daß sich ein störender Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, den Mietvertrag nach Vertragsschluss entscheidend verändert hat und das Mietverhältnis nicht einfach wie bisher weitergehen kann. Es muß dann ein angemessener Ausgleich gefunden werden, der Mietvertrag muß für die Zeitdauer der Störung angepasst werden.

Das OLG Dresden hat das vom Gesetzgeber mit der Einführung von Artikel 240 § 7 EGBGB Gewollte im Ergebnis schon in seine Entscheidung eingebracht, während das OLG Karlsruhe meint, eine Mietpreisanpassung sein nicht angezeigt, solange der Mieter nicht in seiner Existenz gefährdet ist. Die gesetzliche Neuregelung blieb dort unbeachtet.

Der für Gewerbemietrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH wird demnächst (hoffentlich schnell) für die Vereinheitlichung der Rechtsprechung der Landgerichte und Oberlandesgerichte sorgen und insbesondere feststellen, wie der neue Artikel 240 § 7 EGBGB auszulegen und anzuwenden ist. Dann kehrt hoffentlich einigermaßen Rechtssicherheit für solche Fälle ein. 

Sollten Sie von einem ähnlichen Fall betroffen sein können Sie gerne einen Termin in unserer Kanzlei vereinbaren, wir freuen uns auf Ihren Besuch.


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