Lärm durch den Nachbarn – Mietminderung möglich?
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Man kann sich seine Nachbarn nicht aussuchen – ob man sich mit ihnen versteht, ist daher reine Glückssache. Häufig ist der Lärm aus der Wohnung nebenan jedoch der Grund für Streitigkeiten. Egal, ob z. B. laute Musik, Getrampel, Geschrei oder auch Handwerksarbeiten am frühen Morgen bzw. spät in der Nacht – irgendwann reißt selbst der friedfertigsten Person der Geduldsfaden. Doch darf man dann einfach die Miete mindern?
Gegenseitige Rücksichtnahme unter Nachbarn
Grundsätzlich müssen Nachbarn aufeinander Rücksicht nehmen. Niemand möchte schließlich in seinen eigenen vier Wänden gestört werden – also sollte man sich zusammenreißen und seine Nachbarn ebenfalls in Ruhe lassen.
In diesem Zusammenhang ist immer wieder von Ruhezeiten die Rede. Eine bundesweit einheitliche Regelung, ob und welche Ruhezeiten gelten, existiert jedoch nicht. Je nach Bundesland oder Gemeinde gibt es aber z. B. Ruhezeiten-Verordnungen. Auch enthalten Mietverträge bzw. Hausordnungen regelmäßig Ausführungen über die einzuhaltenden Ruhezeiten. „Eingebürgert“ haben sich vielerorts allerdings eine Nachtruhe von 22 – 7 Uhr und eine Mittagsruhe von 13 – 15 Uhr. Ferner sollte es an Sonn- und Feiertagen ganztägig ruhig bleiben.
Lautstarke Hausreinigungen, Handwerksarbeiten – wie etwa Bohren bzw. Hämmern –, Feiern oder beispielsweise auch das Rasenmähen sind daher während der Ruhezeiten tabu bzw. auf Zimmerlautstärke zu reduzieren. Gleiches gilt für laute Musik – und zwar nicht nur, wenn sie aus der Musikanlage kommt. Musiker sollten ihre Übungszeiten daher außerhalb der Ruhezeiten legen und die zulässige Übungsdauer nicht überschreiten. Auch sollte die etwaige Hellhörigkeit der Räumlichkeiten berücksichtigt werden. So beträgt die zulässige Übungsdauer etwa beim Klavierspielen montags bis samstags jeweils zwischen eineinhalb und drei Stunden. Vermieter dürfen das Musizieren allerdings nicht komplett verbieten, jedoch die Übungsdauer im Mietvertrag individuell einschränken.
Übrigens: Bereits kurzzeitige Lärmbelästigungen – also gegebenenfalls auch nur einige Minuten – können je nach Intensität zur Störung des Hausfriedens führen und, vor allem nach einer Abmahnung, eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen (AG Spandau, Urteil v. 07.03.2014, Az.: 3 C 122/13).
Geräusche in Zimmerlautstärke sind hinzunehmen
Der Geräuschpegel darf die zulässige Zimmerlautstärke grundsätzlich nicht überschreiten. Das gilt vor allem während der Ruhezeiten. Aber auch in der Zwischenzeit dürfen Mieter nicht lärmen und ihre Mitmenschen belästigen. Wann noch von Zimmerlautstärke auszugehen ist, ist gesetzlich allerdings nicht geregelt und wird damit uneinheitlich beurteilt.
Einerseits soll eine genaue Angabe in Dezibel nicht nötig sein – so sei die Zimmerlautstärke bereits überschritten, wenn der Lärm auch in der Nachbarwohnung gehört werden kann. Andererseits ist das Lärmempfinden sehr subjektiv, auch können Geräusche je nach Bauart und Lage der Wohnung stärker vernommen werden – es bedürfe daher eindeutig messbarer Grenzwerte. Aus diesem Grund werden häufig Werte aus der TA-Lärm herangezogen – in einem reinen Wohngebiet beispielsweise sollte der Lärm tagsüber demnach 50 Dezibel und nachts 35 Dezibel nicht überschreiten.
Damit gilt, dass Geräusche in Zimmerlautstärke stets hinzunehmen sind. Nächtliches Duschen oder Wäschewaschen ist in Maßen zulässig. Gerade Berufstätigen, die tagsüber oder abends arbeiten, muss schließlich auch die Möglichkeit gegeben werden, ihre Wäsche und natürlich sich selbst zu waschen. Auch mit übrigen Alltagsgeräuschen – wie z. B. Toilettenspülung, Türknallen oder Laufgeräuschen – müssen Mieter grundsätzlich auch während der Ruhezeiten leben, sofern sie ein zumutbares Maß nicht überschreiten.
Auch gegen Kinderlärm, der bisweilen die Zimmerlautstärke deutlich überschreitet, kann der geplagte Mieter grundsätzlich nichts unternehmen. Lärm gehört nämlich zur normalen Entwicklung von Kindern und ist eine eigene Ausdrucksform ihres Spiel- und Mitteilungsdrangs. Außerdem lassen sich gerade kleine Kinder und Babys nicht davon abhalten, auch mal lauthals loszuschreien. Dennoch dürfen Eltern ihre Kinder nicht einfach gewähren lassen – vor allem, wenn ein Kind schon etwas älter und einsichtsfähiger ist, müssen Eltern auch mal für Ruhe sorgen.
Rechte des lärmgeplagten Mieters
Bei lärmbedingten Problemen mit dem Nachbarn sollte man natürlich erst einmal das Gespräch mit ihm suchen – vielleicht wusste der bisher nicht, dass seine Musik oder sein Fernseher auch in der Nachbarwohnung zu hören ist.
Hilft auch das nicht weiter, sollte man zunächst ein sog. Lärmprotokoll führen und den Vermieter über den Sachverhalt informieren. Der Lärm stellt nämlich unter Umständen einen Mangel dar, der zur Mietminderung berechtigt. Hierzu muss man den Mangel aber dem Vermieter anzeigen und ihn zur Abhilfe auffordern. Erst wenn der Vermieter infolgedessen untätig bleibt, darf die Miete gemindert werden. Die Höhe der Minderung hängt unter anderem davon ab, wie intensiv die Lärmbelästigung ist.
Ein Mangel kann übrigens selbst dann vorliegen, wenn der Mieter den lärmenden Nachbarn hört, obwohl der die Zimmerlautstärke einhält. Das wäre z. B. der Fall wenn bei Errichtung des Gebäudes bzw. einem Umbau maßgebliche technische Normen nicht eingehalten wurden, was beispielsweise zur Hellhörigkeit in der/den Wohnungen führte.
Fazit: Laute Nachbarn zerren oft an den Nerven von Mietern. Die sollten daher dokumentieren, wann und wie lange sie vom Nachbarn gestört wurden und den Vermieter informieren. Bevor der allerdings eingeschaltet wird, sollte man versuchen, sich friedlich mit dem Nachbarn zu einigen – man muss schließlich auch zukünftig mit ihm unter einem Dach leben.
(VOI)
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