Mietvertrag und Schönheitsreparatur.... neue Urteile des BGH (VIII ZR 163/18; VIII ZR 270/18)

  • 3 Minuten Lesezeit

Mit zwei Urteilen vom 8. Juli 2020 hat der BGH seine Rechtsprechung zu der Verantwortlichkeit für die Durchführung von Schönheitsreparaturen bei Überlassung einer unrenovierten Wohnung ohne angemessenen Ausgleich fortgeführt.

(BGH VIII ZR 163/18; BGH VIII ZR 270/18).

Mit meinem Beitrag vom 5.06. hatte ich bereits über die beiden Entscheidungen des Landgerichts Berlin berichtet, welche dem BGH nun zur Überprüfung vorlagen. 

Zur Erinnerung:

Eine Kammer des LG Berlin hatte die Auffassung vertreten, bei Überlassung einer unrenovierten Wohnung und der hieraus folgenden Unwirksamkeit der sogenannten Schönheitsreparatur – Klausel im Mietvertrag gelte die gesetzliche Regelung, sodass der Vermieter bei Verschlechterung des Zustandes der Mietsache die Wohnung auf eigene Kosten renovieren müssen. Es sei auch kein Hindernis, dass mit der Renovierung eine wesentliche Verbesserung des Zustandes der Mietsache gegenüber dem Zustand bei Mietbeginn eintrete. Der Vermieter müsse sich das im Mietvertrag festgehaltene – jedoch unwirksame – Renovierungsprogramm zulasten des Mieters „spiegelbildlich“ vorhalten lassen (!?).

Eine andere Kammer des Landgerichts Berlin kam dagegen zu dem Ergebnis, dass der Mieter den unrenovierten Zustand bei Mietbeginn als vertragsgemäß akzeptiert habe. Folglich könne er keine Schönheitsreparaturen von dem Vermieter verlangen.

Die von dem BGH gefundene Lösung erscheint inhaltlich überzeugender:

Der VIII Senat des BGH bestätigt zunächst seine bisherige Rechtsprechung: In Fällen der Überlassung einer unrenovierten Wohnung und einem fehlendem angemessenen finanziellen Ausgleich ist eine zugleich vereinbarte Schönheitsreparatur- Klausel zulasten des Mieters unwirksam und führt zur Geltung der gesetzlich normierten Erhaltungsverpflichtung des Vermieters (§ 535 Absatz 1 Satz 2 BGB).

Diese Rechtsprechung wird sodann wie folgt erweitert :

Der vertragsgemäße Zustand, welchen der Vermieter hierbei zu erhalten hat, ist der Zustand im Zeitpunkt der Überlassung!

Weder muss sich der Vermieter ein Renovierungsprogramm zulasten des Mieters spiegelbildlich vorhalten lassen, noch scheiden Ansprüche des Mieters wegen der Akzeptanz des unrenovierten Zustandes im Zeitpunkt der Überlassung aus.

Vielmehr trifft den Vermieter eine Instandhaltungspflicht, wenn sich der anfängliche Dekorationszustand wesentlich verschlechtert hat, wobei der BGH hiervon bei einem Zeitablauf seit Mietbeginn – ohne zwischenzeitlicher Renovierung – von 14 bzw. 25 Jahren ausgeht.

Diese Bezugnahme auf einen Vergleich zwischen aktuellem Zustand und Zustand zum Zeitpunkt des Mietbeginn erscheint mir zutreffend und dem gesetzgeberischen Willen und der gesetzlichen Systematik wesentlich mehr zu entsprechen, als die Lösungsansätze der beiden Kammern des LG Berlin.

Zutreffend ist auch der Hinweis des BGH, dass die Wiederherstellung des (vertragsgemäßen) Anfangszustandes in der Regel nicht praktikabel , insbesondere wirtschaftlich nicht sinnvoll und letztlich auch nicht im Interesse vernünftiger Mietvertragsparteien ist.

Der Ansatz, dass ein Begehren auf Herstellung des anfänglichen – vertragsgemäßen „unrenovierten“ Zustandes nicht praktikabel ist, erscheint mir offensichtlich. Dies würde bedeuten, es müsste ein bestimmter Abnutzungszustand einer Wohnung hergestellt werden. Das ist kaum möglich.

Somit führt der BGH folgerichtig aus, dass allein eine Durchführung von Schönheitsreparaturen mit dem Ergebnis der Herstellung eines frisch renovierten Zustandes sach – und interessensgerecht sei. Damit würde der Vermieter aber auch mit den Kosten belastet, die für die Herstellung eines besseren als dem vertragsgemäßen Zustand bei Mietbeginn aufgewandt werden. Diese Besserstellung des Mieters erfordere nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), die Interessen der Vertragsparteien in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.

Nach der Vorstellung des BGH hat dies in der Weise zu erfolgen, dass der Mieter von dem Vermieter eine „frische“ Renovierung verlangen kann, sich aberseinerseits in einem angemessenen Umfang an den dafür erforderlichen Kosten zu beteiligen hat. Soweit keine Besonderheiten vorliegen, würde dies regelmäßig eine hälftige Kostenbeteiligung bedeuten!

Der Vermieter kann die Vornahme der Schönheitsreparaturen so lange zurückhalten, bis der Mieter einen angemessenen Vorschuss bereitgestellt hat.

Die Argumentation des BGH ist überzeugend und trifft die Rechtslage und die Interessen der Parteien.

Ob nun in der Praxis die Mieter im Hinblick auf die hälftige Kostenbeteiligung tatsächlich die Vornahme von Schönheitsreparaturen von dem Vermieter einfordern werden, bleibt abzuwarten.

Das Urteil gibt auch Anlass, weitere Fragen aufzuwerfen: Was ist eigentlich, wenn der Mieter in der Vergangenheit in dem unzutreffenden Glauben der Wirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel bereits selbst auf eigene Kosten Schönheitsreparaturen vorgenommen hat. Eine Verschlechterung des augenblicklichen Zustandes gegenüber dem Zustand bei Mietbeginn wird dann schwerlich festzustellen sein. Kann der Mieter dann zumindest für die Vergangenheit anteilige Erstattung verlangen. Schließlich war er nicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet.

Die Entscheidung des BGH hat somit eine wichtige Klarstellung der Konsequenzen aus der bisherigen Rechtsprechung gebracht, ein Ende der Auseinandersetzungen um die Frage der Schönheitsreparaturen ist damit aber nicht in Sicht.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Andreas Wöhler

Beiträge zum Thema