Missbrauch von Kreditkarten / Girokarten – wenn Karte und PIN aus Post/Briefkasten entwendet werden

  • 6 Minuten Lesezeit

Leider kommt es anscheinend immer häufiger vor, dass bei postalischem Zusenden einer Kreditkarte oder einer Girokarte und anschließendem Zusenden der dazugehörigen PIN durch das Kreditinstitut die Bankkarte und PIN entweder überhaupt nicht erst in den Briefkasten des Bankkunden gelangen oder dass systematisch Karte und PIN aus dem Briefkasten entwendet werden. Mit Karte und PIN können dann die Diebe den Verfügungsrahmen der Kreditkarte beziehungsweise des Girokontos ausnutzen und Geld abheben oder damit auf Einkaufstour gehen. Der Bankkunde merkt von alledem mitunter erst dann etwas, wenn er die monatliche Kreditkartenabrechnung in den Händen hält. Es ist dann natürlich sehr ärgerlich, wenn das Kreditkarteninstitut plötzlich innerhalb von 10 Tagen 2.500 € von einem verlangt.

Laut einer Erhebung von Stiftung Warentest von Februar 2018 gehen bis zu 2.000 Karten jährlich allein in Berlin „verloren“, Tendenz steigend. Obwohl den Banken bekannt ist, dass die Versendung von Bankkarten und dem dazugehörigen PIN die wohl risikobehaftete Methode darstellt, weichen weiterhin so gut wie alle Banken nicht davon ab, PIN und Karte per Briefpost zu senden, anstatt eine Abholung in der Filiale oder zumindest eine Sendung per Einschreiben zu ermöglichen. Und realisiert sich dann ein solches Risiko, dann versuchen die Banken dieses von ihr selbst gesetzte Risiko mit der Begründung auf den Kunden abzuwälzen, dass dieser nicht rechtzeitig den nicht Empfang seiner Bank gemeldet hat.

Oftmals lehnen die Banken beziehungsweise Kreditinstitute die Erstattung der unautorisierten Abbuchungen mit der Begründung ab, dass laut Kontoeröffnungsantrag der Bankkunde verpflichtet sei, sich bei seiner Bank zu melden, wenn die Kreditkarte nach 14 Tagen nicht angekommen ist und der Bankkunde diese 14 Tage hat verstreichen lassen, so dass die notwendigen Meldung und damit verbundene Kartensperre nicht rechtzeitig erfolgen konnte.

Wie ist die rechtliche Lage bei derartigem Kreditkartenmissbrauch? Es kommt darauf an, wen ein Verschulden trifft!

Den oben geschilderten Sachverhalt muss man in zwei Sachverhalte aufteilen, erklärt Rechtsanwalt Sascha C. Fürstenow: Entweder gelangen Kreditkarte und PIN überhaupt nicht erst in den Briefkasten des Bankkunden oder beides gelangt in den Briefkasten des Bankkunden, wird jedoch daraus widerrechtlich entwendet. Tatsächlich wird sich schwer nachweisen lassen, ob das eine oder das andere verwirklicht wurde, sofern der Briefkasten nicht offensichtlich durch Gewalteinwendung geöffnet wurde. Der Bankkunde stellt letztendlich ja nur fest, dass er keine Kreditkarte bzw. Girokarte und auch keine PIN erhalten hat.

Kreditkarte bzw. Girokarte und PIN gelangen überhaupt nicht in den Herrschaftsbereich (Briefkasten) des Bankkunden

Solange Kreditkarte bzw. Girokarte und/oder PIN nicht in den Herrschaftsbereich des Kunden gelangt sind, trägt das Kreditinstitut bzw. die Bank die Sendegefahr, § 675m Abs. 2 BGB. Das Kreditinstitut trägt dafür die Verantwortung, alles Erforderliche und wirtschaftlich Zumutbare dazu beizutragen, damit das Zahlungsauthentifizierungsinstrument sicher versendet wird, nicht missbraucht wird und eventuelle Schäden gering gehalten werden. In der Regel hat das Kreditinstitut nachzuweisen, dass Kreditkarte und/oder PIN tatsächlich dem Bankkunden (durch Ablegen in dessen Briefkasten) zugegangen sind. Solange ein solcher Nachweis nicht geführt wird, bleibt einzuwenden, dass Kreditkarte bzw. Girokarte und PIN nicht in den eigenen Briefkasten eingeworfen wurden, so Rechtsanwalt Fürstenow.

Dass eine Kreditkarte bzw. Girokarte mit der dazugehörigen später versendeten PIN beide durch einen „Posträuber“ auf dem Postweg entwendet wurde, wird dadurch ermöglicht, dass zum einen die Kreditinstitute teilweise recht zeitnah nach Versendung der Kreditkarte bzw. Girokarte die PIN hinterher senden, zum anderen, dass in den letzten Jahren immer häufiger die Post nicht mehr zeitnahe zugestellt wird, sondern teilweise mehrere Tage gesammelt wird. Damit ist es durchaus möglich, dass Kreditkarte bzw. Girokarte und PIN in den selben „Postsack“ wandern, der dann gestohlen wird oder dass zeitgleich Karte und PIN in den Briefkasten gelangen.

So ist zum Beispiel ein Fall zu nennen, wo die Consors Finanz schon drei Tage nach vermeintlichem Absenden der Kreditkarte die PIN hinterhergesendet haben wollte, und das auch noch während der Vorweihnachtszeit. Nach hiesiger Auffassung stellt dies eine Verletzung der gesetzlichen Pflicht aus § 675m BGB dar.

Kreditkarte bzw. Girokarte und PIN gelangen in den Herrschaftsbereich (Briefkasten) des Bankkunden

Sind Kreditkarte bzw. Girokarte und/oder PIN in den Herrschaftsbereich des Bankkunden gelangt, also in den Briefkasten geworfen worden, so treffen auch den Bankkunden nach § 675l BGB bestimmte Pflichten. Grundsätzlich ist der Bankkunde für die Sicherheit seines Herrschaftsbereichs, also seines eigenen Briefkastens, verantwortlich. Nach hiesiger Auffassung kann diese jedoch doch nicht so weit führen, dass der Bankkunde über die üblichen Vorkehrungen eines verschließbaren Briefkastens weitere Vorkehrungen treffen, insbesondere nicht eine lückenlose Sicherheit seines Briefkastens gewährleisten. Dies wäre unverhältnismäßig im Hinblick darauf, dass die Kreditinstitute andere Möglichkeiten haben, Kreditkarte bzw. Girokarte und PIN ihrem Bankkunden zur Verfügung zu stellen, meint Rechtsanwalt Sascha C. Fürstenow. Hierzu unten mehr. Der Bankkunde kann zum Beispiel gegen systematisches Ausspionieren seines Briefkastens nichts unternehmen. Er kann sich nicht 24 Stunden auf die Lauer legen. Einen Rundumschutz kann und braucht der Bankkunde nicht gewährleisten.

Wie sollten sich Bankkunden in jedem Fall verhalten, wenn ihre nicht erhaltene Kreditkarte oder ihre Girokarte missbraucht wurde? Rechtsanwalt Fürstenow rät:

In jedem Fall sollte unverzüglich ab Kenntnis eines solchen Kartenmissbrauch das Kreditinstitut darüber informiert werden. Mit dem Kreditinstitut wäre dann abzustimmen, ob der Bankkunde oder das Kreditinstitut selbst Strafanzeige gegen Unbekannt erhebt oder ob das Kreditinstitut eine Strafanzeige für entbehrlich hält.

Um den eigenen Kontroll- und Nachforschungspflichten nachzukommen sollte sich der Kunde im Falle des Nichterhalts einer erwarteten neuen Kreditkarte, bestenfalls nach einer Woche beim Kreditinstitut nach dem Verbleib dieser erkundigen, um eine eigene mögliche Haftung im Falle eines Missbrauchs bereits früh ausschließen zu können. Diese Erkundigung sollte dokumentiert werden, also diese Anfrage sollte mindestens per E-Mail an die eigene Bank beziehungsweise Kreditkarteninstitut erfolgt sein, rät RA Fürstenow.

In jedem Fall sollten es sich Bankkunden nicht gefallen lassen, wenn ihr Kreditinstitut oder ihre Bank sich weigert, den entstandenen Schaden zu ersetzen und den durch den Kartenmissbrauch entstandenen negativen Saldo des Bankkunden auszugleichen.

Was könnten die Kreditinstitute und Banken tun, um derartigem Kreditkartenmissbrauch vorzubeugen?

Den Kreditinstituten stehen bei Weitem sicherere Methoden zur Verfügung, ihren Bankkunden Kreditkarte bzw. Girokarte und PIN zur Verfügung zu stellen. So könnte eine Kreditkarte oder eine Girokarte mit dem sogenannten Postident-Verfahren versendet werden, wonach sich der Bankkunde in einer Postfiliale mit seinem Personalausweis zu identifizieren hat, um die Karte in Empfang nehmen zu können. Oder die Bank lässt sich vom Bankkunden bestätigen, dass er die Karte erhalten hat, bevor die PIN versendet wird. Oder die Banken könnten dem Bankkunden anbieten, sich seine Kreditkarte oder Girokarte in einer Filiale seiner Bank abzuholen. Selbst Direktbanken kooperieren häufig mit stationären Banken und könnten einen solchen Service zur Sicherheit ihres Bankkunden anbieten. Dennoch halten Kreditinstitute, wie etwa die Berliner Sparkasse, an dem unsicheren, aber kostengünstigsten einfachen Postwege fest. Diese Kostenersparnis darf aber nicht zulasten des Bankkunden gehen.

Opfer eines Kreditkartenmissbrauchs – was Sie tun können

Wenn auch mit Ihrer Kreditkarte oder Girokarte missbräuchlich Abbuchungen vorgenommen wurden und das Kreditkarteninstitut oder ihre kontoführende Bank den belasteten Betrag nicht gutschreibt, können Sie sich gerne an Rechtsanwalt Sascha C. Fürstenow wenden.

Diese Informationen sind wichtig:

  • Handelt es sich in Ihrem Fall um eine Kreditkarte oder um eine Girokarte?
  • In welcher Höhe ist aufgrund unautorisierter Nutzung Ihrer Kreditkarte oder Girokarte ein negativer Saldo entstandenen (Höhe der Abbuchungen)?
  • Kam der Missbrauch dadurch zu Stande, dass Sie Ihre (neue) Kreditkarte oder Girokarte niemals erhalten haben?
  • Wann haben Sie Kenntnis von dem Missbrauch Ihrer Kreditkarte oder Girokarte erlangt?
  • Wann haben Sie den Missbrauch Ihrem Kreditkarteninstitut oder Ihrer Bank angezeigt, Strafanzeige gestellt und Ihre Kreditkarte oder Girokarte sperren gelassen lassen?
  • das Reklamationsschreiben mit den betreffenden Kontoauszügen beziehungsweise Kreditkartenauszügen;
  • die ablehnende Antwort Ihres Kreditkarteninstituts beziehungsweise Ihrer Bank und für den Fall, dass es Besonderheiten gab, die Ihnen im Nachhinein (z. B. bei der Korrespondenz mit der Bank) merkwürdig vorkamen.


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Sascha C. Fürstenow

Beiträge zum Thema