Neuwagen mit Mängeln – Rückgabe oder Nachbesserung?
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Einleitung
Ein Neuwagen steht synonym für ein perfektes Fahrzeug – sollte man meinen. Doch auch Neuwagen können Mängel haben: Sei es direkt bei Übergabe (z. B. Lackfehler, fehlende Ausstattungsmerkmale) oder kurz nach den ersten Kilometern (etwa Elektronikprobleme, Motorstörungen). Für Käufer stellt sich dann die Frage: Kann ich den Neuwagen zurückgeben, oder muss ich mich mit Nachbesserung begnügen? In diesem Beitrag erläutern wir die Gewährleistungsrechte bei Neuwagen und wann eine Rückgabe (Rücktritt) möglich ist. Die Kanzlei [Name] in Bonn berät Sie fachkundig, wie Sie bei Mängeln an Ihrem neuen Fahrzeug am besten vorgehen.
Gewährleistungsansprüche bei Neuwagen – Überblick
Beim Kauf eines Neufahrzeugs haben Verbraucher umfassende Rechte, wenn das Auto nicht dem Vertrag entspricht. Da es sich um Neuware handelt, kann der Verkäufer die Gewährleistung weder ausschließen noch verkürzen – hier gilt die volle gesetzliche Gewährleistungsdauer von 24 Monaten. Innerhalb dieser zwei Jahre steht der Verkäufer dafür ein, dass das Fahrzeug frei von Sachmängeln ist. Ein Sachmangel liegt auch bei einem Neuwagen vor, wenn z. B. die vereinbarte oder übliche Beschaffenheit fehlt. Beispiele: Das Auto hat eine andere als die bestellte Ausstattung, es weist Lackschäden auf, es gibt technische Defekte, oder es entspricht nicht den beworbenen Eigenschaften (z. B. Emissionswerte, Verbrauch).
Tritt ein solcher Mangel auf, haben Käufer folgende Rechte:
- Nacherfüllung (§ 439 BGB): Vorrangig muss der Verkäufer die Gelegenheit erhalten, den Mangel zu beseitigen. Bei Neuwagen bedeutet das in der Praxis fast immer Reparatur (Nachbesserung), da eine Ersatzlieferung (also ein identisches neues Fahrzeug) oft nur theoretisch möglich ist. Zwar kann der Käufer bei erheblichen Mängeln auch eine Neulieferung verlangen – etwa wenn eine bestimmte Serie einen Defekt hat – aber Händler und Hersteller versuchen normalerweise erst zu reparieren. Wichtig: Als Käufer dürfen Sie wählen, ob Sie Reparatur oder Ersatzlieferung wollen, allerdings kann der Verkäufer die gewählte Art verweigern, wenn sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist (§ 439 Abs.4 BGB). Meist wird die Reparatur der günstigere Weg sein.
- Rücktritt oder Minderung (§ 437 BGB): Gelingt die Nachbesserung nicht, oder verzögert sie sich unzumutbar, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern. Bei Neuwagen ist die Schwelle zur Unzumutbarkeit etwas niedriger – Kunden erwarten bei einem Neuwagen zurecht Perfektion. Dennoch muss man in der Regel mindestens zwei Nachbesserungsversuche abwarten, außer ein weiterer Versuch ist nicht zumutbar. Ein Rücktritt führt dazu, dass der Neuwagen zurückgegeben wird und der Kaufpreis erstattet wird, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer. Bei einem fast neuen Auto kann diese Entschädigung gering ausfallen, aber sie existiert.
- Schadensersatz: Zusätzlich kann bei Verschulden des Verkäufers oder Herstellers auch Schadensersatz gefordert werden. Zum Beispiel, wenn durch den Mangel Folgeschäden entstehen oder wenn der Mangel arglistig verschwiegen wurde (was bei Neuwagen selten ist, eher bei Gebrauchten relevant).
Rückgabe des Neuwagens – wann ist ein Rücktritt möglich?
Viele Neuwagenkäufer möchten am liebsten den Wagen umtauschen, wenn sich Probleme häufen – quasi ein neues Exemplar verlangen. Das Gesetz sieht einen solchen Anspruch nur im Rahmen der Nacherfüllung (Ersatzlieferung) vor und auch das nur, wenn es nicht unverhältnismäßig ist. Bei massiven Anfangsproblemen kann eine Ersatzlieferung eines identischen Neufahrzeugs gerechtfertigt sein, etwa wenn der Defekt nicht behebbar scheint. Allerdings wird meist zunächst eine Reparatur erfolgen.
Ein Rücktritt (Rückgabe) des Neuwagens kommt dann in Betracht, wenn:
- Der Mangel erheblich ist: Bei Neuwagen hat nahezu jeder Mangel eine gewisse Bedeutung, aber dennoch gilt: Unerhebliche Mängel (z. B. kleine Lacknase, die leicht beseitigt werden kann) reichen für einen Rücktritt nicht. Schwere technische Mängel, sicherheitsrelevante Defekte oder anhaltende Funktionsstörungen sind erheblich.
- Erfolglose Nachbesserung: Mindestens zwei erfolglose Reparaturversuche wurden unternommen, oder der Verkäufer weigert sich/ist nicht in der Lage zu reparieren in angemessener Zeit. Beispiel: Die Fahrzeugelektronik stürzt immer wieder ab, Werkstatt bekommt es zweimal nicht dauerhaft behoben – hiernach kann man an Rücktritt denken.
- Verkäufer lehnt Nacherfüllung ab: Weigert sich der Händler, überhaupt nachzubessern, oder schiebt er unzumutbar lange Wartezeiten vor (z. B. „kommen Sie in 6 Monaten wieder“), kann das eine sofortige Rücktrittsmöglichkeit begründen, da der Verkäufer seiner Pflicht zur Nacherfüllung nicht nachkommt.
- Unzumutbarkeit: In besonderen Fällen kann schon ein einziger Mangel einen Rücktritt rechtfertigen, wenn er das Vertrauen erschüttert oder lebensgefährlich ist. Beispiel: Ihr Neuwagen hat bei der ersten Fahrt einen Totalausfall der Bremsen – hier könnte argumentiert werden, dass dem Kunden die Nachbesserung nicht zumutbar ist, weil das Vertrauen in das Fahrzeug zerstört ist. Solche Fälle sind selten, aber denkbar.
Bevor Sie den Rücktritt erklären, sollten Sie dem Händler klar kommunizieren, dass Sie mit dem Fahrzeug unzufrieden sind und eine Lösung erwarten. Oft sind Hersteller bei Neuwagen kulant, um Kunden nicht zu verlieren. Es gab Fälle, in denen Hersteller freiwillig ein Austauschfahrzeug gestellt haben, besonders wenn Serienfehler bekannt wurden.
Beachten Sie: Ziehen Sie den Rücktritt, wird der Vertrag rückabgewickelt. Sie müssen dann ggf. mit einer gewissen Wartezeit rechnen, bis Sie ein neues Auto haben – der alte geht zurück, der Kaufpreis kommt zurück, aber ein anderer Neuwagen muss erst beschafft werden (oder Sie kaufen woanders). Kalkulieren Sie dies in Ihrer Entscheidung mit ein.
Nachbesserung – welche Rechte habe ich während der Reparatur?
Entscheiden Sie sich (oder bleibt Ihnen nur) den Weg der Nachbesserung, sollten Sie Ihre Rechte währenddessen kennen:
- Sie haben Anspruch auf eine fachgerechte und zügige Reparatur. Was zügig ist, hängt vom Mangel ab (Lieferzeit von Teilen etc.). Bei Neuwagen sollte der Händler bemüht sein, schnellstmöglich alles in Ordnung zu bringen.
- Für die Dauer der Reparatur können Sie oft verlangen, dass man Ihnen ein Ersatzfahrzeug stellt oder andere Kosten übernimmt. Zwar gibt es keinen automatischen Anspruch auf einen Leihwagen, aber viele Vertragshändler bieten einen Werkstattersatzwagen an. Sollte kein Ersatzfahrzeug gestellt werden und Sie sind auf Mobilität angewiesen, könnten Sie theoretisch einen Mietwagen nehmen und die Kosten als Schadensersatz geltend machen, wenn die Reparatur unangemessen lange dauert.
- Jeder Nachbesserungsversuch sollte dokumentiert werden. Lassen Sie sich Auftrags- und Ergebnisberichte aushändigen. Falls der Fehler wieder auftritt, haben Sie Belege, was versucht wurde.
- Achten Sie darauf, keine vorschnelle Abnahme einer unvollständigen Reparatur zu erklären. Testen Sie das Fahrzeug nach der Werkstatt ausführlich, um sicher zu sein, dass der Mangel weg ist.
Wenn sich abzeichnet, dass die Nachbesserung scheitert, halten Sie Fristen und Kommunikation schriftlich fest.
Beispielsweise:
„Bereits zweimal war das Fahrzeug wegen desselben Mangels in der Werkstatt (siehe Aufträge vom xx.xx.xxxx und xx.xx.xxxx). Leider besteht der Defekt weiterhin. Ich setze Ihnen hiermit eine letzte Frist von 10 Tagen bis zum XX.XX.XXXX, um den Mangel endgültig zu beseitigen. Andernfalls werde ich vom Kaufvertrag zurücktreten.“
So etwas erhöht den Druck und bereitet den Rücktritt sauber vor.
Garantie des Herstellers vs. Gewährleistung
Bei Neuwagen gibt es oft parallel zur gesetzlichen Gewährleistung auch eine Herstellergarantie (z. B. 2 Jahre Neuwagengarantie, manchmal verlängerbar). Diese Garantie ist eine freiwillige Leistung des Herstellers und kann manchmal kulanter sein (z. B. wird auch Verschleiß mit abgedeckt oder es wird länger als 2 Jahre gewährt). Wichtig zu wissen: Die Garantie kann Ihnen zusätzliche Rechte geben (etwa kostenlose Reparatur auch nach 2 Jahren), ersetzt aber nicht die Gewährleistung. Sie können als Käufer frei wählen, ob Sie Ansprüche aus der Garantie geltend machen (oft über das Werkstattnetz des Herstellers) oder Ihre Gewährleistungsrechte gegenüber dem Verkäufer (Autohaus) durchsetzen. In vielen Fällen arbeitet das Autohaus eng mit dem Hersteller zusammen, sodass es dem Kunden egal sein kann – Hauptsache, der Mangel wird behoben. Bei gravierenden Fällen (z. B. Rücktritt) müssen Sie sich jedoch an den Verkäufer als Vertragspartner halten; der Hersteller hat mit dem Kaufvertrag zunächst nichts direkt zu tun, außer er wäre selbst Verkäufer.
Wenn der Hersteller allerdings zu langsam agiert oder den Fehler nicht in den Griff bekommt, dürfen Sie natürlich weiterhin den Verkäufer in die Pflicht nehmen. Lassen Sie sich also nicht vom Händler nur auf die Garantie verweisen, wenn Sie eigentlich schon Rücktrittsgründe haben. Die gesetzliche Gewährleistung gibt oft stärkere Mittel (Rücktritt, Minderung) als die Garantie, die meist nur Reparaturen vorsieht.
Fazit: Handeln im Falle von Neuwagenmängeln
Auch ein Neuwagen ist kein Garant für Problemfreiheit. Wichtig ist, dass Sie Ihre Rechte als Verbraucher kennen. Im Regelfall wird ein Mangel am Neuwagen durch Reparatur behoben und die Sache hat sich damit erledigt. Treten jedoch wiederholt Probleme auf oder zeigt sich der Händler unkooperativ, sollten Sie über einen Rücktritt nachdenken. Dokumentieren Sie Mängel und Reparaturversuche sorgfältig, um im Ernstfall gewappnet zu sein.
Unsere Empfehlung: Sprechen Sie frühzeitig mit dem Verkäufer/Händler über Ihre Erwartungen. Viele Händler möchten ihre Kunden zufriedenstellen und werden bei einem defekten Neuwagen zusehen, dass Sie entweder ein einwandfreies Fahrzeug bekommen oder ggf. austauschen. Als Verbraucher stehen Sie durch die Gewährleistung auf der sicheren Seite.
Sollten Sie das Gefühl haben, Ihr Anliegen wird nicht ernst genommen, oder die Mängel werden nicht behoben, zögern Sie nicht, rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Gerne prüfen wir Ihren Fall und machen gegebenenfalls gegenüber dem Händler Ihren Anspruch auf Rücktritt bzw. Rückabwicklung (früher: Wandlung) geltend. Wir sorgen dafür, dass Sie am Ende entweder einen mängelfreien Neuwagen fahren oder Ihr Geld zurückerhalten. Sprechen Sie uns an – wir unterstützen Sie, damit Ihr Neuwagen auch wirklich „neu“ und ohne Mängel ist.
Gerne beraten wir Sie in allen Fragen rund um das KFZ-Recht und die Rückabwicklung von Fahrzeugkaufverträgen und vertreten Sie in NRW (Bonn, Euskirchen, Sankt Augustin, Sinzig, Koblenz, Hürth etc. und im Raum Köln) sowie bundesweit.
Kontaktieren Sie uns - gerne über das Kontaktformular bei anwalt.de oder über die Internetpräsenz unserer Kanzlei.
Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel stellt keine vollständige rechtliche Beratung dar und ersetzt nicht das persönliche Gespräch mit einem qualifizierten Anwalt.

Philip Bafteh
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