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Obstklau – Verbotene Früchte oder Ernte erlaubt?

  • 5 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
  • Die Straftat Mundraub ist schon seit Jahrzehnten abgeschafft.
  • Dennoch kann die unerlaubte Ernte strafbar sein.
  • Früchte gehören nicht immer dem Grundstückseigentümer.

Süße Erdbeeren, knallrote Kirschen, knackige Äpfel, frisches Obst verlockt einfach zum Reinbeißen. Am besten schmeckt‘s gleich vom Baum, Feld oder Strauch. Aber auch wenn Mundraub schon lange nicht mehr strafbar ist, gibt es „verbotene Früchte“, die man kennen sollte.

Nur ein Apfel kann schon zu viel sein

So gut wie jeder kann sich denken: Was auf fremden Grundstücken wächst, gehört jemandem. Dafür braucht es keinen Zaun oder Verbotsschilder. Auf der Obstwiese ist die unerlaubte Selbstbedienung also erstmal genauso tabu wie vom Erdbeerfeld oder Apfelbaum am Wegesrand. Auch Gedanken wie „das Obst verdirbt sonst eh“ oder „es ist ja nur ein Apfel“ beruhigen zwar das Gewissen, rechtfertigen jedoch nicht den Griff danach. Auch wenn jeder nur einen Apfel oder eine Erdbeere nimmt, sind Baum oder Feld schnell leer.

Nur herrenlose bewegliche Sachen darf sich jeder aneignen. Beweglich ist eine Sache, wenn sie kein Grundstück oder Grundstücksbestandteil wie z. B. ein Baum ist. Dieser ist keine bewegliche Sache. Die daran hängenden Früchte gelten jedoch als beweglich, weil sie sich durch das Pflücken leicht von ihm trennen lassen. Erst recht ist der von selbst vom Baum herabgefallene Apfel eine bewegliche Sache. Schwieriger herausfinden lässt sich, ob die Früchte auch herrenlos sind. Herrenlos bedeutet, dass es keinen Eigentümer oder Besitzer gibt bzw. mehr an den Früchten gibt, weil er auf darauf verzichtet bzw. ihn aufgegeben hat. Zur Klärung sollte man bei dem nachfragen, dem das Grundstück gehört.

Hilfe leistet dabei auch die Seite mundraub.org, die entsprechende Fundorte zeigt, allerdings ohne Gewähr für die Richtigkeit. Der Name der Plattform „Mundraub“ erinnert an eine heute immer noch gerne im Zusammenhang mit Obst genannte Straftat, die es tatsächlich so schon lange nicht mehr gibt.

Statt Mundraub nun Diebstahl

Bis 1975 enthielt das Strafgesetzbuch (StGB) noch den sogenannten Mundraub. Offiziell hieß das Delikt Verbrauchsmittelentwendung und fand sich im § 370 StGB. Strafbar war danach das Entwenden von Nahrungsmitteln zum alsbaldigen Verbrauch. Einen Mundraub beging danach, wer etwa ein paar Äpfel einsteckte und sie bald danach aufaß. Dem Mundräuber drohten dafür bis zu 150 D-Mark Geldstrafe oder bis zu sechs Wochen Freiheitsstrafe. Mundraub war insofern eine milder bestrafte Form des Diebstahls.

Trotz Abschaffung des Mundraubs ist ein solcher „Obstklau“ auch heute noch strafbar. Sofern die geklauten Früchte weniger als 30 Euro wert waren, handelt es sich jedoch um einen Diebstahl geringwertiger Sachen. Einige Gerichte sehen die Grenze für die Geringwertigkeit auch erst ab 50 Euro erreicht. Bei teureren Früchten wie z. B. Walnüssen sind diese schneller erreicht als beispielsweise bei Zwetschgen. Auf jeden Fall muss der Bestohlene bei einem Diebstahl geringwertiger Sachen einen Strafantrag stellen. Sonst wird die Tat in der Regel nicht verfolgt. Keine Rolle spielt beim Diebstahl, ob man für sich selbst oder für einen anderen geklaut hat. 

Gerade Obstbauern beklagen jedoch das geringe Unrechtbewusstsein und zögern nicht damit. Nicht selten werden Früchte wie Kirschen, Erdbeeren und Nüsse gleich kistenweise geklaut. Und einige auf frischer Tat ertappte Diebe beschimpfen die Eigentümer noch. Zum Diebstahl kommt dann auch noch eine strafbare Beleidigung hinzu. Und war das Grundstück gegen den Zutritt geschützt – z. B. mit einem Zaun – kann auch ein Hausfriedensbruch verwirklicht sein. 

War der Besitzer hingegen mit der „Obsternte“ – ob einem bekannt oder nicht bekannt – einverstanden, liegt kein Diebstahl vor. Es lohnt sich also vorher den Eigentümer und Besitzer freundlich zu fragen, ob er mit der Ernte einverstanden ist. Sitzen wiederum Kinder im Baum und naschen beispielsweise Kirschen, ist das auch ein Diebstahl. Sie müssen allerdings erst mit einer Bestrafung rechnen, wenn sie älter als 14 Jahre sind.

Obst gehört nicht immer dem Eigentümer

Auf einem Grundstück wachsende Bäume und Sträucher gehören grundsätzlich dessen Eigentümer. Das gilt auch für die daran hängenden Früchte. Allerdings kann das Recht daran auch jemand anderem zustehen. Hat ein anderer z. B. einen sogenannten Nießbrauch am Grundstück, dann wird er Eigentümer der Früchte, wenn sie getrennt werden. Wie das geschieht – durch Pflücken, starken Wind oder weil die Früchte einfach reif sind –, spielt dafür keine Rolle. Ebenso kann der Eigentümer das Grundstück verpachtet haben. Dann stehen die Früchte dem Pächter ebenfalls mit der Trennung zu. Er darf sie also ernten. 

Bäume oder Sträucher auf der Grenze

Nun steht so mancher Baum oder Strauch gerne auch mal auf der Grundstücksgrenze. Für die Früchte an einem solchen Grenzbaum oder Grenzstrauch bestimmt § 923 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), dass sie den angrenzenden Nachbarn zu gleichen Teilen gehören. Bei zwei Nachbarn gilt also: halbe-halbe machen bei der Ernte. Treffen am Standort des Gewächses Grundstücke von drei oder mehr Nachbarn aufeinander – z. B. in einer Grundstücksecke – werden die Ernteanteile für die Nachbarn entsprechend kleiner.

Entscheidend fürs Teilenmüssen ist, dass die Grenze auch durch den Stamm bzw. durch den Strauch verläuft. Nur dann ist Teilen angesagt. Denn nur über die Grenze reichende Wurzeln oder Äste reichen nicht. Auch die herüberhängenden Früchte sind tabu. Leer ausgehen muss man als Nachbar dennoch nicht.

Achtung! Willkommener Überfall

Glücklich sein kann, wenn die Früchte von selbst herüberkommen und aufs eigene Grundstück fallen. Das gilt auch, wenn nach einem Sturm einzelne Teile des Baums wie etwa ein Ast auf dem eigenen Grundstück landen. Nur selbst nachhelfen darf man eben nicht.

Ragen störende Äste und Zweige ins eigene Grundstück, kann man dem Nachbarn auch eine Frist setzen. Ob dieser Eigentümer, Mieter oder Pächter ist, spielt keine Rolle. Innerhalb der Frist muss er die herüberragenden Äste entfernen. Solange allerdings Früchte daran hängen, kann der Nachbar das Abschneiden bis nach deren Ernte hinauszögern. Macht er davon keinen Gebrauch und verstreicht die Frist, darf man den Ast samt der Früchte abschneiden und behalten.

Wildwachsende Früchte

Eine gute Nachricht gibt es auch für alle, die gerne wildwachsende Früchte sammeln. Sie darf jeder in geringen Mengen für den Eigenverbrauch ernten. Wer mehr sammeln möchte – gerade zum Weiterverkauf –, braucht eine Genehmigung. Beliebte Sammelobjekte sind Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren und Stachelbeeren aber auch Pilze. Was Sie beim Sammeln beachten sollten lesen Sie im Rechtstipp: Pilze sammeln: Was ist erlaubt?

(GUE)

Foto(s): ©Adobe Stock/kohanova1991

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