Öffentliche Kritik an Ihrem Unternehmen: Was Sie dulden müssen – und was nicht
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Ein kritischer Kommentar auf einer Bewertungsplattform, ein negativer Post in sozialen Medien – im digitalen Zeitalter ist die öffentliche Meinung schnell geäußert und weithin sichtbar. Für Unternehmen kann solche Kritik geschäftsschädigend sein und den guten Ruf gefährden. Doch nicht jede Äußerung müssen Sie als betroffenes Unternehmen oder Freiberufler klaglos hinnehmen. Die entscheidende Frage lautet: Wo verläuft die rechtliche Grenze zwischen erlaubter Meinungsäußerung und einer unzulässigen, rufschädigenden Attacke? Als Ihr erfahrener Partner im Reputationsrecht unterstütze ich Sie dabei, diese Grenzen zu erkennen und Ihre Rechte effektiv durchzusetzen.
Die Grundlage: Das Recht auf freie Meinungsäußerung
Grundsätzlich schützt das Grundgesetz in Artikel 5 Absatz 1 die Meinungsfreiheit. Das bedeutet, dass jeder seine Meinung frei äußern darf. Dieses Recht gilt nicht nur für Privatpersonen, sondern auch Unternehmen können sich darauf berufen (BVerfG, 1 BvR 2566/95). Spiegelbildlich bedeutet dies aber auch, dass Unternehmen öffentliche Kritik in einem weiten Rahmen ertragen müssen. Es lässt sich jedoch nicht pauschal sagen, wann Kritik erlaubt ist und wann sie die Grenze zur Rechtswidrigkeit überschreitet – hier kommt es stets auf den Einzelfall an.
Das Spannungsfeld: Meinungsfreiheit vs. Unternehmensrechte
Wenn eine kritische Äußerung (sei es ein Post, ein Kommentar oder eine Bewertung) dem Grunde nach unter die Meinungsfreiheit fällt, muss eine sorgfältige Abwägung stattfinden. Dabei werden die Rechte des Kritikers gegen die betroffenen Rechte des Unternehmens abgewogen. Aufseiten des Unternehmens stehen insbesondere das Allgemeine Unternehmenspersönlichkeitsrecht und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Diese Rechte schützen den sozialen Geltungsanspruch, das öffentliche Ansehen, den guten Ruf und den wirtschaftlichen Wert Ihres Unternehmens (BGH, XI ZR 384/03). Überwiegen nach dieser Abwägung die Interessen des Unternehmens, ist die Kritik rechtswidrig (BGH, VIII ZR 319/20).
Entscheidend: Werturteil oder Tatsachenbehauptung?
Für die rechtliche Bewertung ist die Unterscheidung zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptungen zentral. Werturteile, auch Meinungsäußerungen genannt, sind durch subjektives Dafürhalten und Stellungnahmen geprägt. Sie sind nicht mit den Kriterien „wahr“ oder „falsch“ überprüfbar und daher grundsätzlich von der Meinungsfreiheit geschützt – selbst wenn sie scharf, überzogen oder polemisch formuliert sind (BGH, VI ZR 39/14). Tatsachenbehauptungen hingegen beziehen sich auf konkrete, nachprüfbare Umstände. Ihre Richtigkeit kann durch Beweismittel überprüft werden (BGH, VI ZR 120/10).
Häufig enthalten Äußerungen sowohl wertende als auch tatsächliche Elemente (sogenannte gemischte Äußerungen). Hier muss geprüft werden, ob sich die Teile trennen lassen, ohne den Sinn zu verfälschen. Ist das nicht möglich, wird die Äußerung im Zweifel als Meinungsäußerung behandelt, um den Grundrechtsschutz möglichst weit zu fassen (BVerfG, 1 BvR 673/18).
Wann überschreitet Kritik die rechtlichen Grenzen?
Auch wenn die Meinungsfreiheit weit reicht, gibt es klare Grenzen. Nicht jede Form der Kritik ist schützenswert.
Wahre Tatsachenbehauptungen: Diese müssen Unternehmen fast immer hinnehmen, auch wenn sie negativ sind (BGH, XI ZR 384/03). Es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, wie z.B. die Verletzung von Loyalitätspflichten (BGH, XI ZR 384/03).
Unwahre Tatsachenbehauptungen: Erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen sind nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Hier überwiegen stets die Interessen des betroffenen Unternehmens (BGH, VI ZR 39/14). Unternehmen müssen sich solche Äußerungen in der Regel nicht gefallen lassen.
Schmähkritik: Hier steht nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die persönliche Diffamierung und Herabwürdigung des Unternehmens im Vordergrund. Eine solche Schmähkritik ist unzulässig (BGH, VI ZR 39/14). Die Hürden für die Annahme von Schmähkritik sind jedoch hoch.
Formalbeleidigung: Darunter fallen Schimpfwörter und grob ehrverletzende Bezeichnungen, die unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt nicht gerechtfertigt sind.
Kritik ohne Grundlage: Eine Bewertung auf einer Plattform kann beispielsweise rechtswidrig sein, wenn nachweislich nie ein Kontakt zwischen dem Bewertenden und dem Unternehmen bestand (BGH, VI ZR 1244/20).
Besonderheiten bei Kritik unter Konkurrenten (UWG)
Wenn Kritik von einem Wettbewerber geäußert wird und eine geschäftliche Handlung darstellt, greift zusätzlich das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Unlauter können insbesondere die Herabsetzung oder Verunglimpfung von Mitbewerbern (§ 4 Nr. 1 UWG), die Verbreitung unwahrer Tatsachen über Mitbewerber (Anschwärzung, § 4 Nr. 2 UWG) oder bestimmte Formen der vergleichenden Werbung (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG) sein. Hier gelten strenge Maßstäbe, um fairen Wettbewerb zu gewährleisten.
Was können Sie gegen unzulässige Kritik tun?
Sind Sie von rechtswidriger Kritik betroffen, stehen Ihnen rechtliche Instrumente zur Verfügung, um Ihren guten Ruf zu schützen. Sie können in erster Linie einen Unterlassungsanspruch geltend machen (§ 1004 BGB analog i.V.m. § 823 BGB). Dieser zielt darauf ab, die konkrete rechtswidrige Äußerung zu löschen und zukünftige Wiederholungen zu verhindern. Wichtig ist, dass der Anspruch sich nur auf die unzulässigen Passagen bezieht; zulässige Teile der Kritik müssen unangetastet bleiben (BGH, VI ZR 340/14).
Darüber hinaus kommen deliktische Schadensersatzansprüche in Betracht (§§ 823, 824, 826 BGB), wenn durch die Kritik ein nachweisbarer Schaden entstanden ist (z.B. entgangener Gewinn, Kosten für die Rechtsverfolgung). Auch ein immaterieller Schaden durch Imageverlust kann ersatzfähig sein, wobei der Nachweis der Kausalität zwischen Kritik und Schaden oft eine Herausforderung darstellt. In bestimmten Fällen, insbesondere bei schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen, kann auch eine Geldentschädigung gefordert werden.
Strafrechtlich können ehrverletzende Äußerungen als Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB) verfolgt werden, insbesondere wenn sie öffentlich erfolgen.
Fazit: Handeln Sie strategisch und kompetent
Öffentliche Kritik ist ein zweischneidiges Schwert. Während berechtigte Meinungsäußerungen hinzunehmen sind, müssen Sie rechtswidrige Angriffe auf Ihren Ruf nicht dulden. Die Abgrenzung ist oft komplex und erfordert eine genaue Prüfung des Einzelfalls sowie der rechtlichen Rahmenbedingungen, einschließlich spezieller Regelungen wie dem Digital Services Act (DSA) für Online-Plattformen oder der presserechtlichen Sorgfaltspflichten für Medien.
Wenn Sie mit negativer öffentlicher Kritik konfrontiert sind, ist schnelles und strategisches Handeln entscheidend. Als Ihr Fachanwalt für IT-Recht mit langjähriger Erfahrung im Reputationsmanagement analysiere ich die Situation kompetent und entwickle eine effektive Strategie zur Durchsetzung Ihrer Rechte.
Kontaktieren Sie mich für eine erste Einschätzung und lassen Sie uns gemeinsam Ihren guten Ruf schützen.


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