Opfer illegaler Straßen-Rennen – wir helfen Geschädigten und Hinterbliebenen!

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Es mehren sich die Berichte in den Medien über verbotene Kraftfahrzeug-Rennen im öffentlichen Straßenverkehr. Wenn nicht der sogenannte Einzel-Raser, der gleichsam ein Rennen gegen die Zeit und sich selbst austrägt, Protagonist derartiger Berichterstattung ist, geht es meist um Teilnehmer eines geplanten oder auch kurzfristig arrangierten Rennens mit zwei oder auch mehreren hochleistungsfähigen Sportwagen. Die höchst riskante und meist nicht im Ansatz mit den Regeln der Straßenverkehrsordnung in Einklang zu bringende Fahrweise der Teilnehmer bringt es mit sich, dass solche (in der Szene so genannte) „street-racings“ oftmals nicht folgenfrei bleiben, sondern zu Unfällen führen, bei denen unschuldige und sich redlich verhaltende Verkehrsteilnehmer unvermittelt geschädigt und/oder verletzt oder gar getötet werden.

Während über die spektakulär wirkenden Fälle und die sich anschließenden Prozessverläufe vor Gericht oftmals umfangreich medial berichtet wird und es zum Teil gar zu öffentlichen Fahndungsaufrufen gegen flüchtige Fahrer kommt, erfahren die Opfer oder deren Hinterbliebene häufig nicht den Beistand, den sie benötigen, und fühlen sich in ihrer schweren Situation allein gelassen. In dem nachfolgenden Beitrag wollen wir darstellen, wie derartig Geschädigten und Angehörigen mit kompetentem anwaltlichem Beistand geholfen werden kann.

 

I.) Übersicht: Renn-Unfälle mit Todes-Folge – leider alles andere als selten

Den traurigen Höhepunkt finden verbotene Events der beschriebenen Art darin, dass es immer wieder auch zu tödlichem Ausgang kommt. Es sei beispielhaft an die letztlich als Mord klassifizierten Renn-Unfälle mit Todesfolge in Berlin im Februar 2016 und in Mörs im April 2019 sowie den (nur) als fahrlässige Tötung eingestuften Fall in Köln im April 2015 erinnert.

Zahlreiche aktuelle Fälle verbotener Rennen mit Todes-Folge werden noch ermittelt und später bei Gericht verhandelt:

Zu erwähnen ist hierfür ein Autorennen in Aachen, bei dem im August 2020 ein 8-jähriges Mädchen umkam, als zwei „Renn-Teilnehmer“ hintereinander ein anderes Fahrzeug in der Linkskurve einer Landstraße überholten, wobei der Zweite frontal mit dem Gegenverkehr kollidierte. Die Mutter des Mädchens sowie deren Lebensgefährte überlebten schwerstverletzt.

Ebenfalls im August 2020 kam es auch in Dresden zu einem Unfall, bei dem ein 6-jähriger Junge verstarb. Wiederum soll dies Folge eines illegalen Autorennens gewesen sein.

Zuletzt kam es erst im Oktober 2020 auf der BAB 66 bei Hofheim im Taunus zu einem weiteren Renn-Unfall, der für eine unschuldige Fahrerin zum Tode führte. Nach aktuellem Kenntnisstand sollen sich mindestens zwei Lamborghini und ein Porsche ein Rennen geliefert haben. Einer der Sportwagen kollidierte auf der Autobahn mit dem Skoda. Beide Fahrzeuge gingen in Flammen auf. Die unbeteiligte Fahrerin verstarb noch an der Unfallstelle.

Die Tendenz zu derartigen Fällen scheint leider steigend zu sein.

Beachtlich ist ein weiterer Fall, der sich am Nachmittag des 01.12.2019 in Würzburg-Heidingsfeld abspielte, als ein 20-jähriger eine gehörlose Fußgängerin mit ihrem Hund beim Überqueren der Straße mit seinem Mietwagen erfasste. Zuvor soll er über eine rote Ampel gerast sein. Das Besondere daran: Glücklicherweise wurde die Frau nur leicht verletzt. Die Staatsanwaltschaft Würzburg erhob gleichwohl gegen den Fahrer Anklage nicht nur wegen gefährlicher Körperverletzung, sondern auch wegen versuchten Mordes.


II.) Opfer-Rechte von Geschädigten und Hinterbliebenen nach verbotenen Kraftfahrzeug-Rennen

1.) Schadensersatz für Sachschäden und Verletzungen

Allgemein bekannt dürfte sein, dass nach Verkehrsunfällen von dem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer Ersatz des erlittenen Schadens beansprucht werden kann. Neben sogenannten materiellen Schadensersatzes (z.B. Fahrzeugschaden, Mietwagenkosten, Sachverständigenkosten, Anwaltskosten etc.) können Verletzte auch sogenannten immateriellen Schaden ersetzt verlangen, namentlich v.a. Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Behandlungskosten etc..

Verstirbt ein nahestehender Angehöriger bei dem Unfall, so können von den Hinterbliebenen in bestimmten Grenzen ebenfalls Forderungen gestellt werden, z.B. Hinterbliebenengeld, Unterhaltsausfall etc..

Die denkbar erscheinenden Ansprüche sind vielschichtig und stets von den Umständen des einzelnen Falls abhängig. Daher würde es den Umfang dieses Beitrags sprengen, wollte man auf jede einzelne Position eingehen. In der Regulierung von Unfallschäden versierte Rechtsanwälte ergründen mit der jeweiligen Mandantschaft die Fakten des konkreten Falls und beraten sodann darüber, wie welche Ansprüche durchgesetzt werden können.


2.) Aktive Mitwirkung im Strafverfahren gegen den Täter: Nebenklage & Adhäsionsverfahren

Leider beschränkt sich zugleich die anwaltliche Beratung oftmals auf diesen zivilrechtlichen Teil. Außenvor bleibt demgegenüber häufig der Hinweis darauf, dass sich unmittelbar Geschädigte bzw. Hinterbliebene getöter (Renn-)Unfall-Opfer regelmäßig an dem Strafverfahren gegen den Verursacher auch aktiv als Nebenkläger beteiligen können (§ 395 Abs.2, Abs.3 Nr.1 StPO).

Durch einen Nebenklage-Beitritt erwächst ihnen eine Vielzahl von Verfahrensrechten wie z.B. Informations- und Akteneinsichtsrechte schon im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, Befragungsrechte, Beweis- und sonstige Antragsrechte im gerichtlichen Hauptverhandlungstermin etc..

Neben den damit einhergehenden Möglichkeiten, den Verlauf und das Ergebnis des Strafverfahrens gegen den „Renn-Fahrer“ mit Hilfe eines eigenen Anwalts zu beeinflussen, geht mit der Erklärung des Beitritts als Nebenkläger(in) zugleich einher, dass man für die gerichtliche Hauptverhandlung professionelle Rückendeckung durch seinen Anwalt erfährt, falls man selbst am Tatort zugegen war und hinsichtlich des Unfallhergangs von der anwaltlichen Verteidigung des Angeklagten im Zeugenstand befragt wird.

Aus unseren langjährigen Erfahrungen im Bereich der Opfer-Vertretung wird immer wieder ersichtlich, dass viele Geschädigte und Hinterbliebene auch besonders daran „zu knapsen“ haben, dass sie den Eindruck bekommen, um sie kümmere sich niemand in hinreichendem Maße. Der Nebenklage-Beitritt führt aus dieser frustrierenden passiven Haltung heraus und hin zu einer aktiven Position im Strafverfahren gegen den Beschuldigten – ein psychologisch sehr wertvoller Unterschied, der bei der Bewältigung des Erlebten helfen kann!

Dabei ist es in gewissen Grenzen sogar möglich, die eigenen Schadensersatzansprüche im Wege eines sogenannten Adhäsionsantrags im Strafverfahren gegen den Beschuldigten geltend zu machen, um sich einen gesonderten Zivilprozess zu ersparen.

Sofern es gewünscht ist, kann der selbst gewählte anwaltliche Nebenkläger-Vertreter auch die Kommunikation mit Presse-Vertretern übernehmen und damit zugleich wiederum die Geschädigten und Hinterbliebenen entlasten.

 

III.) Kosten der anwaltlichen Vertretung von Opfern und Hinterbliebene nach illegalen Rennen

Ist die (alleinige) Schuld des „Renn-Fahrers“ sowie dessen Identität und seine Haftpflichtversicherung festgestellt, so hat Letztere auch die Kosten des Anwalts geschädigter Personen zu erstatten. Häufig kann somit ein Rechtsanwalt ohne eigenes Kostenrisiko damit beauftragt werden, anstehende Schadensersatzansprüche durchzusetzen.

Unter bestimmten Voraussetzungen besteht die Möglichkeit, einen Opfer-Anwalt eigener Wahl auf Staatskosten beigeordnet zu bekommen, um sich als Nebenkläger dem Strafverfahren gegen den Beschuldigten anzuschließen. Insbesondere gilt dies in Fällen, in denen dem Unfall-Verursacher versuchter Totschlag oder versuchter Mord an dem Geschädigten selbst vorgeworfen wird oder es bei dem Unfall zum Tod eines nahestehenden Angehörigen des Antragstellers gekommen ist.

In weniger gravierenden Fällen kann bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen die Möglichkeit einer Prozesskostenhilfe bestehen.

Sofern eine Verkehrsrechtschutzversicherung vorhanden ist, werden die anwaltlichen Kosten für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ebenso wie auch die für die Tätigkeit eines Anwalts im Rahmen des Nebenklageverfahrens häufig von dort übernommen.

 

IV.) Exkurs: Mit welchen Rechtsfolgen gegen die Täter können Opfer und Hinterbliebene rechnen?

Auch wenn es freilich allenfalls ein geringer Trost für oftmals schwere eigene Verletzungen oder gar den Verlust eines lieben Angehörigen sein kann, stellen wir in unserer täglichen Praxis immer wieder fest, dass doch eine gewisse Genugtuung damit verbunden wird, wenn Geschädigte und Hinterbliebene den Eindruck bekommen, dass das Unrecht der „Renn-Fahrer“ mit der erhofften Härte geahndet wird. In diesem Zusammenhang wird häufig die Frage an uns herangetragen, mit was denn der / die Täter zu rechnen hat / haben. Eine pauschale Antwort hierauf zu geben, ist freilich an dieser Stelle nicht möglich, da dafür stets wieder die jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu betrachten sind. Generell kann aber Folgendes angemerkt werden:

Die Teilnahme an illegalen Straßen-Rennen wird in § 315d StGB unter Strafe gestellt.

Kommt es durch ein solches Rennen zur Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen, so ist eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder eine (empfindliche) Geldstrafe vorgesehen (§ 315d Abs.2 StGB).  Bei nur fahrlässiger Tatbegehung reduziert sich die Freiheitsstrafe auf ein Höchstmaß von drei Jahren (§ 315d Abs.4 StGB).

Verursacht der Täter durch die Tat den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bzw. in minder schweren Fällen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren (§ 315d Abs.5 StGB). Eine Geldstrafe kommt dann nicht mehr in Betracht.

Wie schon oben angemerkt, kommt es in letzter Zeit immer häufiger dazu, dass gegen die Teilnehmer illegaler Fahrzeug-Rennen mit Unfall- und Todesfolge Anklage wegen Mordes (§ 211 StGB) erhoben wird, was zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe führen kann.

Sofern ein Täter direkt erfasst wird, wird ihm in der Regel noch am Tattag von der Polizei der Führerschein beschlagnahmt, was zu einem sofortigen Fahrverbot führt. Geschieht dies nicht, kann es auch noch kurz darauf zu einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis kommen, die die gleiche Wirkung entfaltet.

In der späteren Hauptverhandlung ist regelmäßig bei erfolgender Verurteilung davon auszugehen, dass die Fahrerlaubnis entzogen wird (§ 69 Abs.1, Abs.2 Nr.1a StGB). Mindestens wird dann meist in der Praxis eine zwölfmonatige Sperrfrist „abzusitzen“ sein, bevor die Möglichkeit auf Wiedererlangung einer Fahrerlaubnis eröffnet wird.

Fast noch schwerer wiegt für viele Beschuldigte die in Laien-Kreisen weitgehend unbekannte, von den Staatsanwaltschaften aber immer häufiger genutzte Möglichkeit, das von ihnen beim Rennen geführte Fahrzeug einzuziehen (§ 315f StGB), also das Eigentum oder den Besitz hieran zu entziehen.

 

V.) Zusammenfassung: Mit anwaltlicher Hilfe bleiben Opfer und Hinterbliebene illegaler Rennen nicht „auf der Strecke“

Den Genesungsverlauf wegen erlittener Verletzungen und erst recht die Trauer-Bewältigung nach Verlust eines Angehörigen kann einem niemand abnehmen. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen tun betroffene Opfer oder Hinterbliebene aber gut daran, wenigstens in rechtlicher Hinsicht die Hilfe in Anspruch zu nehmen, die ihnen ein versierter Geschädigten- bzw. Opfer-Anwalt bieten kann.

Der Rechtsbeistand bemüht sich dann nicht nur darum, für körperliche und seelische Beschwerden ein Schmerzensgeld durchzusetzen und etwaige materielle Schäden (Fahrzeugschaden etc.) als Folge verbotener Kfz-Rennen mit Unfallfolge ersetzt zu verlangen.

Fast noch wichtiger ist es vielen Betroffenen, sich in ihrer schweren Situation nicht alleingelassen zu fühlen und nicht den Eindruck zu bekommen, alle Welt kümmere sich nur um den oder die Täter. Der Opfer-Anwalt verschafft ihnen im Strafverfahren gegen den / die Renn-Teilnehmer durch Beitritt als Nebenkläger die Möglichkeit zum aktiven Mitwirken am Verfahren und verleiht ihnen „eine Stimme“, sofern sie dies wünschen. Umgekehrt kann er ihnen oftmals als belastend empfundene Anfragen von Presse-Vertretern abnehmen.

Bei Interesse verweisen wir gerne auch auf unsere weiterführenden Anwalts-Tipps zu folgenden Themen:

 

Dr. Sven Hufnagel
Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Dr. Sven Hufnagel vertritt schon seit vielen Jahren bundesweit Opfer und Hinterbliebene als Nebenkläger in Strafverfahren gegen Beschuldigte. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht mit Spezialisierung auf Verkehrsstraf- und Bußgeldverfahren sowie ausgezeichnet als „Top-Anwalt für Verkehrsrecht“ in den FOCUS-Anwaltslisten der Jahre 2015 bis 2020 ist er der kompetente Ansprechpartner für Unfälle nach verbotenen Kraftfahrzeug-Rennen. Unterstützt wird er durch seine auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen spezialisierte Ehefrau und Kollegin, Rechtsanwältin Claudia Hufnagel.

Nähere Informationen finden Sie auf unserer Homepage unter www.anwalt-strafrecht.com.



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