Ordentliche und außerordentliche (fristlose) Kündigung

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Neben den klassischen Wegen der Kündigungen gibt es auch die Möglichkeit, einen Vertrag in beiderseitigem Einverständnis aufzulösen. Viele verfolgen jedoch die nachfolgenden klassischen Wege, da ein Aufhebungsvertrag meist unbekannt ist.

Selbstredend kann man den klassischen Weg verfolgen und außerordentlich bzw. ordentlich kündigen. Bezüglich dieser beiden Varianten bestehen jedoch durchaus Nachteile sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer. 

1. Außerordentliche Kündigung 

Für den Arbeitnehmer liegen die Nachteile der außerordentlichen Kündigung klar auf der Hand. Meist bedeutet die außerordentliche Kündigung den unverzüglichen Verlust und mithin Beendigung des Arbeitsverhältnisses, oft mit der Hinnahme einer Ausschlussfrist/Sperrfrist bezogen auf das ALG I, soweit nach Prüfung der Agentur für Arbeit die Kündigung wirksam und die Sperrfrist gerechtfertigt erscheint. 

Die Nachteile für den Arbeitgeber sind insbesondere, dass die außerordentliche Kündigung nicht grundlos erfolgen kann. 

Es muss daher eine begründete Tatsache vorliegen, wie bspw. eine Störung im betrieblichen Bereich, wie Verstöße gegen die Betriebsordnung, Störungen im Leistungsbereich des Arbeitnehmers (bspw. Arbeitsverweigerung), Störungen im Vertrauensbereich (bspw. Diebstahl am Arbeitsplatz) und andere Gründe. 

Betriebsbedingte Gründe sind selten ausreichend, denn es müsste eine Tatsache vorliegen, dass der Arbeitsplatz weggefallen ist und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch unter Einsatz aller zumutbaren Mittel, bis hin zur Neuorganisierung des Betriebes, nicht weiterbeschäftigen kann. Dies ist oft undenkbar. 

Personenbezogene Gründe hingegen sind häufig ohne schwerwiegendere Probleme nachweisbar. So können bspw. lang andauernde Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, fehlende charakterliche Eignungen, Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe oder Fahrerlaubnisentzug bei Berufskraftfahrern als personenbezogene Gründe ohne Probleme vorgelegt und mit Tatsachen untermauert werden. 

Genauso verhält es sich mit verhaltensbedingten Gründen, wie Diebstahl, Beleidigungen von Vorgesetzten und Kollegen, ausländerfeindlichen Äußerungen, etc. 

Viele Arbeitgeber vergessen dabei, dass bei Gründen, die durch den Arbeitnehmer zukünftig abgestellt werden können, eine vorherige Abmahnung, das heißt, Abmahnung vor fristloser bzw. außerordentlicher Kündigung, notwendig ist. Beispielsweise, wenn der Arbeitnehmer mit fehlender Leistung glänzt. Hier müsste der Arbeitnehmer abgemahnt werden unter dem Hinweis, dass sein derzeitiger Leistungsstandard nicht ausreichend ist und er seine Leistung zu steigern hat. 

Wenn der Arbeitnehmer sodann das Problem abstellt, besteht kein Raum mehr für eine außerordentliche Kündigung. Verweigert er sich dieser Abmahnung, kann sodann nach angemessener Einräumung zur Abstellung der Problematik außerordentlich gekündigt werden. 

Die Voraussetzungen hinsichtlich einer Abmahnung für eine außerordentliche Kündigung kann entfallen bei besonders gravierenden Tatsachen, jedoch eher selten, da eine Abmahnung und ein Abwarten fast immer für den Arbeitnehmer zumutbar sind.

Hier hören jedoch die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung noch nicht auf. Denn es muss noch eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Dabei sind zu beachten die Dauer der Anstellung des Arbeitnehmers, Gewicht und Auswirkung der Pflichtverletzung, Wiederholungsgefahr und Grad des Verschuldens des Arbeitsnehmers. Auch die Zumutbarkeit der weiteren Zusammenarbeit ist entscheidend. 

Man erinnere sich an den Pfandbon-Fall, in dem eine Kassiererin wegen relativer Kleinstbeträge außerordentlich wegen Vertrauensverlustes gekündigt werden konnte und das Bundesarbeitsgericht selbiges unter Empörung der Presse bestätigte. 

Auch die fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer ist möglich. Auch hier ist zu beachten, dass dies nicht grundlos erfolgen kann. Es muss ein Grund vorliegen, wie bspw. sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, etc. Das heißt, auch hier müssen erhebliche Gründe vorliegen. 

Im Weiteren muss bei Kündigungen des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer der Betriebsrat, soweit vorhanden, gehört werden und das Kündigungsschutzgesetz verfahrenstechnisch beachtet werden. 

2. Ordentliche Kündigung 

Eine ordentliche Kündigung ist im weitesten Sinne ohne Begründung beiderseits jederzeit unter Einhaltung der jeweiligen Fristen möglich. 

Zu berücksichtigen ist jedoch durch den Arbeitnehmer zwingend die Dauer der Anstellung des Arbeitnehmers. Dies berechnet nämlich die jeweilige Kündigungsfrist. Das kann im Einzelfall zu einer sehr langen Kündigungsfrist führen, jedenfalls für den Arbeitgeber. Selbiges kann jedoch auch für den Arbeitnehmer gelten, denn im Arbeitsvertrag kann geregelt werden, dass die gesetzliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers auch für den Arbeitsnehmer gelten soll. 

Die gesetzliche grundsätzliche Frist für den Arbeitsnehmer zur Kündigung beträgt einen Monat. Für den Arbeitgeber errechnen sich die Kündigungsfristen gemäß § 622 Abs. 2 (als Bsp. 2 Jahre Arbeitsverhältnis = 1 Monat; 20 Jahre Arbeitsverhältnis = 7 Monate). 

Haben die Parteien des Arbeitsvertrages vereinbart, dass die gesetzlichen Kündigungsfristen des Arbeitsgebers aus § 622 Abs. 2 auch für den Arbeitnehmer gelten sollen und das Arbeitsverhältnis 20 Jahre bestanden und möchte der Arbeitnehmer hier kündigen, müsste er 7 Monate im Voraus kündigen. Dies kann natürlich im Einzelfall für den Arbeitnehmer genauso sich negativ auswirken, wie für den Arbeitgeber, insbesondere dann, wenn ein lukratives Angebot von einem anderen Arbeitgeber in Aussicht steht, jedoch nur bei unverzüglicher Arbeitsaufnahme. 

Ferner ist von Nachteil, dass bei einer ordentlichen Kündigung seitens des Arbeitgebers das Kündigungsschutzgesetz (kurz KSchG) zu beachten ist. Dies jedoch nicht regelmäßig, sondern nur wenn der Arbeitgeber mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt (d. h. 11 Arbeitnehmer) und das Beschäftigungsverhältnis mehr als 6 Monate dauerte. 

Wenn das Kündigungsschutzgesetz einschlägig ist, ist eine Kündigung ohne Grund somit nicht mehr möglich. Die Kündigung liegt in der Person des zu kündigenden Arbeitnehmers in dessen Verhalten oder aufgrund betriebsbedingter Gründe nach erfolgter Sozialauswahl (soziale Rechtfertigung der Kündigung). 

Die benannten Gründe (zumindest einer davon) müssen auch tatsächlich vorliegen. Ein einfaches Behaupten ohne dahinterstehende Substanz rächt sich für den Arbeitgeber sodann spätestens in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren, in dem der dem Gericht genau begründen muss, dass der behauptete Grund auch tatsächlich vorliegt.

Besteht ein solcher Grund nicht und wurde dieser nur behauptet, kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die Kündigung grundlos erfolgte und daher unwirksam war, was dazuführt, dass das Arbeitsverhältnis weiterhin besteht. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet Arbeitsrecht

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