Paukenschlag – die Neufassung der StVO ist offenbar unwirksam --- Update!!!

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---- Update 03.07.2020 -----

Das Thematik ist weiter in Bewegung. Aus mehreren Richtungen wird inzwischen die Ansicht vertreten, dass durch den Zitierfehler die gesamte Änderung der BKatV nichtig ist, also nicht die Aspekte des Fahrverbotes.

Diese Auffassung wird unter anderem vom Bundesverkehrsministerium vertreten. Das maßgebliche Argument dabei ist die Untrennbarkeit von Geldbuße und Fahrverbot bei der Ahndung – was sich auf Delikte ohne Fahrverbot auswirkt.

Sollte sich diese Ansicht wirklich durchsetzen, würde das für die Praxis Folgendes bedeuten:

  • laufende Verfahren vor Erlass eines Bußgeldbescheids

Als Erstes muss geprüft werden, ob die Tat nach der alten BKatV überhaupt geahndet werden
kann. War die Tat bereits vor dem 28.04.2020 im Bußgeldkatalog enthalten, muss die damalige Rechtsfolge gelten. War die Tat nicht enthalten, kann keine Verfolgung stattfinden.

  • noch nicht rechtskräftige Bußgeldverfahren

Wurde schon ein Bußgeldbescheid erlassen und ist die 14-tägige Einspruchsfrist noch nicht verstrichen, sollte umgehend Einspruch eingelegt werden und eine Änderung der Rechtsfolgen verlangt werden. Bei nach der alten BKatV nicht zu ahndenden Delikten sollte eine Verfahrenseinstellung gefordert werden.

Sachstand zum 01.07.2020:

Seit dem 28.04.2020 ist sie nun in Kraft – die StVO-Novelle. Mit ihren erheblich verschärften Strafen soll sie Rasern Einhalt gebieten. So droht bereits bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h innerorts und 26 km/h außerorts ein einmonatiges Fahrverbot.

Nicht nur hiergegen hatten sich in den letzten Monate einiger Widerstand gebildet. Dies führte sogar soweit, dass man seitens des Bundesverkehrsministerium geplant hat, eine Reform der Reform in Gang zu setzen.

Nach überwiegender Meinung, unter anderem auch des ADAC, braucht es solche Überlegung nun nicht mehr. Vielmehr stellt sich die Situation so dar, dass die Reform zum 28.04.2020 bezüglich der Neuregelungen zum Fahrverbot unwirksam sind. Der Grund dafür liegt darin, dass im Rahmen der hierfür erlassenen 54. Änderungsverordnung zur StVO ein Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 80 GG stattgefunden hat. Diese Vorschrift sieht vor, dass in der Änderungsverordnung die zugrundeliegenden Ermächtigungsgrundlagen genannt werden. Dies ist vorliegend offenbar nur für den Bereich „neue Verwarnungen“ und „neue Bußgelder“ geschehen. Allerdings wurde nicht der § 26 a I Nr. 3 StVG benannt. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, um den Bereich der Erweiterung des Regelfahrverbotes zu legitimieren.

Damit können die neuen Regelfahrverbote nicht mehr verhängt werden für folgende Fälle:

  • Geschwindigkeitsübertretungen von 21–30 km/h innerorts
  • Geschwindigkeitsübertretungen von 26–40 km/h außerorts
  • Nichtbilden der Rettungsgasse als Grundtatbestand (also ohne Behinderung/Gefährdung)
  • Befahren der Rettungsgasse durch Unbefugte (alle Tatbestände)
  • gefährliches Abbiegen

Für die Praxis bedeutet dies, dass zwar die erhöhten Bußgelder verhängt werden dürfen, aber das Fahrverbot nicht verhängt werden darf.

Wie stellt sich die Situation im Einzelfall dar?

Offene Verfahren vor Erlass eines Bußgeldbescheides
Die Bußgeldstellen müssen nach Kenntnis der Nichtigkeit die bisherigen Regelungen anwenden, die hier kein Regelfahrverbot vorsahen. Die Verfahren werden nicht eingestellt, sondern § 4 BKatV ist in der alten Fassung anzuwenden. 

Noch nicht rechtskräftige Bußgeldverfahren
Ist bereits ein Bußgeldbescheid erlassen und ist die 14-tägige Einspruchsfrist noch nicht verstrichen, sollte umgehend Einspruch eingelegt werden und eine Änderung der Rechtsfolgen verlangt werden.

Rechtskräftige Bußgeldverfahren
Ist ein Bußgeldbescheid mit einem der oben genannten Fahrverbot bereits rechtskräftig, das Fahrverbot aber noch nicht angetreten, ist Vollstreckungsaufschub bei der Bußgeldstelle unter dem Aspekt der nichtigen Regelung zu beantragen.

Fahrverbote in der Vollstreckung
Befindet sich der Führerschein bereits zur Vollstreckung des Fahrverbotes in amtlicher Verwahrung, ist im Gnadenverfahren die Aufhebung der Entscheidung unter Herausgabe des Führerscheins zu beantragen.

Sie haben einen Bußgeldbescheid nach der Reform erhalten, oder warten noch auf deren Erlass? Melden Sie sich bei uns! Wir prüfen die Sach- und Rechtslage und beraten Sie gerne, um ein drohendes Fahrverbot und bestenfalls das dazugehörige Bußgeld abzuwenden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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