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Pflegebedürftigkeit: Voraussetzungen, Antragstellung und Hilfen

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Pflegebedürftigkeit: Voraussetzungen, Antragstellung und Hilfen

Experten-Autorin dieses Themas

Die Pflegebedürftigkeit ist ein sensibles Thema, mit dem sich früher oder später fast jeder beschäftigen muss: entweder in Bezug auf betroffene Angehörige oder sich selbst. Beim Thema Pflegebedürftigkeit geht es vor allem um die Frage, wie und unter welchen Voraussetzungen eine Pflegebedürftigkeit festgestellt wird und wer im Falle einer Pflegebedürftigkeit die notwendige Unterstützung leistet. Häufig stellen sich Angehörige oder Betroffene die Frage, wie die Pflegebedürftigkeit und die dadurch erforderlichen Pflegeleistungen finanziert werden.  

In diesem Ratgeber erfahren Sie, was Pflegebedürftigkeit bedeutet und wie sie festgestellt beziehungsweise beantragt wird. Zudem geht der Ratgeber auch auf die Fragen ein, welche Hilfen es gibt und welche Formalien hierfür erfüllt werden müssen. 

Wann spricht man von Pflegebedürftigkeit? 

Eine Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn eine Person aufgrund körperlicher, geistiger oder seelischer Beeinträchtigungen Hilfe bei Alltagsaktivitäten benötigt, die sie nicht mehr allein oder nicht mehr vollständig allein bewältigen kann. Solche Alltagsaktivitäten können zum Beispiel das Ankleiden, Waschen oder die Nahrungsaufnahme betreffen. Eine Pflegebedürftigkeit kann sowohl dauerhaft als auch nur vorübergehend bestehen.  

Damit eine Person als pflegebedürftig eingestuft wird, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die von einem Gutachter geprüft werden. Hierfür spielen die sogenannten sechs Module der Pflegebedürftigkeit eine entscheidende Rolle. Die sechs Module beschreiben unterschiedliche Bereiche, die für die Bewältigung des Alltages entscheidend sind. Nur wenn bei mindestens einem Modul ein erheblicher Unterstützungsbedarf besteht, kann die Pflegebedürftigkeit festgestellt werden. 

Welche 6 Module der Pflegebedürftigkeit gibt es und was bedeuten sie? 

Mobilität  

Bei dem Modul der Mobilität geht es um die Frage, ob und in welchem Umfang die betroffene Person körperlich beweglich ist. Es wird geprüft, ob die betroffene Person in der Lage ist, sich innerhalb der eigenen Wohnung allein fortzubewegen, oder ob sie dabei Hilfe benötigt. Es wird zum Beispiel geprüft, ob die Person selbstständig aus dem Bett aufstehen oder Treppen steigen kann. 

Kognitive und kommunikative Fähigkeiten  

Bei dem Modul der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten wird untersucht, ob die betroffene Person in der Lage ist, sich selbst zu orientieren (zum Beispiel die Fähigkeit, die Uhrzeit abzulesen), wesentliche Bedürfnisse zu kommunizieren, Sachverhalte und Informationen zu erfassen sowie Gefahren und Risiken zu erkennen. 

Motorik und Psyche 

Innerhalb des Moduls Motorik und Psyche prüft der Gutachter, ob die betroffene Person an bestimmten auffälligen motorischen oder psychischen Verhaltensweisen leidet. Psychisch auffällige Verhaltensweisen können zum Beispiel Beeinträchtigungen wie starke Ängste oder Depressionen sein. 

Motorische Auffälligkeiten sind demgegenüber Beeinträchtigungen im Bereich der Bewegungsfähigkeit, die sich durch Störungen oder Einschränkungen bei der Koordination und Ausführung von Bewegungen bemerkbar machen. Beispiele für motorische Auffälligkeiten sind etwa Spastik (erhöhte Muskelspannung) oder Tremor (unkontrollierte Zitterbewegungen), die die Ausübung von Alltagsaktivitäten stark beeinträchtigen können.  

Selbstversorgung 

Im Rahmen des Moduls der Selbstversorgung wird untersucht, ob die betroffene Person in der Lage ist, sich selbst zu waschen, anzuziehen und zu pflegen. 

Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen 

Bei diesem sehr wichtigen Modul wird untersucht, ob die betroffene Person in der Lage ist, ihre Medikamente selbstständig einzunehmen, ob sie mit zur Verfügung gestellten Hilfsmitteln umgehen kann, ob sie ärztliche Anweisungen befolgen und umsetzen kann und ob sie bei Bedarf in eine Arztpraxis geht. 

Alltag und soziale Kontakte 

Bei dem Modul Alltag und soziale Kontakte wird vor allem untersucht, ob die betroffene Person in der Lage ist, ihren Alltag und regelmäßigen Tagesablauf eigenständig zu gestalten und ob sie soziale Kontakte pflegen und mit Menschen außerhalb ihres Umfeldes in Kontakt treten kann. 

Pflegebedürftigkeit feststellen: Wie ist der Ablauf? 

Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit erfolgt durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dieser führt eine ausführliche Begutachtung der betroffenen Person durch und erstellt ein Gutachten, in dem die Pflegebedürftigkeit eingestuft wird.  

Dabei wird anhand der sechs Module der Pflegebedürftigkeit untersucht, wie viel Hilfe und Unterstützung die betroffene Person benötigt. Anhand dieser Einschätzung wird dann die Pflegestufe beziehungsweise der Pflegegrad festgelegt. 

Welche Hilfen gibt es bei Pflegebedürftigkeit? 

Es gibt unterschiedliche Hilfen für den Fall, dass eine Pflegebedürftigkeit festgestellt wurde. Die zur Verfügung stehenden Hilfen hängen davon ab, welche Art der Pflegebedürftigkeit festgestellt wurde und in welchem Umfang sie besteht. Die Pflegeversicherung bietet verschiedene Leistungen an, um Pflegebedürftige zu unterstützen. Hierzu zählen insbesondere: 

  • Pflegegeld: Das Pflegegeld ist eine monatliche finanzielle Unterstützung für Pflegebedürftige, die von Angehörigen oder anderen nicht professionellen Pflegekräften betreut werden. 

  • Pflegesachleistungen: Hierbei handelt es sich um Leistungen von professionellen Pflegekräften, die bei Pflegediensten arbeiten und die von der Pflegeversicherung finanziert werden. Dazu zählt beispielsweise die Grundpflege – also die Unterstützung bei der Körperpflege, Ernährung und Mobilität – sowie die notwendige hauswirtschaftliche Versorgung wie zum Beispiel die Reinigung der Wohnung, die Nahrungszubereitung, das Erledigen von Einkäufen oder Wäschewaschen. 

  • Kombinationsleistungen: Bei dieser Leistung handelt es sich um eine Kombination aus Pflegegeld und Pflegesachleistungen. Pflegebedürftige können also sowohl eine finanzielle Unterstützung als auch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. 

  • Pflegehilfsmittel: Pflegehilfsmittel sind Gegenstände, die dazu beitragen, die Selbstständigkeit und Lebensqualität von pflegebedürftigen Menschen zu erhalten oder zu verbessern. Sie können bei verschiedenen Tätigkeiten im Alltag helfen und dadurch die Pflege erleichtern. Zu den Pflegehilfsmitteln zählen beispielsweise Pflegebetten, Rollstühle, Treppenlifte, Gehhilfen, Toilettensitzerhöhungen, Duschstühle sowie spezielles Besteck oder Anziehhilfen. 

  • Heilmittel: Heilmittel sind medizinische Anwendungen, die der Heilung oder Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Funktionsstörungen dienen. Im Rahmen von Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit können Heilmittel insbesondere bei der Rehabilitation und der Wiederherstellung von körperlichen Funktionen oder Mobilität eine wichtige Rolle spielen.  

Konkret zählen zu den Heilmitteln beispielsweise physiotherapeutische Anwendungen, Ergotherapie, Logopädie oder auch medizinische Bäder oder Massagen. Diese können von Pflegebedürftigen in Anspruch genommen werden, um eine Verbesserung ihres Gesundheitszustandes zu erreichen oder eine Verschlechterung zu verhindern. 

Pflegebedürftigkeit beantragen: Das müssen Betroffene und Angehörige wissen 

Um Leistungen der Pflegeversicherung zu erhalten, müssen betroffene Personen die Feststellung der Pflegebedürftigkeit zunächst beantragen. Träger der Pflegekasse ist in den meisten Fällen die gesetzliche Krankenkasse. Der Antrag kann mit einem formlosen Brief, einer E-Mail oder auch einem Telefonanruf gestellt werden. Es genügt die Mitteilung, dass ein Antrag auf Leistungen der Pflegekasse gestellt wird. Wichtig ist vor allem, dass in der Mitteilung der vollständige Name der Person genannt wird, für die die Pflegebedürftigkeit beantragt wird.  

Wurde der Antrag bei der Pflegekasse gestellt, übersendet diese die entsprechenden Unterlagen, die ausgefüllt und zurückgesendet werden müssen. Den Antrag können nicht nur die Betroffenen selbst stellen, sondern auch die Angehörigen der pflegebedürftigen Person sowie Nachbarn oder gute Freunde/Bekannte. In solchen Fällen ist für die Beantragung der Pflegebedürftigkeit jedoch eine Vollmacht des Antragstellers erforderlich.  

Es ist sinnvoll, sich frühzeitig Gedanken darüber zu machen, wer im Falle einer Pflegebedürftigkeit die notwendigen Entscheidungen treffen soll. Hierfür kann eine Vollmacht für den Bereich der Pflegebedürftigkeit erstellt werden. Mit dieser Vollmacht kann eine Vertrauensperson beauftragt werden, Entscheidungen im Bereich der Pflegebedürftigkeit zu treffen. Hierdurch können im Falle einer Pflegebedürftigkeit schnelle und unkomplizierte Entscheidungen getroffen werden. 

Foto(s): ©Adobe Stock/DC Studio

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