Pflichtteil: LG Duisburg stärkt Zuziehungsrecht bei Nachlassverzeichnis (§ 2314 BGB)

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Pflichtteilsberechtigt und Zweifel am Nachlassverzeichnis? 


Als Fachanwältin für Erbrecht erläutere ich ein Urteil des LG Duisburg (11 O 196/23), das Ihr Recht auf Zuzug bei der Inventarerstellung stärkt. Sichern Sie Ihre Ansprüche!

Als Fachanwältin für Erbrecht erlebe ich oft, wie entscheidend ein korrektes Nachlassverzeichnis für die Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen ist. Für Pflichtteilsberechtigte ist es die Basis zur Bezifferung ihres Anspruchs.

Umso wichtiger ist ein aktuelles Urteil des Landgerichts Duisburg vom 7. Mai 2024 (Az. 11 O 196/23), das die Rechte von Pflichtteilsberechtigten – insbesondere das Zuziehungsrecht nach § 2314 BGB – erneut stärkt und die Konsequenzen bei dessen Missachtung aufzeigt.


Der Fall vor dem LG Duisburg (Az. 11 O 196/23)In dem vom LG Duisburg entschiedenen Fall hatte die Klägerin, die Tochter des Erblassers und somit Pflichtteilsberechtigte, ihr Zuziehungsrecht gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB geltend gemacht. Dieses Recht wurde bei der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses jedoch nicht berücksichtigt – sie wurde also nicht zur Aufnahme des Verzeichnisses hinzugezogen.

Das Gericht gab der Klägerin Recht und bestätigte ihren Anspruch auf eine Wiederholung der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses unter Wahrung ihres Zuziehungsrechts.

Entscheidend war hierbei, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt auf ihr Recht verzichtet hatte. Die bloße Nichtbeachtung durch die Erben oder den beauftragten Notar führt nicht zum Erlöschen dieses wichtigen Schutzrechts.


Was genau besagt § 2314 BGB – Ihr Auskunfts- und Zuziehungsrecht?§ 2314 BGB ist eine zentrale Vorschrift im Pflichtteilsrecht. Sie regelt den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erben. 

Dieser Anspruch umfasst:

 * Auskunft über den Bestand des Nachlasses: Der Erbe muss ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände und -verbindlichkeiten vorlegen. 

* Wertermittlung: Auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten muss der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt werden. 

* Zuziehungsrecht bei der Verzeichnisaufnahme (§ 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB): Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, bei der Aufnahme des Verzeichnisses der Nachlassgegenstände (des Inventars) zugegen zu sein. 

Dies gilt insbesondere auch, wenn ein Notar mit der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragt wird.



Warum ist das Zuziehungsrecht so wichtig für Pflichtteilsberechtigte?

Das Recht, bei der Inventarerstellung anwesend zu sein, dient der Transparenz und der Waffengleichheit.


 Es ermöglicht dem Pflichtteilsberechtigten: 

 Kontrolle: Sich persönlich davon zu überzeugen, dass alle Vermögenswerte korrekt und vollständig erfasst werden. 

Hinweise: Gegebenenfalls auf Gegenstände oder Vermögenswerte hinzuweisen, die dem Erben oder dem Notar möglicherweise nicht bekannt sind oder übersehen wurden. 

Vermeidung von Streitigkeiten: Durch die unmittelbare Beteiligung können Unklarheiten oft direkt ausgeräumt und spätere, langwierige Auseinandersetzungen über die Vollständigkeit des Verzeichnisses vermieden werden.


Die Entscheidung des LG Duisburg macht deutlich: Dieses Recht ist nicht nur eine Formalie, sondern ein substantieller Anspruch, der bei Missachtung zur Fehlerhaftigkeit des gesamten Verzeichnisses führen kann.


Was tun, wenn Ihr Zuziehungsrecht missachtet wurde?

Sollten Sie als Pflichtteilsberechtigter Ihr Recht auf Zuziehung geltend gemacht haben und dieses wurde – wie im Fall vor dem LG Duisburg – ignoriert, ist das erstellte Nachlassverzeichnis fehlerbehaftet.


Sie haben dann in der Regel Anspruch auf: 

* Erneute Erstellung des Nachlassverzeichnisses unter Ihrer Mitwirkung.

 * Die Kosten für die (erneute) Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses trägt grundsätzlich der Nachlass, also die Erben.Es ist ratsam, Ihr Zuziehungsrecht frühzeitig und nachweisbar (z.B. schriftlich per Einschreiben) gegenüber dem Erben oder dem beauftragten Notar geltend zu machen. 

Als Ihre Fachanwältin für Erbrecht unterstütze ich Sie hierbei gerne.


Haben Sie als Pflichtteilsberechtigte/r Fragen zu Ihrem Auskunftsanspruch, speziell zum Zuziehungsrecht nach § 2314 BGB, oder wurde Ihr Recht auf Anwesenheit bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses missachtet? 

Zweifeln Sie an der Vollständigkeit der Ihnen vorgelegten Informationen und benötigen Sie professionelle Unterstützung zur Durchsetzung Ihrer Pflichtteilsansprüche?

Als Ihre Fachanwältin für Erbrecht stehe ich Ihnen mit meiner Expertise und Erfahrung engagiert zur Seite. 

Ich helfe Ihnen, Ihre Rechte zu verstehen und effektiv durchzusetzen.

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FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Zuziehungsrecht


1. Was ist das Zuziehungsrecht nach § 2314 BGB genau?

Das Zuziehungsrecht gibt Ihnen als Pflichtteilsberechtigtem das Recht, bei der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses (Inventar) persönlich anwesend zu sein. Dies soll sicherstellen, dass das Verzeichnis vollständig und korrekt erstellt wird.2. Wer hat Anspruch auf das Zuziehungsrecht?Anspruchsberechtigt sind Pflichtteilsberechtigte. Das sind in der Regel die Abkömmlinge (Kinder, Enkel), der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und unter Umständen die Eltern des Erblassers, die von der Erbfolge ausgeschlossen wurden.3. Was passiert, wenn ich mein Zuziehungsrecht geltend mache, aber nicht eingeladen werde?Wie das Urteil des LG Duisburg zeigt, ist das erstellte Nachlassverzeichnis dann fehlerhaft. Sie können in der Regel verlangen, dass die Aufnahme des Verzeichnisses unter Ihrer Anwesenheit wiederholt wird. Hierbei unterstütze ich Sie als Ihre Fachanwältin.4. Kann ich auf mein Zuziehungsrecht verzichten?Ja, ein Verzicht ist möglich. Dieser sollte jedoch ausdrücklich und idealerweise schriftlich erfolgen, um Missverständnisse zu vermeiden. Das LG Duisburg hat klargestellt, dass ein Verzicht nicht einfach unterstellt werden kann. Ich berate Sie gerne zu den Folgen eines solchen Verzichts.5. Muss ich die Kosten für die (erneute) Erstellung des Nachlassverzeichnisses tragen, wenn mein Zuziehungsrecht missachtet wurde?Nein, die Kosten für die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses trägt grundsätzlich der Nachlass, also die Erben. Dies gilt auch, wenn eine Wiederholung aufgrund der Missachtung Ihrer Rechte notwendig wird.


Gilt das Zuziehungsrecht auch, wenn ein Notar das Verzeichnis erstellt?Ja, ausdrücklich. § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB gilt auch für die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Sie haben das Recht, auch bei der Arbeit des Notars anwesend zu sein.Disclaimer: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Jeder Fall ist individuell zu betrachten. Für eine verbindliche Rechtsberatung zu Ihrem konkreten Fall kontaktieren Sie mich bitte direkt über die oben genannten Kontaktdaten.


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