Pflichtteil umgehen? Was rechtlich möglich ist – und wann es teuer wird

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Pflichtteilsansprüche sind der Albtraum vieler Erblasser – vor allem, wenn Immobilien im Spiel sind. 


Wer glaubt, durch eine Enterbung sei das Problem gelöst, irrt. Der Pflichtteil bleibt – und kann Erben finanziell ruinieren. 


Aber: Mit der richtigen Gestaltung lässt sich der Pflichtteil reduzieren, umgehen oder ganz ausschließen. Ich zeige, wie.


1. Ein echter Fall: Wenn das Elternhaus verloren geht

Eine Mutter aus Süddeutschland will ihr Haus an ihre Tochter geben. Der Sohn hat sich seit Jahren nicht mehr gemeldet. Im Testament bestimmt sie daher die Tochter zur Alleinerbin – der Sohn wird enterbt.

Nach dem Tod fordert der Sohn seinen Pflichtteil:

Ein Achtel des Hauswerts – rund 110.000 €.

Die Tochter hat kein Vermögen. Sie muss einen Kredit aufnehmen oder das Elternhaus verkaufen.

Genau das wollte die Mutter vermeiden.


2. Pflichtteil – was viele nicht wissen

Der Pflichtteil ist kein Randproblem. Er ist ein gesetzlich garantierter Mindestanspruch, den bestimmte Angehörige haben – selbst wenn sie enterbt wurden.

Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?

• Kinder (auch nicht ehelich oder adoptierte)

• Ehepartner

• Eltern (wenn keine Kinder da sind)



Wie hoch ist der Pflichtteil?

Die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Beispiel: Bei zwei Kindern steht dem Enterbten 1/4 des Nachlasses zu (gesetzlich 1/2, Pflichtteil 1/4).



Und was bedeutet das in der Praxis?

Pflichtteilsansprüche sind reine Geldansprüche.

Das bedeutet: Auch wenn der Erbe eine Immobilie erhält, muss er den Pflichtteil auszahlen – unabhängig davon, ob er liquide ist oder nicht.



3. Enterben allein reicht nicht – diese Irrtümer sind gefährlich

Viele Menschen glauben, sie könnten den Pflichtteil einfach „ausschließen“, indem sie jemanden im Testament nicht berücksichtigen. Aber das funktioniert nicht automatisch.


Typische Irrtümer:

• „Ich enterbe mein Kind – dann bekommt es nichts.“

• „Ich verschenke das Haus zu Lebzeiten – das ist dann weg.“

• „Ich bestimme im Testament, wer was bekommt – das reicht.“

Die Wahrheit: Der Pflichtteil greift trotzdem – und zwar sogar auf viele lebzeitige Schenkungen zurück (→ Pflichtteilsergänzungsanspruch).



4. Pflichtteil strategisch umgehen – diese Wege gibt es

Wer seinen Nachlass frühzeitig plant, kann Pflichtteilsansprüche rechtssicher und wirksam reduzieren oder sogar vollständig ausschließen.


a) Pflichtteilsverzichtsvertrag (§ 2346 BGB)

Die sicherste Variante: Der Pflichtteilsberechtigte verzichtet freiwillig per notariellen Vertrag auf seinen Anspruch. Meist gegen Abfindung.

Vorteil: Rechtssicher.

Nachteil: Der andere muss zustimmen – freiwillig.


b) Schenkung zu Lebzeiten + 10-Jahres-Regel

Wird z. B. ein Haus mehr als 10 Jahre vor dem Tod verschenkt, fällt es nicht mehr in die Pflichtteilsergänzung.

Aber Vorsicht:

• Bei Nießbrauch oder Wohnrecht beginnt die Frist oft nicht zu laufen

• Ohne notarielle Absicherung drohen Rückforderungsprobleme

Praxis: Übertragung mit Nießbrauch & Abschmelzmodell – juristisch exakt geregelt.


c) Pflichtteilsstrafklauseln im Testament

Beispiel: Berliner Testament mit Klausel:

„Greift eines der Kinder den Pflichtteil an, wird es auch beim zweiten Erbfall enterbt.“

Druckmittel – oft mit psychologischer Wirkung.


d) Stiftungen, Pflegevereinbarungen, Vorbehalte

• Familiäre Pflegeleistungen können zu Reduzierungen führen

• Stiftungsmodelle helfen bei größerem Vermögen

• Strategien mit Nutzungsrechten, Wohnrechten, Vermögensbindungen


5. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 24. April 2023 (Az.: 12 U 602/22) verdeutlicht die Bedeutung einer vorausschauenden Nachlassplanung:


In diesem Fall hatte der Erblasser seinem Sohn mehr als zehn Jahre vor seinem Tod ein Hausgrundstück geschenkt. Nach dem Erbfall forderten die Enkelinnen des Erblassers, die als Pflichtteilsberechtigte galten, Auskunft über die Immobilie, um mögliche Pflichtteilsergänzungsansprüche zu prüfen. Das Gericht entschied jedoch, dass die Schenkung nicht als ausgleichspflichtige Zuwendung im Sinne des § 1624 Abs. 1 BGB zu werten sei und somit nicht in die Pflichtteilsberechnung einfließe.


Dieses Urteil unterstreicht, dass Schenkungen, die mehr als zehn Jahre vor dem Erbfall erfolgen, unter bestimmten Bedingungen nicht mehr bei der Pflichtteilsberechnung berücksichtigt werden. Allerdings können Faktoren wie ein vorbehaltenes Wohnrecht oder Nießbrauch dazu führen, dass die Zehnjahresfrist nicht zu laufen beginnt, wodurch die Schenkung dennoch relevant bleibt.


Daher ist es essenziell, frühzeitig eine fundierte Nachlassplanung zu betreiben, um sicherzustellen, dass Ihr Vermögen gemäß Ihren Wünschen verteilt wird und potenzielle Streitigkeiten unter den Erben vermieden werden. Ich stehe Ihnen mit meiner Expertise zur Verfügung, um gemeinsam eine individuelle und rechtssichere Lösung zu erarbeiten.


6. Was Sie auf keinen Fall tun sollten

Viele Erblasser handeln aus dem Bauch heraus – und übersehen dabei rechtlich schwerwiegende Risiken:


• Schenkungen ohne rechtlichen Rahmen → Rückforderungsgefahr

• Testamente ohne Pflichtteilsstrategie → Konflikte & Zwangsverwertung

• Keine notarielle Absicherung → Unwirksamkeit

• Steuerliche Folgen ignoriert → zusätzlicher wirtschaftlicher Schaden


7. Was ich für Sie tun kann

Ich entwickle für meine Mandanten maßgeschneiderte Pflichtteilsvermeidungsstrategien – individuell abgestimmt auf Ihre familiäre, steuerliche und wirtschaftliche Lage.


Dazu gehört:

• Analyse der bestehenden Vermögensstruktur

• Identifikation von Pflichtteilsrisiken

• Erstellung eines steueroptimierten Gestaltungsplans

• Entwicklung eines Schenkungs- oder Übergabevertrags

• Notarielle Absicherung und Betreuung der Umsetzung


Ziel:

Ihr Vermögen bleibt dort, wo Sie es wollen.

Nicht beim Pflichtteilsberechtigten. Nicht beim Finanzamt. Und nicht bei Dritten.


8. Fazit: Pflichtteil? Ja – aber nicht zwingend.


Der Pflichtteil ist kein Schicksal.

Wer rechtzeitig gestaltet, kann Konflikte, Steuern und Verluste vermeiden.

Ich helfe Ihnen dabei.

Sichern Sie Ihr Haus, Ihre Familie und Ihren Willen – durch eine rechtlich saubere, vorausschauende Gestaltung.



9. FAQ: Häufige Fragen zum Pflichtteil


Was ist der Unterschied zwischen Enterbung und Pflichtteilsentzug?

Enterbung bedeutet: Kein Erbteil. Der Pflichtteil bleibt.

Pflichtteilsentzug ist nur in extremen Ausnahmefällen möglich (§ 2333 BGB, z. B. schwere Straftaten gegen den Erblasser).

Wann verjährt der Pflichtteil?

In der Regel 3 Jahre ab Kenntnis des Erbfalls.

Kann ich eine Pflichtteilsverzichtsklausel einfach ins Testament schreiben?

Nein – ein wirksamer Verzicht erfordert notarielle Beurkundung und Zustimmung des Verzichtenden.

Was passiert, wenn ich das Haus verschenke, aber dort weiter wohne?

Dann läuft die 10-Jahres-Frist für die Pflichtteilsergänzung nicht oder nur eingeschränkt.

Ist der Pflichtteil steuerpflichtig?

Ja – Pflichtteilsansprüche unterliegen der Erbschaftsteuer. Aber: Sie sind auch als Nachlassverbindlichkeit abziehbar – das kann bei richtiger Gestaltung steuerlich vorteilhaft sein.


Pflichtteil vermeiden? Das geht – mit Schenkung, Verzicht, Testament und Strategie. 


Erfahren Sie, wie Sie Pflichtteilsansprüche rechtssicher umgehen und Erben schützen.


10. Jetzt handeln – bevor Fristen, Pflichtteile und Fehler Ihr Vermögen gefährden


Das Urteil des OLG Koblenz zeigt eindrücklich:

Was heute falsch gestaltet wird, kann morgen hunderttausende Euro kosten – oder Ihr Lebenswerk zerstören.


Ob Schenkung, Pflichtteilsverzicht oder Testamentsklausel:

Ich entwickle mit Ihnen die passende Strategie – rechtssicher, vorausschauend und mit dem Ziel, Ihr Vermögen dort zu sichern, wo Sie es wirklich haben wollen.


Warten Sie nicht, bis es zu spät ist.


Jetzt Kontakt aufnehmen – und verhindern, dass Ihr letzter Wille durch juristische Lücken oder Pflichtteilsforderungen untergraben wird.




Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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