Pflichtverteidigung im Strafrecht: Ihre Rechte und wie Sie den richtigen Anwalt finden

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Im Bereich des Strafrechts spielt die Pflichtverteidigung eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, die Rechte des Beschuldigten zu wahren. In Deutschland gibt es zwei Arten der Verteidigung im Strafverfahren: die Wahlverteidigungund die Pflichtverteidigung. Während bei der Wahlverteidigung der Beschuldigte selbst einen Anwalt seiner Wahl bestimmt, wird bei der Pflichtverteidigung ein Anwalt vom Gericht bestellt. Doch wann steht einem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger zu? Wie finden Sie den richtigen Anwalt? In diesem Artikel erfahren Sie alles, was Sie zur Pflichtverteidigung im Strafrecht wissen müssen.

Was ist eine Pflichtverteidigung im Strafrecht?

Die Pflichtverteidigung ist ein Instrument des Strafrechts, das dazu dient, sicherzustellen, dass jeder Beschuldigte die Möglichkeit einer fairen und kompetenten Verteidigung erhält. Wenn der Beschuldigte keinen eigenen Anwalt hat oder sich keinen Anwalt leisten kann, wird ihm vom Gericht ein Pflichtverteidiger zugewiesen. Diese Pflichtverteidigung ist in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt und tritt in Kraft, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Wann steht einem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger zu?

Die Pflichtverteidigung ist nicht immer notwendig, sondern wird nur in bestimmten Fällen angeordnet. Laut § 140 StPO wird ein Pflichtverteidiger insbesondere dann bestellt, wenn:

  • Das Verfahren vor einem Oberlandesgericht, Landgericht oder Schöffengericht stattfindet.
  • Dem Beschuldigten ein schweres Verbrechen vorgeworfen wird.
  • Das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann.
  • Der Beschuldigte aufgrund einer richterlichen Anordnung in Untersuchungshaft sitzt oder vor Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorgeführt werden muss.
  • Ein Sicherungsverfahren zu erwarten ist.
  • Der Beschuldigte aufgrund körperlicher Einschränkungen (wie Seh-, Hör- oder Sprachbehinderung) die Unterstützung eines Anwalts benötigt.

Auch bei besonders schweren Straftaten oder komplexen rechtlichen Fragen kann die Pflichtverteidigung erforderlich sein, um eine adäquate Verteidigung zu gewährleisten.

Wie erfahren Sie, ob Ihnen ein Pflichtverteidiger zusteht?

Ob Ihnen ein Pflichtverteidiger zusteht, hängt von den Umständen Ihres Verfahrens ab. In vielen Fällen wird Ihnen das Gericht einen Pflichtverteidiger zuweisen, wenn Sie keinen eigenen Anwalt haben oder sich die Verteidigung nicht leisten können. In Situationen, in denen Sie einem Haftrichter vorgeführt werden, wird Ihnen zwingend ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt.

In anderen Fällen erhalten Sie eine Mitteilung von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft, dass ein Ermittlungsverfahren gegen Sie eingeleitet wurde. Dabei wird Ihnen häufig eine Frist gesetzt, in der Sie einen Anwalt benennen müssen. Wird kein Anwalt innerhalb dieser Frist benannt, wird Ihnen vom Gericht ein Pflichtverteidiger zugewiesen. Auch in Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft mit der Anklageschrift die Notwendigkeit eines Pflichtverteidigers feststellt, kann dies vom Gericht bestätigt und der Pflichtverteidiger bestellt werden.

Kann ich meinen Pflichtverteidiger wechseln?

Ja, unter bestimmten Bedingungen ist es möglich, den Pflichtverteidiger zu wechseln. Ein Wechsel des Pflichtverteidigers kann notwendig werden, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschuldigten und dem Anwalt gestört ist oder wenn ein neuer Anwalt die Verteidigung übernehmen möchte. Wird ein neuer Pflichtverteidigerbeauftragt, wird die Bestellung des bisherigen Pflichtverteidigers aufgehoben.

Gemäß § 143a StPO kann die Bestellung des Pflichtverteidigers auch dann aufgehoben werden, wenn das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört ist oder wenn der Pflichtverteidiger seine Verteidigungspflichten nicht mehr angemessen erfüllen kann.

Wer übernimmt die Kosten der Pflichtverteidigung?

Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass die Pflichtverteidigung nur für einkommensschwache Personen gilt. In Wirklichkeit hängt die Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht von Ihrer finanziellen Situation ab. Die Pflichtverteidigung wird allein aufgrund der Anforderungen des Strafverfahrens gewährt, unabhängig davon, ob Sie über ausreichend finanzielle Mittel verfügen oder nicht.

Es wird jedoch oft angenommen, dass die Kosten der Pflichtverteidigung immer vom Staat getragen werden. In der Tat werden die Kosten des Pflichtverteidigers zunächst von der Staatskasse übernommen. Sollte der Beschuldigte jedoch verurteilt werden, muss er die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Pflichtverteidigerkosten, selbst tragen. Im Falle eines Freispruchs übernimmt die Staatskasse alle Verfahrenskosten, auch die des Pflichtverteidigers.

Wie finde ich den richtigen Pflichtverteidiger?

Wenn Sie sich nicht sicher sind, welcher Anwalt als Pflichtverteidiger für Sie tätig werden kann, gibt es verschiedene Wege, den richtigen Strafverteidiger zu finden. Zunächst können Sie die Pflichtverteidigerliste der Rechtsanwaltskammer einsehen. Diese ist auch online und bei den Gerichten zugänglich. Falls Sie bereits einen Anwaltkennen, der als Pflichtverteidiger tätig ist, können Sie ihn direkt ansprechen.

Es gibt auch die Möglichkeit, sich direkt an einen Strafverteidiger zu wenden, der auf Pflichtverteidigungenspezialisiert ist. Ein erfahrener Strafverteidiger kann schnell herausfinden, ob die Pflichtverteidigung für Ihren Fall erforderlich ist und Ihnen helfen, die beste Strategie für Ihre Verteidigung zu entwickeln.

Pflichtverteidiger vs. Wahlverteidiger: Was ist der Unterschied?

Es gibt einen weit verbreiteten Mythos, dass Pflichtverteidiger weniger qualifiziert sind als Wahlverteidiger. Das ist schlichtweg falsch! Ein Pflichtverteidiger ist genauso qualifiziert und erfahren wie ein Wahlverteidiger. In der Praxis wird die Pflichtverteidigung jedoch häufig von Anwälten übernommen, die nicht die gleiche Intensität in der Verteidigung aufbringen wie ein Wahlverteidiger. Dies kann verhindert werden, indem Sie einen Anwalt Ihrer Wahl benennen, der Ihre Interessen mit Nachdruck verteidigt.



Sprechen Sie mich gern an. 

Foto(s): frenger

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