PKV: Kostenfalle "gemischte Anstalt"

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Das Problem „gemischte Anstalten" ist nicht neu und tritt heute regelmäßig in beihilfeergänzenden Tarifen auf.

Die Konstellation ist dabei fast immer gleich. Der Patient ist Beamter und verfügt über eine die Beihilfe ergänzende private Krankenversicherung. Oft wegen einer psychischen Erkrankung, teilweise aber auch wegen orthopädischer Beschwerden, verschreibt der behandelnde Arzt einen stationären Aufenthalt. Der Patient sucht sich daraufhin eine aus seiner Sicht geeignete stationäre Einrichtung aus - die regelmäßig über ein angenehmes Ambiente verfügt und in landschaftlich reizvoller Umgebung gelegen ist - und beantragt unter Vorlage des Aufnahmevertrags die Kostenübernahme für den Aufenthalt beim Beihilfeträger, der diese genehmigt. Falls der Patient überhaupt bei seinem privaten Krankenversicherer anruft, wird ihm von der Hotline die Auskunft erteilt, dass die Kostenübernahme vorher nicht beantragt werden muss, sondern dass Rechnungen über versicherte Leistungen nachträglich eingereicht werden sollen. Die Anzahlung für den stationären Aufenthalt wird meist von der Beihilfe übernommen. Nach der Rückkehr von der Maßnahme wird die Rechnung bei der Beihilfe und dem privaten Krankenversicherer zur Regulierung eingereicht. Die Beihilfe erstattete daraufhin den hälftigen Betrag ggfs. unter Abzug gewisser Positionen. Der private Krankenversicherer überweist meist einen höheren dreistelligen Betrag und lehnt die Kostenübernahme für die Maßnahme ab.

Was ist geschehen? Hier sind in der Praxis zwei Konstellationen festzustellen:

Im ersten Fall war die Maßnahme schon vom Hausarzt als Kur- bzw. Rehabilitationsmaßnahme verordnet worden. Hierfür sehen die Beihilfeverordnungen unter gewissen Voraussetzungen Leistungen vor - weshalb die Kostenzusage erklärt wurde;es handelt sich aber nicht um einen medizinisch notwendigen Krankenhausaufenthalt, der vom privaten Krankenversicherungsvertrag umfasst ist. Es ist somit schon kein Versicherungsfall gegeben, da es an der medizinisch notwendigen Heilbehandlung und an der medizinischen Notwendigkeit des stationären Aufenthalts fehlt. Sollten während des Aufenthalts medizinische Behandlungen in Anspruch genommen worden sein, so weist der Versicherer die Erstattung unter Hinweis darauf, dass es sich um eine gemischt Anstalt handle, zurück. Bei der von dem Versicherer erbrachten Leistung handelt es sich dann regelmäßig um ein in dem Versicherungsvertrag vereinbartes Kurtagegeld.

In der zweiten Fallkonstellation handelte es sich um eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung. Die Leistung fällt damit grundsätzlich unter die Leistungsbeschreibung der privaten Krankenversicherung. Allerdings führt das Krankenhaus, das der Patient sich ausgesucht hat, neben Akutbehandlungen auch Kur- und Sanatoriumsbehandlungen durch und nimmt Rekonvaleszente auf. § 4 Abs. 5 der Musterbedingungen der Krankenkostenversicherung MB/KK sieht jedoch vor, dass tarifliche Leistungen für medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlungen in solchen „gemischten Anstalten" nur dann gewährt werden, wenn der Versicherer dies vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat. Die Klausel ist vielfach Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen gewesen und ihre Wirksamkeit wurde durchgehend bestätigt. Die Rechtsprechung sieht dabei die Klausel als Risikoausschluss an, sodass es auf ein Verschulden des Versicherungsnehmers nicht ankommt. Der Grund für den Risikoausschluss wird dabei regelmäßig darin gesehen, dass der Versicherer in gemischten Anstalten versicherte Heilbehandlung und nicht versicherte Sanatoriumsbehandlungen nicht genau trennen kann und ein erhöhtes Missbrauchsrisiko im Rahmen der Abrechnung der Leistungen besteht. Ausnahmen erkennt die Rechtsprechung allerdings in akuten Notfällen wie Verkehrsunfällen oder akuten Herzinfarkten an, in denen der Patient keinen Einfluss darauf hat, in welches Krankenhaus er verbracht wird.

Beruft sich der Versicherer in diesen Fällen also auf die eigene Leistungsfreiheit, so erfolgt dies regelmäßig zu Recht, da im Fall des Kuraufenthalts schon kein Versicherungsfall vorliegt und - wenn eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung durchgeführt wurde - ein anerkannter Risikoausschluss eingreift. Dass sich der Versicherer darauf beruft, ist auch in der Regel nicht treuwidrig, da die meisten privaten Krankenversicherer Tarife anbieten, in denen sowohl der Kuraufenthalt als auch die Behandlung in einer gemischten Anstalt - dann aber zu höheren Beiträgen - versichert sind. Der Vortrag, dass ja der Mitarbeiter in der Hotline mündlich die Kostenübernahme zugesagt habe und es nicht an der Schriftlichkeit der Zusage scheitern könne, führt ebenfalls nicht zum Erfolg, weil die Mitarbeiter der Hotline regelmäßig nicht in die Leistungsverwaltung eingebunden sind und daher überhaupt keine bindenden Zusagen für den Versicherer abgeben. Der Nachweis, dass dennoch im Ausnahmefall eine bindende mündliche Zusage erklärt worden ist, dürfte praktisch nicht gelingen.

Eine Kostenübernahme des Versicherers ist somit in den meisten Fällen nicht möglich. Das bedeutet aber nicht, dass der Patient in jedem Fall die Differenz selbst tragen muss. So gewähren einige Beihilfeträger in derartigen Konstellationen, in denen die Maßnahme schon durchgeführt wurde, aus „Kulanz" erhöhte Leistungen.

Außerdem ist fraglich, ob der jeweilige Behandelnde überhaupt den Ausgleich seiner vollständigen Rechnung verlangen kann, wenn der Kostenerstattungsanspruch nur daran scheitert, dass es sich bei dem Behandelnden um eine gemischte Anstalt handelt. Grundsätzlich besteht für den behandelnden Arzt nämlich die Nebenpflicht, den Patienten darauf hinzuweisen, dass eine Maßnahme nicht vom Versicherungsschutz umfasst ist, weil dieser regelmäßig davon ausgehen wird, dass die von dem Behandelnden durchgeführten Maßnahmen medizinisch notwendig sind und die Kosten daher von seiner Krankenversicherung getragen werden. Diese Pflicht geht zwar nicht soweit, dass der Arzt vor jeder Behandlung prüfen muss, ob und wenn ja welche Leistungen durch den Patienten versichert sind. Wenn eine Leistung für den Arzt aber erkennbar nicht oder mit großer Wahrscheinlichkeit nicht versichert ist, ist der Arzt verpflichtet, den Patienten auf diesen Umstand hinzuweisen. Dies ist z. B. auch für kosmetische Operationen und zahnärztliche Behandlungen anerkannt. Oft erfolgt ein solch ausdrücklicher Hinweis aber schon deshalb nicht, weil der Patient dann mit großer Wahrscheinlichkeit eine andere Einrichtung, für die er Versicherungsschutz hat, aufsuchen wird. Teilweise wird auf Behandelndenseite versucht, in den Behandlungsvertrag Klauseln aufzunehmen, die bei Kenntnis der Problematik als Hinweis ausgelegt werden können, die ihrer Warnfunktion aber praktisch nicht nachkommen. Teilweise sehen die Verträge auch die Regelung vor, dass der Behandelnde keine Aussagen über die Kostentragung durch Dritte tätigt und dass dieser Punkt durch den Patienten ausdrücklich selbst abzuklären ist. Ob diese Gestaltung im Ergebnis zur Erfüllung der Hinweispflicht ausreicht und den Schadenersatzanspruch gegen den Behandelnden ausschließt, ist jedoch eine Frage des jeweiligen Einzelfalls und kann pauschal nicht beantwortet werden.

Rechtsanwalt Heiko Effelsberg, LL.M., Fachanwalt für Versicherungsrecht


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