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„Pokémon Go“: Tipps zur rechtssicheren Monsterjagd

  • 5 Minuten Lesezeit
Johannes Schaack anwalt.de-Redaktion

[image]Die Smartphone-App „Pokémon Go“ bricht momentan alle Rekorde. Für die Uneingeweihten: Die gerade mit Abstand populärste Spielesoftware für Handys und Tablets platziert per GPS niedliche Monsterfiguren in der Umgebung des Spielers, die er zuerst mithilfe einer auf Google Maps basierenden Karte lokalisieren und dann mittels Smartphone-Kamera einfangen muss. Ein wenig wie das klassische „Geocaching“ also, nur mit einem um einiges höheren Spaßfaktor – hier scheinen sich Millionen begeisterter Nutzer einig zu sein.

Laut Umfragen verbringen Smartphone-User in den USA aktuell mehr Zeit mit der launigen Monsterhatz als mit Facebook, und die unterhaltsame Spielesoftware besitzt nicht einmal zwei Wochen nach ihrer Erstveröffentlichung bereits mehr aktive User als Twitter.

Das Geheimnis des Erfolgs der „Taschenmonster“

Eine echte Erfolgsstory für die Pokémon-Schöpfer Nintendo und The Pokémon Company also – die sich allerdings bestimmt nicht ohne Grund eingestellt hat. Bisher war die Monster-Saga mit Suchtfaktor hauptsächlich auf tragbaren Spielekonsolen von Nintendo wie etwa dem Gameboy und seinen Varianten zu finden. Die „Super Mario“-Schöpfer gaben schließlich dem Druck von Investoren nach und entschlossen sich für eine Veröffentlichung einer Variante der populären Videospielserie für gängige Smartphones.

Zahlreiche Fans, die zusätzlich zu ihrem Smartphone keine Handheld-Spielekonsole mehr durch die Gegend transportieren wollten, hatten fraglos sehnsüchtig auf diesen Zeitpunkt gewartet, und durch das gleichermaßen simple wie unterhaltsame Spielprinzip wurden zahlreiche neue User mit ins Boot geholt.

Wenn die Vermischung von Spiel und Realität Ärger bringt

„Pokémon Go“ ist somit die bisher mit Abstand erfolgreichste „Augmented Reality“-App, bei der Realität und Fantasie miteinander verschmelzen. Doch wie so oft wird auch hier aus Spiel gelegentlich Ernst. Aus zahlreichen Regionen, in denen die App bereits länger erhältlich ist als hierzulande, erfolgten bereits Berichte über Fälle von Hausfriedensbruch und Raub, die direkt auf die Popularität von „Pokémon Go“ zurückgeführt wurden. Wir geben einige Tipps, wie auch die größten Pokémon-Fans die neuen Herausforderungen rechtssicher meistern.

Monsterhatz in Nachbars Garten kann Hausfriedensbruch sein

Es mag noch so verlockend klingen – wer sich, ohne um Erlaubnis zu bitten, auf fremde Grundstücke begibt, weil er dort sein Wunsch-Pokémon erspäht hat, kann sich in vielen Fällen strafbar machen. Ein Hausfriedensbruch nach § 123 StGB zieht häufig saftige Strafen nach sich. Im Gesetz festgelegt ist eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldbuße. Medienberichten zufolge klagten etwa diverse Krankenhäuser in den USA bereits über „Pokémon Go“-User, die auf der Jagd nach seltenen Taschenmonstern den Versuch unternahmen, in geschützte Gebäudebereiche einzudringen. Zudem häufen sich aktuell weltweit Beschwerden von Polizeistationen und Universitäten über regelrechte Anstürme von störenden Pokémon-Enthusiasten.

Vorsicht im Straßenverkehr

Wer durch seine Teilnahme an der Monsterhatz einen Unfall verursacht, handelt in vielen Fällen fahrlässig – und muss damit rechnen, dass die Versicherung die Zahlung verweigert und man auf den Kosten sitzen bleibt. Zudem muss es auch nicht zwingend zum Äußersten kommen: Auch wer durch Abgelenktheit andere Verkehrsteilnehmer nur behindert, riskiert in vielen Fällen bereits eine Verwarnung und ein Bußgeld.

Handy am Steuer – das wird teuer

Auch Hobby-Pokémon-Trainer, die beim Autofahren nicht von der App lassen können, riskieren dicke Luft in Rekordzeit. Was den sogenannten Handyverstoß betrifft, versteht der Gesetzgeber keinen Spaß. Wer sein Handy beim Fahren nur kurz aufnimmt oder hält, handelt sich ein Bußgeld von 60 Euro und einen Punkt in Flensburg ein. Auch das Verwenden des Handys als Spielgerät zählt vermutlich hierzu. Eine Verwendung als Navigationsgerät hatte das Oberlandesgericht Hamm in seinem Beschluss vom 08.02.2013, Az. III-5 RBs 11/13 als nicht zulässig erachtet.

Übrigens bewegt sich auch derjenige auf dünnem Eis, der beim Fahrradfahren nicht auf das Hantieren mit dem Smartphone verzichten will. Wer in einen Unfall verwickelt wird, muss damit rechnen, dass ihm möglicherweise eine Teilschuld zugewiesen wird.

„Pokémon Go“ als Werkzeug von Kriminellen

Eine der erschreckendsten Begleiterscheinungen des Rummels um die Erfolgs-App sind fraglos Berichte über organisierte Raubüberfälle auf Pokémon-Fans in den USA. In O’Fallon, Missouri, hatte eine Gruppe junger Männer die Features der App gezielt dafür genutzt, mehrere Pokémon-Fans an einen abgelegenen Ort zu dirigieren und sie anschließend mit vorgehaltener Waffe um ihre Wertgegenstände zu erleichtern. Nach deutschem Recht wären hierdurch die Kriterien eines schweren gemeinschaftlichen Raubs erfüllt, der laut § 250 StGB mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren geahndet wird.

Spieler zahlen mit ihren Daten

Was datenschutzrechtliche Aspekte angeht, ist die Smartphone-Ausgabe der bonbonbunten Monster-Saga aktuell höchst umstritten – schon auf den ersten Blick dürften bei datenschutzkundigen Usern einige Alarmglocken schrillen. Zuallererst verweigert „Pokémon Go“ ohne aktivierte GPS-Funktion schlicht den Dienst. Wer also an dem launigen Augmented-Reality-Zeitvertreib teilnehmen möchte, muss gezwungenermaßen jederzeit seinen Standort preisgeben.

Auch Google profitiert enorm von „Pokémon Go“

Zudem sorgen die betont unscharf formulierten Datenschutzbestimmungen von „Pokémon Go“ unter Experten für Unbehagen. Und was sich ihnen explizit entnehmen lässt, ist durchaus besorgniserregend: Unter anderem behält sich der App-Hersteller vor, die erhobenen Daten auf unbestimmte Zeit zu speichern, zur Nutzerprofilerstellung zu verwenden sowie an Dritte weiterzugeben – unter anderem auch an die Regierung und etwaige Strafverfolgungsbehörden. Letztendlich verfügt „Niantic“, der Entwickler der Erfolgssoftware, über direkte Beziehungen zudem für seine allgemeine Datensammelwut bekannten Suchmaschinenriesen Google – ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Daten sammeln ist nicht genug

Hiervon abgesehen setzt der kurzweilige Augmented-Reality-Spaß zu seiner Finanzierung neben der Verwertung der Daten seiner User sogenannte „In-App-Käufe“ ein. Denn wer möchte, dass ihm die Monsterjagd einfacher von der Hand geht, kann für eine Handvoll Euro etwa „Pokébälle“, Tränke oder diverse Pokémon-Lockmittel erstehen. Auch wenn die Preisgestaltung im Vergleich zu anderen Titeln insgesamt moderat gehalten ist, können sich hierbei bei Vielspielern sicherlich beachtliche Summen anhäufen. Mehr Informationen zum Thema In-App-Käufe haben wir in diesem Rechtstipp zusammengestellt.

Immerhin können Monsterjäger in spe, denen das alles zu viel ist, alternativ auch auf die herkömmlichen Pokémon-Titel auf Nintendo-Spielekonsolen zurückgreifen. Diese gelten nämlich nicht nur auch unter Experten als datenschutztechnisch unbedenklich. Zudem finanzieren sie sich in klassischer Manier ausschließlich über den Preis, für den sie über den Ladentisch gehen.

Fazit: Die mit Abstand erfolgreichste App der Stunde bietet zwar jede Menge Spielspaß, ist jedoch in vielerlei Belangen auch mit Vorsicht zu genießen. Über den weltweiten Wirbel rund um „Pokémon Go“ ist sicherlich noch längst nicht das letzte Wort gesprochen und wir warten gespannt auf weitere Entwicklungen.

(JSC)

Foto(s): ©Fotolia.com

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