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Polizeiliche Vorladung

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Vorladungen durch die Polizeibehörden

In den meisten Fällen erfährt ein Beschuldigter von der Einleitung eines gegen ihn gerichteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durch einen Brief der Polizei, des Zolls oder der Steuerfahndung. Rechtlich betrachtet handelt es sich hierbei um die Gewährung des rechtlichen Gehörs, womit die gesetzliche Verpflichtung der Ermittlungsbehörde gemeint ist, jedem Beschuldigten innerhalb eines Strafverfahrens die Möglichkeit zu geben, sich zu einem Verdacht bzw. einer Beschuldigung innerhalb einer Vernehmung oder schriftlich äußern zu können.

Für den Beschuldigten stellt die Vorladung zu einer Vernehmung jedoch lediglich eine rechtliche Möglichkeit und gerade keine Verpflichtung dar. Diese Verteilung von Rechten und Pflichten ist den wenigsten bewusst, zumal die Vorladungsschreiben meist nicht den Hinweis enthalten, dass es dem Beschuldigten freisteht, zur Vernehmung zu erscheinen.

Als Strafverteidiger rate ich daher grundsätzlich von dem Erscheinen bei einem polizeilichen Vernehmungstermin ab.

Naturgemäß liegen dem Beschuldigten zu diesem Zeitpunkt keine – jedenfalls keine vollständigen – Informationen über den Stand der Ermittlungen vor. Die Verschaffung dieser Informationen sollte zeitlich stets vor einer möglichen Äußerung zum Vorwurf stehen. Der Strafverteidiger wird somit zunächst einen Antrag auf Akteneinsicht stellen und für den Beschuldigten ankündigen, nach Erhalt der Ermittlungsakte gegebenenfalls eine schriftliche Erklärung zum Tatvorwurf abzugeben.

Die Mitteilung, zunächst keine Angaben zur Sache machen zu wollen, stellt kein Schuldeingeständnis dar! Der Beschuldigte nutzt lediglich das ihm nach dem Gesetz zustehende Recht zum Schweigen aus.

Aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich folgerichtig, dass aus dem Schweigen keine negativen Schlussfolgerungen gezogen dürfen.

Vorladungen durch die Staatsanwaltschaft oder durch das Gericht

Etwas anderes gilt jedoch für Vorladungen durch die Staatsanwaltschaft oder durch die Gerichte. In diesen Fällen besteht eine Pflicht zum Erscheinen. Wer auf Ladungen der Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts nicht erscheint, kann zwangsweise vorgeführt werden.

Als Ausgleich für die Erscheinungspflicht des Beschuldigten hat der Gesetzgeber ein Anwesenheitsrecht des Strafverteidigers bei staatsanwaltschaftlichen oder gerichtlichen Vernehmungen geschaffen.

Das Recht zu Schweigen bleibt dem Beschuldigten aber immer erhalten!

Einzig die Angaben zur Person (Name, Geburtsdatum, Wohnort, Familienstand, Beruf, Staatsangehörigkeit) sind Pflichtangaben. Wer diese falsch nennt oder verweigert, begeht eine Ordnungswidrigkeit nach § 111 OWiG.

Zeugen

Die vorherigen Ausführungen gelten seit dem 23.08.2017 nicht mehr uneingeschränkt für Personen, die als Zeugen vorgeladen werden. Für Zeugen kann nun auch bei polizeilichen Vorladungen eine Erscheinungspflicht zur Vernehmung bestehen. Die Pflicht zum Erscheinen besteht, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Bisher galt eine Erscheinenspflicht nur für gerichtliche und staatsanwaltschaftliche Vernehmungen.

Ein Schweigerecht steht dem Zeugen in besonderen Konstellationen zu, sei es, dass er mit dem Beschuldigten verwandt oder verschwägert ist (Zeugnisverweigerungsrecht) oder durch die wahrheitsgemäße Beantwortung von Fragen sich selbst oder einen nahen Angehörigen in die Gefahr der Strafverfolgung bringen würde (Auskunftsverweigerungsrecht).

Wenn man zum Zweck einer Vernehmung als Zeuge vorgeladen wird, sollte ebenfalls der Rat eines Fachanwalts für Strafrecht eingeholt werden. Oft genug kommt es mitten in einer Zeugenvernehmung zu einem Rollenwechsel. Der Vernehmungsbeamte stoppt die Zeugenvernehmung und belehrt den Zeugen, dass dieser nunmehr auch als Beschuldigter in Betracht komme und er nunmehr auch berechtigt sei, keine Angaben zur Sache zu machen. Nur den wenigsten gelingt es in einer solchen unbekannten und stressgeladenen Situation, rationale Erwägungen anzustellen und die Vernehmung unter Berufung auf das Schweigerecht abzubrechen.

Wer vorab informiert ist, vermeidet eine solche Zwangslage!

Zudem besteht auch für Zeugen die Möglichkeit, sich im Fall einer Ladung, für die eine Erscheinungspflicht besteht, eines anwaltlichen Zeugenbeistands zu bedienen. Ob dies erforderlich ist, hängt vom Einzelfall ab.

Das Wichtigste kurz zusammengefasst

  • Es besteht keine Pflicht, auf polizeiliche Vorladungen hin zur Vernehmung zu erscheinen.
  • Die Angaben zur Person (und nur diese!) müssen stets wahrheitsgemäß erklärt werden.
  • Wer noch keine vollständigen Informationen über das bisherige amtliche Ermittlungsergebnis hat, sollte zunächst das Schweigerecht nutzen.
  • Schweigen stellt kein Schuldeingeständnis dar!
  • In den seltenen Fällen, in denen eine Pflicht zum Erscheinen zu einer Vernehmung besteht, sollte unbedingt ein Strafverteidiger hinzugezogen werden, dem auch die Anwesenheit bei der Vernehmung gestattet ist.
  • Die Beauftragung eines Strafverteidigers stellt die sicherste Variante dar, innerhalb eines strafrechtlichen Verfahrens alle Rechte zu nutzen und keine Verteidigungschancen zu vergeben.
  • Auch Zeugen sollten vorab den Rat eines Fachanwalts für Strafrecht einholen.

Rechtsanwalt Jan Eils

zugleich Fachanwalt für Strafrecht


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