Praxisleitfaden für Geschäftsleiter in Krisenzeiten: Pflichten zur Sicherung der Solvenz
- 3 Minuten Lesezeit
von Rechtsanwalt Felix Tittel*
Einleitung
In Krisenzeiten stehen Geschäftsführer vor großen Herausforderungen. Ihre oberste Pflicht: Den Fortbestand der Gesellschaft sichern. Dabei geht es nicht nur um das Unternehmen selbst, sondern auch um die Vermeidung von Schäden für Dritte. Was müssen Sie als Geschäftsführer in Krisenzeiten beachten? Dieser Leitfaden zeigt Ihnen, welche Pflichten auf Sie zukommen und wie Sie mit Risiken umgehen sollten.
1. Überblick: Ihre Pflichten als Geschäftsführer
Geschäftsführer müssen regelmäßig überprüfen, ob das Unternehmen zahlungsfähig bleibt. Zeigen sich Risiken, müssen sie sofort Maßnahmen ergreifen und die Gesellschafter informieren. Tun sie das nicht, haften sie persönlich. Drei zentrale Pflichten stehen dabei im Mittelpunkt:
- Solvenzüberwachungspflicht: Permanente Überprüfung der finanziellen Lage.
- Solvenzsicherungspflicht: Ergreifen von Maßnahmen zur Sicherung der Liquidität.
- Krisenaufklärungspflicht: Information der Gesellschafter über Gefahren für den Fortbestand.
2. Solvenzüberwachungspflicht: Frühwarnsysteme nutzen
Als Geschäftsführer müssen Sie immer ein Auge auf die Liquiditätslage haben. Dazu gehören:
- Liquiditätsplanung: Erstellen Sie regelmäßig einen Liquiditätsplan für die nächsten 24 Monate. So erkennen Sie frühzeitig, wann Geld knapp werden könnte.
- Finanzkennzahlen überwachen: Behalten Sie Umsatz, Kosten und Fremdkapital im Blick. Setzen Sie Frühwarnsysteme ein, um Engpässe zu erkennen.
Praxis-Tipp: Aktualisieren Sie die Pläne und Prognosen regelmäßig und passen Sie sie an neue Entwicklungen an. Ein veralteter Plan hilft niemandem.
3. Solvenzsicherungspflicht: Aktiv gegensteuern
Stellen Sie fest, dass Ihr Unternehmen in Zukunft zahlungsunfähig werden könnte, müssen Sie handeln. Mögliche Maßnahmen:
- Kostensenkung: Reduzieren Sie unnötige Ausgaben, verkaufen Sie ungenutzte Vermögenswerte.
- Finanzierung sichern: Prüfen Sie die Möglichkeiten zur Beschaffung von Eigen- oder Fremdkapital.
- Betriebsteile schließen: Ist ein Unternehmensbereich dauerhaft defizitär, stellen Sie ihn ein.
Achtung: „Prinzip Hoffnung“ ist keine Strategie. Wenn die Krise droht, können Sie sich nicht darauf verlassen, dass sich alles von allein regelt.
4. Krisenaufklärungspflicht: Kommunikation ist der Schlüssel
Sind Risiken erkennbar, müssen Sie sofort den Aufsichtsrat oder die Gesellschafterversammlung informieren. Dabei geht es nicht nur um die Formalität, sondern darum, den Gesellschaftern die Möglichkeit zu geben, mitzuentscheiden. Nur so können Sie späteren Haftungsrisiken vorbeugen.
- Berichtspflicht: Erstellen Sie einen umfassenden Bericht über die finanzielle Situation und mögliche Gegenmaßnahmen.
- Entscheidungen einholen: Legen Sie den Gesellschaftern konkrete Handlungsvorschläge vor und lassen Sie über Maßnahmen abstimmen.
5. Haftung vermeiden: So sichern Sie sich ab
Geschäftsführer, die trotz erkennbarer Risiken nicht handeln, haften persönlich. Dies nennt man „Sanierungsverschleppung“. Um das zu vermeiden, sollten Sie:
- Dokumentieren: Halten Sie Ihre Überwachungs- und Sicherungsmaßnahmen schriftlich fest. So können Sie im Streitfall nachweisen, dass Sie Ihrer Pflicht nachgekommen sind.
- Rechtsrat einholen: Lassen Sie sich in unklaren Situationen rechtlich beraten. Eine frühzeitige Einschätzung kann Ihnen später viel Ärger ersparen.
6. Handlungsanweisung: Was tun bei drohender Krise?
- 1. Schritt: Frühwarnsysteme installieren. Überwachen Sie permanent die Liquiditätsentwicklung und passen Sie Ihren Liquiditätsplan an.
- 2. Schritt: Maßnahmen zur Sicherung der Solvenz ergreifen. Kosten senken, Kapital beschaffen oder Betriebsteile schließen.
- 3. Schritt: Information der Gesellschafter. Berichten Sie unverzüglich über die Risiken und schlagen Sie konkrete Maßnahmen vor.
- 4. Schritt: Dokumentation. Halten Sie alles schriftlich fest, um im Zweifel Ihre Sorgfaltspflichten nachweisen zu können.
- 5. Schritt: Rechtlichen Rat einholen. Sichern Sie sich rechtlich ab, bevor Sie Entscheidungen treffen.
Fazit
Als Geschäftsführer sind Sie in Krisenzeiten besonders gefordert. Ihr Ziel muss es sein, den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern, bevor es zu spät ist. Dabei hilft es, die finanziellen Entwicklungen stets im Blick zu haben, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen und die Gesellschafter umfassend zu informieren. So vermeiden Sie nicht nur eine Haftung, sondern tragen auch zum langfristigen Erfolg des Unternehmens bei.
Über den Autor und die Kanzlei
Felix Tittel ist Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht und zertifizierter Restrukturierungs- und Sanierungsexperte. Er berät Unternehmen und Geschäftsführer bei der Bewältigung von Krisen und der Vermeidung persönlicher Haftungsrisiken. Mit seiner langjährigen Erfahrung hilft er, komplexe Insolvenzen effizient zu lösen und langfristige Sanierungserfolge zu erzielen.
LFR Wirtschaftsanwälte ist eine spezialisierte Kanzlei in München, die Unternehmen, Unternehmer und Freiberufler in allen Fragen des Wirtschaftsrechts unterstützt. Die Kanzlei bietet umfassende Beratung im Bereich Sanierung, Restrukturierung und Insolvenz an. Weitere Informationen finden Sie unter: Restrukturierung & Insolvenz - LFR Wirtschaftsanwälte (lfr-law.de)
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