Reisen mit Bargeld – Geldwäsche & Sicherstellung nach § 12a ZollVG– Teil 3: Wie geht es nach der Sicherstellung weiter?
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Im ersten Teil unserer Rechtstipps zum Clearingverfahren haben wir Ihnen erläutert, was Sie bei der Ein-, Aus- oder Durchreise mit Bargeld oder ihm gleichgestellten Zahlungsmitteln in Höhe von mindestens 10.000,00 EUR in bzw. aus der Bundesrepublik beachten sollten. Im nachfolgenden Rechtstipp haben wir Ihnen erläutert, was Sie bei einem Verstoß gegen das Zollverwaltungsgesetz erwartet und was es in Bezug auf die geforderten Angaben abzuwägen gilt..
Nunmehr wollen wir Ihnen erklären, was genau passiert, wenn das Geld beschlagnahmt wurde und wie sich das Verfahren entwickeln kann.1
Mein Bargeld wurde sichergestellt, wie geht es weiter?
Findet der Zoll Ihre Angaben zur Herkunft des Bargeldes oder dessen Verwendung nicht glaubhaft oder geht er davon aus, dass die Angaben unvollständig sind, wird er das Geld zunächst für 30 Tage sicherstellen. Reicht die Zeit nicht aus, um die Herkunft des Geldes aufzuklären, wird der Zoll beim zuständigen Amtsgericht einen richterlichen Beschluss beantragen, durch den die ursprünglich 30-tägige Frist zur Sicherstellung auf 90 Tage verlängert werden kann. Diese Verlängerung ist einmalig und kann nicht wiederholt werden.
Was passiert in der Zeit der Sicherstellung?
Die Sicherstellung des Geldes dient dazu herauszufinden, woher das Geld stammt und wie es voraussichtlich verwendet werden soll. Der Zoll wird Sie deshalb auffordern, Unterlagen vorzulegen, aus denen sich Antworten auf diese Fragen ergeben. Wie Sie mit dieser Aufforderung umgehen sollten, haben wir Ihnen detailliert im ersten Teil dieses Rechtstipps aufbereitet.
Ob und wenn ja welche Unterlagen Sie vorlegen sollten, lässt sich ohne Kenntnis des konkreten Sachverhalts nicht beantworten. Man kann aber ganz generell sagen, dass der Zoll sich nicht darauf verlassen wird, dass Sie Angaben zur Herkunft der Barmittel machen, sondern auch selbständig Ermittlungen durchführen wird. Hier kommt die Einholung von Registerauszügen ebenso in Betracht wie ganz allgemeine polizeiliche Abfragen. Auch die Einholung von BaFin-Auskünften ist vorstellbar und nicht selten wird man eine simple Internetrecherche über den Betroffenen durchführen. In nicht wenigen Strafverfahren führen öffentlich zugängliche social media Profile dabei zu weiteren Ermittlungsansätzen.
Muss ich beweisen, dass das Geld rechtmäßig erlangt wurde?
Nein, das müssen Sie nicht. Überhaupt muss man unterscheiden:
a) Clearingverfahren
Das Clearingverfahren verfolgt (nur) den Zweck, aufzuklären, woher das Geld stammt und wie mit diesem Geld umzugehen ist. Es gilt deshalb, was wir im ersten Teil des Rechtstipps bereits ausgeführt haben:
Haben Sie die Barmittel angemeldet und die geforderten Angaben gemacht, haben Sie Ihre Pflichten grundsätzlich erfüllt. Weitergehende Unterlagen sollten allenfalls die Angaben, die Sie in dem Anmeldebogen gemacht haben, stützen. Hierbei ist wiederum zu beachten, dass unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Anmeldung eine Ordnungswidrigkeit darstellen, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann.
Unrichtige oder unvollständige Angaben in der Anmeldung alleine führen aber noch nicht dazu, dass man ein Strafverfahren wegen Geldwäsche gegen Sie einleiten darf.
Legen Sie auf Anforderung des Zolls allerdings Unterlagen vor, die zwar Ihre ursprünglichen Angaben ergänzen, zugleich aber jedenfalls aus Sicht des Zolls Anhaltspunkte auf eine Geldwäschestraftat bieten, besteht einerseits die Gefahr, dass man Ihre ursprünglichen Angaben als unvollständig bewertet, worin eine Ordnungswidrigkeit läge. Zugleich muss der Zoll das Verfahren an die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Geldwäsche abgeben. Hier droht dann sogar der dauerhafte Verlust des gesamten Geldes.
b) Strafverfahren
Geht der Zoll aufgrund eigener Ermittlungen oder der von Ihnen vorgelegten Unterlagen davon aus, dass eine Geldwäschestraftat im Raum steht, muss er das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgeben.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun, ob man Ihnen persönlich eine Straftat nachweisen kann. Ist das nicht der Fall, so prüft die Staatsanwaltschaft, ob man das Geld im Wege der sog. selbständigen Einziehung dauerhaft einziehen kann. Hierfür reicht es aus, dass das Geld nach Auffassung eines Gerichts aus irgendeiner rechtswidrigen Straftat stammt. Wer, wann und auf welche Art und Weise diese Straftat begangen hat, muss nicht näher konkretisiert werden.
Praxistipp: Im Strafverfahren gilt der sog. nemo – tenetur Grundsatz, wonach sich niemand selbst einer Straftat bezichtigen oder zu seiner Überführung beitragen muss. Sie können bei eingeleitetem Strafverfahren also ohne unmittelbare, negative Konsequenzen schweigen und sollten dies – zumindest vor Akteneinsicht – auch tun.
c) Was bedeutet das konkret?
Konkret bedeutet all‘ das, dass man keine generelle Aussage darüber treffen kann, wie in der konkreten Situation vorgegangen werden sollte. Vielmehr muss man zunächst immer überprüfen, ob man sich (noch) im Clearingverfahren oder (schon) im Strafverfahren befindet. In letzterem sollte man ohne Aktenkenntnis ohnehin keine Angaben machen und im Clearingverfahren läuft man Gefahr, gerade durch die eigenen Angaben die Grundlage für den Anfangsverdacht einer Straftat zu schaffen.
Praxistipp: Seit der Einführung des § 76a Abs. 4 StGB und der Regelung in § 437 StPO trifft man immer wieder auf die irrige Rechtsauffassung, der Gesetzgeber habe eine „Beweislastumkehr“ für „Vermögen unklarer Herkunft“ eingeführt. Das ist schlicht falsch, wie inzwischen unterschiedliche Autoren mehrfach unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten erläutert haben. Lassen Sie sich von entsprechenden Behauptungen also nicht verunsichern.
Was hat es mit der Sicherheitsleistung auf sich?
Haben Sie keinen festen Wohnsitz in Deutschland, kann der Zoll eine sog. Sicherheitsleistung von Ihnen verlangen. Die Sicherheitsleistung dient dazu, die Geldbuße, die durch die Nichtanmeldung von Bargeldbeträgen im Ordnungswidrigkeitenverfahren festgesetzt werden kann, abzusichern. Wird ein Clearingverfahren eingeleitet, das heißt die von Ihnen mitgeführten Barmittel sichergestellt, wird regelmäßig keine weitere Sicherheitsleistung von Ihnen verlangt, weil die Behörden dann bereits in Besitz dieser Barmittel und damit hinreichend abgesichert sind.
Die 90-Tagesfrist ist abgelaufen, was nun?
Ist die 90 Tagesfrist abgelaufen, muss das Geld entweder an Sie zurückgegeben oder ein Strafverfahren eingeleitet werden. Letzteres kommt regelmäßig vor, die Ermittlungen werden dann wegen des Verdachts der Geldwäsche geführt. Zur Überleitung ins Strafverfahren reicht es dabei aus, dass aufgrund von Tatsachen nach kriminalistischer Erfahrung eine Straftat möglich ist. In Anbetracht der aktuellen Rechtsprechung, wonach der Besitz von hohen Bargeldbeträgen grundsätzlich verdächtig sein soll, müssen vor Einleitung des Strafverfahrens keine hohen Hürden überwunden werden.
Das Strafverfahren nimmt sodann seinen gewohnten Gang. Für das Strafverfahren ist es unstrittig, dass Sie nicht verpflichtet werden können, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken. Das gilt selbst dann, wenn man (nur) ein selbständiges Einziehungsverfahren führen will. Nach Abschluss der Ermittlungen entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob und unter welchen Voraussetzungen sie das Verfahren einstellt, Sie anklagt oder ins selbständige Einziehungsverfahren überleitet.
Brauche ich einen Anwalt?
Sie sind nicht verpflichtet, sich im Zoll- oder Strafverfahren durch einen Anwalt vertreten zu lassen. Selbstverständlich kann Ihnen kompetenter anwaltlicher Rat den Verfahrensablauf vereinfachen und Sie so vor Fehlern bewahren. Letztlich müssen Sie dabei selbst entscheiden, ob es Ihnen eine gute Verteidigung wert ist, zusätzlich Geld in einen Anwalt zu investieren. Dabei gilt, dass je früher ein Verteidiger beauftragt wird, umso mehr Einflussmöglichkeiten hat er auf das Verfahren.
Fazit
Die Sicherstellung von Bargeld bei der Ein- oder Ausreise aus der Bundesrepublik ist ein Standardverfahren der Zollbehörden, das in Zeiten der Geldwäscheprävention Hochkonjunktur hat. Für die Betroffenen bedeutet das nicht nur den vorübergehenden, sondern unter Umständen sogar den dauerhaften Verlust des Bargeldes. Das ist vor allem deshalb bedenklich, weil nicht jeder, der eine große Mengen Bargeld auf Reisen mit sich führt, kriminell ist. Die in der Rechtsprechung ausdrücklich so vertretene Auffassung, in Zeiten des digitalen Zahlungsverkehrs sei das Mitführen hoher Bargeldbeträge hochgradig verdächtig und trüge „den Stempel der Vertuschung und Verschleierung der Herkunft dieses Geldes regelrecht auf der Stirn“, macht deutlich, in welch‘ schwieriger (Beweis-)Situation sich der Betroffene befindet.
Nach unserer Auffassung sind Sie grundsätzlich nicht verpflichtet, wenn der Zoll Ihre Barmittel sichergestellt hat, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken. Eine solche Mitwirkungspflicht steht, gerade auch in Anbetracht eines drohenden Strafverfahrens wegen des Verdachts der Geldwäsche, in diametralem Widerspruch zu Ihrem verfassungsrechtlich verankerten Aussageverweigerungsrecht.
Ob Sie gleichwohl Angaben machen, sollte im konkreten Einzelfall nach Akteneinsicht entschieden werden.
1Disclaimer: Der Inhalt dieses Rechtstipps wurden mit großer Sorgfalt gestaltet und veröffentlicht. Gleichwohl kann es immer vorkommen, dass Inhalte unrichtig, unvollständig oder nicht (mehr) aktuell sind. Insbesondere für die dargestellten Rechtsansichten gilt, dass diese nicht zwingend von einem Gericht oder den Strafverfolgungsbehörden geteilt werden müssen. Für den dargestellten Inhalt, dessen Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität kann daher keine Gewähr übernommen werden. Es handelt sich bei diesem Rechtstipps außerdem nicht um eine individuelle Rechtsberatung, sondern lediglich um nicht abschließende Hinweise, worauf man bei der Reise mit Bargeld in jedem Fall achten muss.
Autor: Rechtsanwalt Dr. Pascal Johann; seit 2013 Kommentator der Vermögensabschöpfungsvorschriften der §§ 111b ff. StPO im Löwe-Rosenberg Großkommentar zur Strafprozessordnung; Promotion zum Dr. iur. im Jahr 2018 zum Thema der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung; deutschlandweite Vortragstätigkeit zu Fragen des Vermögensabschöpfungsrechts.
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