Robert Habeck und die Grünen: Drohen bald Sozialversicherungsbeiträge auf Kapitalerträge und Mieteinkünfte?
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Wahlkampf, so stellte der SPD Politiker Franz Müntefering einst fest, „ist immer auch ein Stück weit Zuspitzung.“ Inwieweit die Überlegungen des noch amtierenden Wirtschaftsministers Robert Habeck und anderen Politikern, auch andere Einkunftsarten wie insbesonere Kapitalerträge und Mieteinkünfte der Sozialversicherungspflicht zu unterwerfen, um das Loch in den Sozialkassen zu stopfen, bloße "Zuspitzung" sind, bleibt bis nach der Bundestagswahl abzuwarten. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit den Grundlagen des Vorschlags und zeigt die (üblichen) Vermeidungsstrategien auf.
Wer unterliegt der Sozialversicherungspflicht?
Arbeitnehmer und Auszubildende sind in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert, wenn ihr Einkommen unterhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (Versicherungspflichtgrenze) liegt, Daneben besteht Versicherungszwang in der Renten-, Pflege- (über die Krankenversicherung), Unfall- und Arbeitslosenversicherung. Weitere Gruppen sollen aus Gründen der Vereinfachung ausgespart werden. Denn es ist vorliegend entscheidend, dass ausschließlich natürliche Personen der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Gesellschaften als juristische Personen unterliegen demnach nicht der Versicherungspflicht.
Sozialversicherungsleistungen basieren auf dem Gedanken, dass Beitragszahler später eine entsprechende Gegenleistung erhalten (z. B. Rente, Arbeitslosengeld). Bei Kapital- und Mieteinkünften fehlt dieser direkte Zusammenhang, da diese Einkünfte nicht durch Erwerbstätigkeit generiert werden, sondern durch bereits versteuertes Kapital.
Eine Beitragspflicht dürfte weiter einen schwerwiegenden Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum darstellen (Art. 14 GG). Es dürfte bei den Betroffenen erheblichen Widerstand geben, so dass Klagen mit dem Argument der Verfassungswidrigkeit unausweichlich sein dürften.
Die Behandlung von Kapitalerträgen und Mieteinkünften im Privat- und im Gesellschaftsvermögen
Das Erzielen von Kapitalerträgen aus Zinsen, Dividenden und Unternehmensbeteiligungen bemisst sich bei natürlichen Personen nach dem Einkommensteuergesetz (EStG). Kapitalerträge werden pauschal mit der sog. Kapitalertragssteuer (auch "Abgeltungssteuer" genannt) zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. zzgl. Kirchensteuer erhoben. Gleiches gilt bei der Erzielung von Mieteinkünften, wenn sich diese im Privatvermögen befinden. Dann gilt auch hier das Einkommenssteuergesetz.
Anders verhält es sich, wenn die Kapitalerträge oder Mieterträge durch eine Kapitalgesellschaft (UG, GmbH oder AG) erzielt werden, an der eine natürliche Person beteiligt ist. Werden die Kapitalbeteiligungen und Immobilien z.B. in einer (vermögensverwaltenden) GmbH gehalten, kann eine Sozialversicherungspflicht wegen der Trennung zwischen dem Vermögen der Kapitalgesellschaft und der an ihr beteiligten natürlichen Personen nur bei letzteren erfolgen. Und hier ist zu unterscheiden: Ausschüttungen an Gesellschafter einer GmbH stellen in der Regel Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Da es sich hierbei grundsätzlich nicht um Arbeitsentgelt im Sinne des Sozialversicherungsrechts handelt, fallen auch keine Sozialabgaben an. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beteiligung mehr als 50% beträgt (sog. beherrschender Gesellschafter). Erzielt der Gesellschafter ein Geschäftsführergehalt, dann handelt es sich dagegen um Arbeitsentgelt. Sofern ein Gesellschafter also keine arbeitsrechtliche oder geschäftsführende Tätigkeit für die GmbH ausübt und die Ausschüttungen rein aus der Kapitalbeteiligung stammen, unterliegen diese nicht der Sozialversicherungspflicht (Das Thema "verdecktes Arbeitsentgelt" soll hierbei aus Gründe der Einfachheit ausgespart werden.
Fazit: Sozialabgaben klingen einfach besser als Steuererhöhungen
Die Einführung einer Sozialversicherungspflicht auf Kapitalerträge und Mieteinkünfte erscheint als ein fragwürdiger Ansatz, um die leeren Beitragskassen der Sozialsysteme zu stützen. Insbesondere bei Kleinanlegern und Vermietern, die lediglich einen ETF-Sparplan oder eine einzelne Immobilie zum Zweck der Vermietung besitzen, dürfte das erzielte Aufkommen die damit verbundenen Verwaltungs- und Überwachungsaufwände in der Steuerverwaltung kaum rechtfertigen. Die zusätzliche Belastung würde diese Zielgruppe, die häufig mit schmalen Renditen für die private Altersvorsorge arbeitet, überproportional treffen und somit die Akzeptanz für solche Maßnahmen deutlich schmälern.
Zudem bleibt zu bedenken, dass Kapitalanleger und Immobilieninvestoren nach deutschem Recht über umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten verfügen, um Belastungen rechtssicher und spürbar zu minimieren. So können z.B. (vermögensverwaltende) Gesellschaften, insbesondere in Holding-Strukturen, genutzt werden, um Steuern und weitere Kapitalbelastungen wirksam zu senken. Gleichzeitig wird das Risiko potenzieller Verluste auf die Gesellschaft beschränkt, was den Schutz und die Flexibilität der Anleger und Investoren erhöht.
Insgesamt besteht aus Sicht des Autors die Gefahr, dass eine Sozialversicherungspflicht insbesondere auf Kapital- und Mieteinkünfte letztlich eher symbolische Wirkung entfaltet, ohne das angestrebte Ziel einer nachhaltigen Stärkung der Sozialversicherungssysteme zu erreichen. Stattdessen drohen zusätzliche Bürokratie und eine Belastung vor allem der Mittelschicht, während vermögende Akteure weitgehend unberührt bleiben werden.
Rechtsanwalt Markus Mehlig ist im Schwerpunkt im Bank- und Kapitalmarktrecht, Unternehmenssteuerrecht und Gesellschaftsrecht tätig. Er berät bundesweit private Kapitalanleger und Immobilieninvestoren, Unternehmer und Selbständige zu allen Fragen im Thema Steueroptimierung und Vermögensschutz.
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