Prämiensparvertrag- BaFin ruft zur Prüfung der Verträge auf! Zinsen zurückfordern!

  • 3 Minuten Lesezeit

Worum es geht: 


Verbraucherdarlehensverträge, Kontokorrentverträge aber auch Sparverträge (unter anderem Prämiensparverträge) werden meist mit fest vereinbarten Zinskonditionen abgeschlossen. 

Wird jedoch ein variabler Zinssatz vereinbart, der während der Vertragsdauer vom Kreditinstitut verändert werden kann und sich nach einem Index oder Referenzzinssatz richtet, ist die Vereinbarung nur wirksam, wenn der Index oder Referenzzinssatz eindeutig bestimmt und für beide Vertragsparteien verfügbar und überprüfbar ist, § 492 Abs. 7 BGB. 

Die Anpassung des Sollzinssatzes mit variabler Verzinsung wird erst wirksam, nachdem der Kunde über die Einzelheiten informiert worden ist. Bei Verbraucherdarlehensverträgen ergibt sich das aus Art. 247 § 15 EGBGB.

Eine wirksame Vereinbarung über variable Zinsen muss folgende Elemente festlegen:

  • den Anpassungszinssatz, d.h. einen objektivierbaren Referenzmarktzinssatz, an dem sich die Zinsänderungen orientieren,
  • das Anpassungsintervall, d.h. ein konstanter Zeitraum zwischen den Anpassungen,
  • die Anpassungsmarge, d.h. die Mindestveränderung des Referenzzinssatzes zum vorherigen Anpassungstermin, die zwangsläufig zu einer Anpassung führen soll.

Zinsklauseln, die sich lediglich allgemein auf den Marktzins beziehen bzw. auf das allgemeine Zinsniveau, stellen eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher dar, da sie ohne jegliche Aussagekraft sind. Zumindest der Referenzzins und die Anpassungsmasse müssten vorgegeben sein, um den Verbraucher eine angemessene Kontrolle der Abwicklung seines Vertrages zu ermöglichen.

Ist die verwendete Anpassungsklausel unzulässig, muss im Wege ergänzender Vertragsauslegung, §§ 133, 157 BGB, ein Maßstab gefunden werden, nach dem der Vertrag dann abzurechnen ist.

Dass die Parteien für diesen Fall von einem zinslosen Darlehen ausgegangen wären, ist nicht anzunehmen.

An ihre Stelle tritt eine nach dem mutmaßlichen Willen der Parteien ausgestaltete Änderungsklausel mit konkreten und zulässigen Parametern.

  

Was bedeuten diese Grundsätze für Prämiensparverträge?

Das Oberlandesgericht Dresden hat mit Urteil 22.04.2020, Az.:  5 MK 1/19, in einem Musterprozess über zahlreiche Prämiensparverträge und die darin enthaltenen Zinsänderungsklauseln entschieden.

Bei den Sparverträgen "S-Prämiensparen flexibel" hat das OLG Dresden entschieden, dass keine wirksame Zinsanpassungsregelung für den variablen Zinssatz formularmäßig vertraglich vereinbart wurde, insbesondere nicht durch die Formulierung: "Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ... % verzinst".

Das OLG Dresden hat sich den zahlreichen Entscheidungen des BGH angeschlossen (BGH, Urteil vom 10.6.2008 – XI ZR 211/07; BGH, Urteil vom 13.4.2010 – XI ZR 197/09; BGH, Urteil vom 14.3.2017 – XI ZR 508/15), in denen der BGH entschieden hat, dass derartige Klauseln unwirksam sind. Hintergrund ist, dass diese Klausel nur der Bank/Sparkasse das Recht einräumt, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, sie aber nicht verpflichtet ist, niedrige Zinsen auch an den Kunden weiterzugeben.

Auch der durch einen Aushang bekannt gemachte Zinssatz genügt nicht, denn es weist nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit auf. Zudem sind Zinsänderungen in sachlicher und zeitlicher Hinsicht für den Verbraucher nicht mit der gebotenen Sicherheit zu kontrollieren.

Das Verfahren ist derzeit vor dem Bundesgerichtshof unter dem Az.: XI ZR 234/20 anhängig.

Was Sie bei unwirksamen Zinsklauseln tun können:

Eine falsche Zinsanpassungsklausel berührt die Gültigkeit des Vertrags nicht. Der Vertrag, sei es ein Verbraucherdarlehensvertrag oder ein Prämiensparvertrag, bleibt nach wie vor gültig. 

Allerdings steht Ihnen rückwirkend möglicherweise ein Erstattungsanspruch zu. Für die künftige Regelung muss ihre Bank/ Sparkasse die Zinsklausel offen legen bzw. ändern.

Sie können bei ihrer zentralen Verbraucherschutzorganisation eine Nachberechnung der Zinsen durchführen lassen. Diese werden meist durch Kreditsachverständige nach finanzmathematischen Formeln vorgenommen. 

Der sich dann ergebende Überschuss sollte anwaltlich von der Bank/Sparkasse zurückgefordert werden. 

Damit Sie nicht auf den Anwaltskosten sitzen bleiben, sollten Sie Ihre Bank/Sparkasse auffordern, den durch den Kreditsachverständigen berechneten Überschuss binnen einer vorgegebenen Frist an Sie zu zahlen.

Sollte die Frist verstreichen oder die Bank die Ablehnung erteilen, können Sie sich später die Rechtsverfolgungskosten erstatten lassen.


Stellungnahme der BaFin als Aufsichtsbehörde:

Die BaFin appelliert an die Verbraucher in ihrem Rundschreiben vom 02.12.2020 offiziell zur Überprüfung der Verträge! 

Die fehlerhaften Zinsanpassungsklauseln sind ihr bereits bekannt. Die BaFin hat in ihrem BaFin-Journal hierüber bereits berichtet.



Bei komplexen Rechtsstreitigkeiten ist es ratsam, sich an einen Spezialisten zu wenden, um fachkundige Unterstützung zu erhalten. Frau Rechtsanwältin Kes ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und vertritt die Interessen von Privatanlegern bundesweit.

Sie können uns unverbindlich kontaktieren und ihre Vertragsunterlagen zusenden. Sofern Sie rechtsschutzversichert sind, erstellen wir kostenlos eine Deckungsanfrage.


Rechtsanwaltskanzlei Handan Kes

-Fachanwaltskanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht-

Klaus-Kordel-Str. 4, c/o ZWO65  

D-54296 Trier

Tel.: +49 (0) 651- 56 123 941

E-Mail: Post@rechtsanwaltskanzlei-kes.de

Internet: www.rechtsanwaltskanzlei-kes.com

Foto(s): istock foto

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Handan Kes

Beiträge zum Thema