Sachgrundlose Befristung: Bundesarbeitsgericht ändert Rechtsprechung

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Der Kläger begehrte die Feststellung, dass sein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis zu dem im Vertrag vereinbarten Zeitpunkt nicht beendet wurde. Mit seiner Klage war er erfolgreich. 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 23.01.2019 entschieden:

Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin bereits acht Jahre zuvor ein Arbeitsverhältnis von etwa eineinhalbjähriger Dauer bestanden hat, das eine vergleichbare Arbeitsaufgabe zum Gegenstand hatte (BAG, Urteil vom 23.01.2019, 7 AZR 733/16).

Diese Entscheidung überrascht zunächst, hatte doch das BAG noch 2011 entschieden, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG in verfassungskonformer Auslegung nicht solche Vorbeschäftigungen erfasst, die länger als drei Jahre zurückliegen (vgl. BAG, 7 AZR 716/09 und 7 AZR 375/10).

Jedoch entschied das Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) am 06.06.2018 (1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14), dass das BAG durch die Annahme, eine sachgrundlose Befristung sei nur dann unzulässig, wenn eine Vorbeschäftigung weniger als drei Jahre zurückliege, die Grenzen vertretbarer Auslegung gesetzlicher Vorgaben überschritten habe, weil der Gesetzgeber eine solche Karenzzeit erkennbar nicht regeln wollte. 

Nach Ansicht des BVerfG sei es aber weiterhin möglich, dass die Arbeitsgerichte durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist. Dies könne dann der Fall sein, wenn eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht bestehe und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich sei, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. 

Das Verbot der sachgrundlosen Befristung kann daher nach Auffassung des BAG unzumutbar (und mithin eine sachgrundlose Befristung trotz Vorbeschäftigung zulässig) sein, wenn eine Vorbeschäftigung „sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist“ (so das BAG in der Pressemitteilung Nr. 3/19 zur Entscheidung). 

In dem nun vom BAG entschiedenen Fall lagen zwischen Ende der Vorbeschäftigung und Beginn der sachgrundlosen Befristung knapp acht Jahre, womit die Vorbeschäftigung laut BAG „nicht sehr lang zurück“ lag.

Das BAG verneinte zudem einen Vertrauensschutz des Arbeitgebers im Hinblick auf die 2011 ergangenen Entscheidungen des BAG mit dem Argument, der Arbeitgeber habe „jedenfalls die Möglichkeit in Betracht ziehe“ müssen, dass das BVerfG der Gesetzesauslegung durch das BAG nicht folgen würde. 

Hinweis:

Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. 

Arbeitgeber sind daher gehalten, vor Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages immer dann, wenn die Befristung sachgrundlos erfolgen soll, genau zu prüfen, ob mit dem Arbeitnehmer bereits früher einmal ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und wie dieses inhaltlich ausgestaltet war. Rechtsfolge einer unwirksamen sachgrundlosen Befristung ist, dass das Arbeitsverhältnis als unbefristetes Arbeitsverhältnis gilt.


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