Saisonarbeit, kurzfristige Beschäftigung, geringfügige Beschäftigung, Arbeit auf Abruf

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Achtung Saisonarbeitsverhältnisse: Welcher Minijob hat welche Konsequenzen - kurzfristige Beschäftigung, geringfügige Beschäftigung, Arbeit auf Abruf?

Im Hinblick auf den nahenden Winter stellt sich für Arbeitgeber, die Saisongewerbe betreiben (in Skigebieten, auf Weihnachtsmärkten, im Hotel- und Gastronomiebereich), die Frage, wie sie am kostengünstigsten Arbeitnehmende für die Saison beschäftigen können.

Hier bieten sich die „Minijobs“ nach § 8 SGB IV an, die sozialversicherungsrechtliche und lohnsteuerrechtliche Vorteile bieten. Viele Arbeitgeber möchten zudem die Möglichkeit eines flexiblen, bedarfsgebundenen Arbeitseinsatzes haben.

Hierzu sind aber zum einen die Voraussetzungen und Konsequenzen der unterschiedlichen geringfügigen Beschäftigungsmodelle zu beachten, zum anderen auch die seit 01.08.2022 geltenden Formvorschriften und Erfordernisse bei befristeten Arbeitsverhältnissen, insbesondere bei der sog. "Arbeit auf Abruf" zu beachten:

Während die geringfügig entlohnte Beschäftigung gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV  auf eine bestimmte Dauer bzw. regelmäßige Wiederkehr mit Verdienstgrenze angelegt ist, sieht die kurzfristige Beschäftigung  gem. § 8 Abs. 1 N.2 SGB IV hingegen als Grundvoraussetzung einen gelegentlichen, zeitlich befristeten Arbeitseinsatz vor, bei dem die Geringfügigkeitsverdienstgrenzen auch überschritten werden können.

Die beiden Beschäftigungsmodelle schließen sich aber nicht zwangsläufig gegenseitig aus.

Es gibt allerdings Besonderheiten, die beachtet werden müssen:

Bei der geringfügigen Beschäftigung

    • gelten die Verdienstgrenzen von (bis 30.09.2022 420 Euro) seit 01.10.2022 520 Euro
    • (nur) der Arbeitgeber muss einen pauschalen Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 13 Prozent zahlen (bei gesetzlicher Krankenversicherung oder Familienversicherung des Arbeitnehmenden), bei privater KV  entfällt der Pauschalbeitrag
    • für die Rentenversicherung beträgt der Arbeitgeberanteil 15 Prozent, der Arbeitnehmendenanteil 3,6 Prozent
      • Befreiungsmöglichkeit auf schriftlichen Antrag des Arbeitnehmenden
    • für die Lohnsteuer gilt entweder eine 2 %-Pauschalsteuer oder  die individuelle Besteuerung für den Arbeitnehmenden

Eine kurzfristige Beschäftigung ist sozialversicherungsfrei. Für Arbeitgeber fallen auch keine Pauschalbeiträge an, vorausgesetzt:

    • die Tätigkeit umfasst nicht mehr als 70 Arbeitstage im Kalenderjahr
    • oder bei einer 5-Tage-Woche nicht mehr als 3 Monate innerhalb eines Kalenderjahres
      • für die Zeitgrenzen werden alle kurzfristigen Beschäftigungen im Jahr zusammengerechnet, egal, bei welchen Arbeitgebern (entsprechende Erklärungen des Arbeitnehmenden sollten daher unbedingt vertraglich festgehalten werden, denn es droht ggf. die volle Sozialversicherungspflicht!)
      • und die Tätigkeit nicht berufsmäßig ausgeübt wird (nur sofern der durchschnittliche monatliche Verdienst die Geringfügigkeitsgrenzen überschreitet!
      • Lohnsteuer wird nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmenden entrichtet
      • 25%-Pauschbetrag möglich, wenn
        • die Beschäftigung nicht länger als 18 zusammenhängende Arbeitstage beträgt
        • der maximale Verdienst durchschnittlich EUR 120 pro Arbeitstag bzw. EUR 15 Stundenlohn (ab 01.01.2023  EUR 150/19) nicht überschreitet

Für den Arbeitgeber ist die kurzfristige Beschäftigung aus Abgabensicht also immer die günstigste Variante, weil keine Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen sind und der Arbeitnehmer in der Regel die Steuern zahlt. Der Minijob wäre um 30 Prozent (KV-Pauschalbeitrag: 13 Prozent, RV-Pauschalbeitrag: 15 Prozent, einheitliche Pauschsteuer: 2 Prozent) teurer.

Arbeitsrechtlich sind die Erfordernisse seit der Gesetzesänderung vom 01.08.2022 zu beachten:

  • Eine Befristung muss Beginn und Ende datumsmäßig angeben
  • schriftlich 
  • im Voraus vor Arbeitsbeginn 
  • mit Festlegung der Art und Weise der (kurzfristigen) Tätigkeit bzw. ihrem Wesen nach (z. B. Saisonarbeitsverhältnis)
  • oder aufgrund eines Rahmenvertrags auf Arbeitseinsätze von max. 70 Arbeitstagen im Kalenderjahr vereinbart werden
  • und dem Arbeitnehmenden am 1. Beschäftigungstag ausgehändigt werden.

Achtung Ausnahme der berufsmäßigen Tätigkeit:

Eine Beschäftigung ist gem. § 8 Abs. 1 Ziff. 2 2.HS SGB IV nicht kurzfristig, wenn sie berufsmäßig ausgeübt wird und das monatliche Entgelt die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet (ab 01.01.2022 520 Euro).

Berufsmäßig wird eine Beschäftigung (nur!) bei Überschreiten der Geringfügigkeitsverdienstgrenze dann ausgeübt, wenn sie für die Person von nicht untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist (keine anderweitigen Einkünfte vorliegen), wobei sämtliche kurzfristigen Beschäftigungen im Kalenderjahr zusammengerechnet werden, gleich bei welchen Arbeitgebern.

Keine berufsmäßige Beschäftigung liegt daher z.B. vor:

  • bei kurzfristigen Beschäftigungen neben einer versicherungspflichtigen (Haupt-)Beschäftigung
  • oder neben einer geringfügig entlohnten Beschäftigung (520-Euro-Job ab 01.10.2022),
  • bei kurzfristigen Beschäftigungen neben dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule
  • bei kurzfristigen Beschäftigungen zwischen dem Schulabschluss und beabsichtigter Fachschulausbildung bzw. beabsichtigtem Studium (hier muss lediglich Prognose vorliegen)
  • bei kurzfristigen Beschäftigungen während des Studiums

Berufsmäßigkeit ist dagegen grundsätzlich anzunehmen:

  • bei kurzfristigen Beschäftigungen von arbeitslos gemeldeten Personen während des Bezugs von Arbeitslosengeld
  • bei Arbeitssuchenden, die beim Arbeitsamt gemeldet sind
  • bei zulässigen Teilzeitbeschäftigungen während der Elternzeit

Achtung bei flexiblen Arbeitseinsätzen („Arbeit auf Abruf“)!

Arbeitgeber und Arbeitnehmende können vereinbaren, dass der Arbeitnehmende die Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat.

Dann müssen jedoch die Vorschriften des § 12 TzBfG für Arbeit auf Abruf berücksichtigt werden, also eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit schriftlich festlegt werden, ansonsten gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen.

Nach dem zum 01.08.2022 geänderten § 12 Abs. 3 TzBfG ist der Arbeitgeber ist zudem verpflichtet, den Zeitrahmen, bestimmt durch Referenzstunden und Referenztage, festzulegen, in dem auf seine Aufforderung hin Arbeit  überhaupt nur mindestens vier Tage im voraus mitgeteilt werden kann.

Der Arbeitnehmende ist also nach der neuen Gesetzeslage nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt und die Arbeitsleistung im Referenzzeitrahmen zu erfolgen hat.

Arbeitgeber und Arbeitnehmende sollten daher vor Aufnahme einer kurzfristigen Beschäftigung gut überlegen, welches Modell für sie jeweils die größten Vorteile bringt und sich so gut wie möglich schriftlich absichern, damit es nicht ggf. zu bösen sozialversicherungsrechtlichen oder steuerlichen Konsequenzen kommt.






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