Schaden durch Anwaltsfehler – wie bringt die Anwaltshaftung etwas?

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So ärgerlich es ist, wenn man Opfer eines Anwaltsfehlers wurde, bei einer schnellen und richtigen Reaktion lassen sich dauerhafte Schäden häufig vermeiden. Damit befasst sich dieser Rechtstipp.

Die Auseinandersetzungen über die Haftung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten werden in den kommenden Jahren sicher zunehmen. Für Mandantinnen und Mandanten wird es daher immer wichtiger, einschätzen zu können, wann Schadensersatzansprüche wegen Anwaltsfehlern bestehen und wann nicht. Rechtsanwalt Tobias Pielsticker hat in der Vergangenheit mehrfach mit Erfolg Schadensersatzklagen wegen Anwaltshaftung geführt. Davon waren beide Konstellationen betroffen, die zu einem Schaden für die Mandantin oder den Mandanten führen können.

1.    Den Prozess besser führen oder besser gar keinen Prozess führen

Die klassische Konstellation für eine Anwaltshaftung ist, dass ein Prozess zu spät oder fehlerhaft geführt wird und dadurch ein eigentlich bestehender Anspruch wegen eines Anwaltsfehlers nicht durchgesetzt werden kann. 

Daneben nehmen aber auch Fälle zu, in denen eine Klage aussichtslos war, und der Schaden daher in den Prozesskosten begründet liegt. Diese Kosten können gerade bei einem Verfahren über mehrere Instanzen sehr hoch ausfallen und daher gehört es auch zu den Anwaltspflichten, vor aussichtslosen oder sehr riskanten Prozessen deutlich zu warnen.

Ist eine solche Warnung nicht ordnungsgemäß erfolgt und wurde die Mandantin oder der Mandant dadurch zu einem unsinnigen Verfahren verleitet, so ist im Rahmen der Anwaltshaftung die damit verbundene Kostenbelastung zu erstatten.

2.    Steigende Bedeutung der Anwaltshaftung

Die zunehmende Zahl von Auseinandersetzungen über Anwaltsfehler hat mehrere objektive Gründe. Einer davon ist die Tendenz zur automatisierten Bearbeitung von Mandaten, die mit Legal Tech beschrieben wird. Die damit einhergehende Standardisierung führt immer wieder dazu, dass besondere Umstände des Einzelfalls zu spät erkannt werden. Das kann Klagen zur Folge haben, die bei einer Gesamtbetrachtung von Anfang an aussichtslos waren, oder positive Aspekte des Einzelfalls werde nicht geltend gemacht.

Legal Tech ist gegenwärtig aber sicher noch ein kleineres Problem der Anwaltschaft – viel gravierender wirkt sich die in Deutschland teilweise viel zu kurze Verjährung aus. Nicht selten wird daher versäumt, eine Klage noch rechtzeitig zu erheben. Witt Rechtsanwälte werden zu oft mit Fällen konfrontiert, in denen frühere anwaltliche Berater die Verjährungsfristen von 3 Jahren bzw. 10 Jahren übersehen haben.

Hinzu kommen nun noch die stark wachsenden Anforderungen durch den elektronischen Rechtsverkehr. Das sogenannte besondere elektronische Anwaltspostfach beA beinhaltet viele Fehlerquellen. Gerade bei kleineren Kanzleien kann davon ausgegangen werden, dass Schriftsätze häufig nicht ordnungsgemäß und damit unwirksam verschickt werden.

Schließlich hat sich auch die Transparenz aus Sicht der Mandantinnen und Mandanten stark verbessert. Durch das Internet lässt sich häufig in Erfahrung bringen, wie ähnliche Prozesse verlaufen sind. Waren andere Klagen in Parallelverfahren erfolgreich, so könnte ein Anwaltsfehler vorliegen. Früher wären solche Erfolge in Parallelverfahren unbekannt geblieben.

3.    Zwei Auseinandersetzungen in einer

Die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegenüber einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt ist grundsätzlich sehr schwierig. Nach den Erfahrungen von Rechtsanwalt Pielsticker setzt ein Erfolg außergewöhnlich hohen Einsatz im Haftungsprozess voraus. Das liegt an zwei Gründen. 

Zum einen sind die Gerichte gegenüber Anwältinnen und Anwälte eher großzügig und scheuen sich, eine Anwaltshaftung zu bestätigen. Zum anderen müssen in dem Haftungsprozess in der Regel zwei Verfahren geführt werden. Es reicht nicht aus, einen Fehler oder eine Unterlassung durch die Anwältin oder den Anwalt nachzuweisen, sondern daneben muss das Gericht auch noch davon überzeugt werden, dass dieser Fehler für die Mandantin oder den Mandanten auch zu einem Schaden geführt hat. Innerhalb des Haftungsprozesses muss also auch das Verfahren geführt werden, das aufgrund des Anwaltsfehlers verloren oder fälschlich begonnen worden ist.

Lässt die Anwältin oder der Anwalt beispielsweise einen Anspruch verjähren, so bedeutet das nicht automatisch, dass dann im Rahmen der Anwaltshaftung die Zahlung dieses Anspruchs geschuldet wird. Die Mandantin oder der Mandant müssen vielmehr nachweisen, dass der Anspruch bei einer rechtzeitigen Klage rechtlich und tatsächlich hätte durchgesetzt werden können. Daran kann es bereits scheitern, wenn der Anspruchsgegner gar nicht zahlungsfähig gewesen wäre. Durch die Anwaltshaftung kann man nur so gestellt werden, wie man ohne den Anwaltsfehler stünde. Hätte man den Prozess gewonnen, aber der Gegner keine Zahlung leisten können, so kann diese auch nicht über die Anwaltshaftung erreicht werden.

4.    Frühzeitiges Handeln erforderlich

Sofern Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Anwältin oder dem Anwalt ein Fehler unterlaufen ist, sollte möglichst schnell eine Zweitmeinung eingeholt werden. Andernfalls kann sich der Schaden unnötig vergrößern oder die Durchsetzung des Haftungsanspruchs schwerer werden.

Die Mandantin oder der Mandant sollten gerade auch im laufenden Prozess nicht zögern, anderweitig Rat einzuholen, wenn sie einen Anwaltsfehler befürchten. Nur so lässt sich sicherstellen, dass auf einen solchen Fehler optimal reagiert wird.

Häufig wird demgegenüber einfach ein Anwaltswechsel vollzogen, der aber die Durchsetzung einer Anwaltshaftung nur erschwert und nicht erleichtert.

5.    Akribische Prüfung unerlässlich

Angesichts der besonderen Anforderungen an Schadensersatzansprüche aus Anwaltshaftung ist eine sehr sorgfältige Prüfung auf beiden Ebenen erforderlich, wenn nicht auch die Auseinandersetzung mit der Anwältin oder dem Anwalt zum nächsten Schaden führen soll. Es muss eingehend geprüft werden, ob auf der ersten Ebene ein Anwaltsfehler vorliegt und ob dieser auf der zweiten Ebene wirklich zu einem Schaden geführt hat. Nur, wenn beides bejaht werden kann, ist ein Haftungsprozess sinnvoll.

6.    Berufshaftpflichtversicherung muss eintreten

Ein großer Vorteil bei der Durchsetzung der Anwaltshaftung ist, dass regelmäßig eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung eintreten muss und die Leistungsfähigkeit der Anwältin oder des Anwalts selbst daher keine entscheidende Rolle spielt. Die Deckungssumme kann allerdings auf 250.000,00 € begrenzt sein, wobei gerade größere Kanzleien häufig deutlich höhere Deckungssummen vereinbart haben.

7.    Kanzlei haftet insgesamt

Ein weiterer Vorteil für Geschädigte ergibt sich daraus, dass oft nicht nur die Sachbearbeiterin oder der Sachbearbeiter der Anwaltshaftung unterliegen, sondern auch weitere Mitglieder der Kanzlei. Auch hier ist aber eine eingehende Prüfung erforderlich, da für den Haftungsumfang die konkrete Organisation der Kanzlei entscheidend ist.

8.    Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten

Rechtsschutzversicherungen decken häufig das Vorgehen wegen eines Anwaltsfehlers ab. Das gilt insbesondere dann, wenn sie auch schon in dem Vorprozess eingetreten sind. Es ist aber auch denkbar, dass eine Rechtsschutzversicherung, die eine Zahlung für den Vorprozess aus zeitlichen Gründen verweigern durfte, den Haftungsprozess übernehmen muss.

Es sollte daher auch frühzeitig geklärt werden, ob die Deckungszusage von einer vorhandenen Rechtsschutzversicherung erreicht werden kann.

9.    Wirtschaftlichkeit nicht vergessen

Aufgrund des besonders hohen Aufwands, der regelmäßig mit der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen aus Anwaltshaftung verbunden ist, sollte man sich zunächst die Frage stellen, ob ein entsprechendes Vorgehen wirtschaftlich überhaupt sinnvoll sein kann. Nach der Erfahrung von Rechtsanwalt Pielsticker ist das bei Schäden von weniger als 10.000,00 € in der Regel zu verneinen. In diesem Bereich ist absehbar, dass der voraussichtliche Aufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Ertrag stehen wird. Das kann dann anders sein, wenn eine Rechtsschutzversicherung für die Verfolgung des Anwaltsfehlers eintritt.

Wenn Sie befürchten, Opfer eines Anwaltsfehlers geworden zu sein, können Sie sich gerne unverbindlich an Rechtsanwalt Tobias Pielsticker wenden.


Witt Rechtsanwälte

Heidelberg Berlin München


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