Setzt ein Rückerstattungsanspruch gemäß § 651h Abs.3 BGB eine offizielle Reisewarnung voraus?

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Nein. Eine offizielle Reisewarnung ist keine zwingende Voraussetzung für die erfolgreiche Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs gemäß § 651h Abs.3 BGB. Das entschied auch jüngst das AG Lüneburg in seiner Entscheidung vom 09.06.2021, Az.: 53 C 142/20.

Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Busreise in und durch die Toskana gebucht. Die Reise war für den Zeitraum vom 23.03.2020 bis zum 30.03.2020 geplant. Der Kläger stornierte die Reise am 03.03.2021 und verlangte von der Beklagten Rückerstattung des bereits geleisteten Reisepreises gemäß § 651h Abs.3 BGB. 

Eine offizielle Reisewarnung gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. 

Die Beklagte verweigerte die Rückzahlung und behauptete die Voraussetzungen für eine kostenfreie Stornierung hätten nicht vorgelegen. 

Das AG Lüneburg erklärte die vom Kläger eingereichte Klage als vollumfänglich begründet. Es verurteilte die Beklagte zur Erstattung des bereits geleisteten Reisepreises gemäß § 651h Abs.3 BGB, zur Übernahme der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten und erklärte, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. 

Das AG Lüneburg begründet seine Entscheidung damit, dass es letztlich nicht darauf ankomme, ob der Zielort tatsächlich als Risikogebiet eingestuft war oder nicht. Es reiche aus, dass zum Zeitpunkt der Stornierung der Eindruck bestand, dass ganz Italien ein einziges Gefahrengebiet ist. Der Beklagten sei es nicht möglich gewesen zu garantieren, dass vor Ort alles planmäßig und ungehindert hätte ablaufen können. Denn man musste im Inland und insbesondere im Ausland mit täglichen Änderungen der Bestimmungen rechnen, weil diese von der jeweiligen 7-Tage-Inzidenz abhingen, welche täglichen Änderungen unterlagen. Die Lage war zum Zeitpunkt der Stornierung völlig unberechenbar. 

Das AG Lüneburg erklärte weiter, dass die vorhandene Angst der vor Ort verantwortlichen Behörden und Funktionsträger vor der Übernahme der Verantwortung für mögliche Corona-Infektionen vielerorts zu krassen Überreaktionen und starken Beschränkungen der Freiheit der Urlaubsgäste geführt habe. Nach Auffassung des Gerichts kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei Durchführung der Reise vielerlei Beschränkungen unterlegen gewesen wäre und so manche böse Überraschung erlebt hätte. 

Aus diesen Gründen gab das Gericht der Klage voll statt und sah die Voraussetzungen des § 652h Abs.3 BGB als erfüllt an. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten Reiserecht, Zivilrecht

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