Sexuelle Belästigungen auf Online-Verkaufsportalen und bei der Wohnungssuche

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Immer häufiger kommt es zu obszönen Anfragen, zu sexuellen Anspielungen und dubiosen Nachrichten auf Online-Verkaufsportalen und auch bei der Wohnungssuche. Davon betroffen sind vorwiegend Frauen, auf die das sehr verstörend wirken kann. Was passiert im Netz? Wann ist die Grenze zur Strafbarkeit überschritten, und wie können Sie sich davor schützen? Wir geben Antworten auf diese und weitere Fragen.

Dubiose Nachrichten und obszöne Anfragen als Reaktion auf Verkaufsanzeigen

M. möchte stylische Pumps bei Ebay Kleinanzeigen zum Kauf anbieten. Um ein realistisches Bild von der Optik der Pumps zu vermitteln, fotografiert sie nicht einfach nur die Schuhe, sondern zieht sie an und stellt lediglich ihre beschuhten Füße ins Netz.

  • L. möchte ein Kleid auf der Second Hand Plattform Kleiderkreisel zum Verkauf anbieten. Auch sie zieht das Kleid an, um potenziellen Käufern die Optik zu präsentieren und stellt das Ganzkörperbild ins Netz.
  • E. möchte sich etwas Geld hinzuverdienen und bewirbt sich in ihrer Stadt als Babysitter. Sie möchte mit freundlicher Optik punkten und stellt deshalb ein Bild von ihrem Gesicht ins Netz.

Das sind nur einige Beispiele, auf die sehr zeitnah zahlreiche Reaktionen erfolgten, die allerdings ganz anders als erwartet ausfielen. Dass es eigentlich um den Verkauf eines Kleides, von Pumps und um eine Bewerbung als Babysitter geht, tritt dabei in den Hintergrund. Da werden Kommentare über die „hübschen Füße“ abgegeben mit der Frage, ob M. auch Feinstrumpfhosen oder ihre getragene Unterwäsche verkaufe. Andere Interessenten fragen nach „schönen Bildern“, ob sie „eine Massage“ erhalten oder sich auf andere Weise „verwöhnen“ lassen können. Manche gehen auf Nachfragen mehr ins Detail und sprechen von einer „Massage unten“ oder „von Spaß miteinander haben gegen Entgelt“. Neben zahlreichen unmoralischen Angeboten erhalten manche Anbieter unaufgefordert Bilder von männlichen Genitalien.
 
Zur Erinnerung: Tatsächlich geht es nur darum, ein Paar Pumps und ein Kleid zu verkaufen beziehungsweise als Babysitter zu arbeiten. Im Ergebnis ist es nicht einmal eine Handvoll von Anfragen, die sich ernsthaft für die angebotenen Kleidungsstücke interessieren beziehungsweise einen Job als Babysitter anbieten. Der wesentlich größere Teil sind unseriöse und anzügliche Anfragen. Da wundert es nicht, dass es bereits zahlreiche Internetforen gibt, in denen sich Betroffene über ihre negativen Erlebnisse austauschen. Und natürlich stellt sich auch die Frage nach der rechtlichen Qualität dieser Anzüglichkeiten, die eine nachhaltig negative Wirkung auf die Betroffenen entfalten.

Die rechtliche Qualität dieser Belästigungen

Das sind nur einige wenige der im Zusammenhang mit dem Internet vorkommenden sexuellen Entgleisungen. Sexuelle Entgleisungen deshalb, weil nicht alle Handlungen beispielsweise als sexuelle Belästigung klassifiziert werden können. Es kommt nämlich auf die jeweilige Handlung an, die nachfolgend detailliert betrachtet wird. Es stellt sich also die Frage, wann die Grenze zu einer strafbaren Handlung überschritten wird.
 
Versenden von Nacktaufnahmen oder Penisbildern: Das fällt unter das sogenannte „Sexting“. Da es sich bei den genannten Online Plattformen Ebay und Kleiderkreisel um Handelsportale handelt, bei denen es um den Kauf oder Verkauf von Waren beziehungsweise Sachen geht. Dazu gehört nicht das Versenden von Nacktaufnahmen und Penisbildern, was als Belästigung empfunden wird. Und damit ist ganz schnell § 184 Abs. 1 Nr. 6 StGB (Strafgesetzbuch) erfüllt, wonach das Verbreiten „pornografischer Schriften“ strafbar ist. Dieser Straftatbestand gehört zu den im 13. Abschnitt des Strafgesetzbuches geregelten Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Meistens endet eine nach § 184 StGB strafbare Handlung nach erfolgter Anzeige mit dem Versenden eines Strafbefehls durch die Staatsanwaltschaft in Höhe von mehreren Tagessätzen. Das klingt nach einem milden Strafmaß, kann aber finanziell richtig weh tun.
 
Anzügliche Bemerkungen: Um in den strafrechtlich relevanten Bereich zu gelangen, reichen auch anzügliche Bemerkungen aus. Regelmäßig ist dann der Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB erfüllt, was gleichermaßen auch für spaßeshalber gemachte Bemerkungen gilt. Allerdings sind die Voraussetzungen eng gesteckt. Eine sexualbezogene Handlung kann deshalb nur dann als Beleidigung angesehen werden, wenn sie über einen allgemeinen Angriff auf die Würde einer Person oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht hinausgeht und einen Angriff auf die persönliche Ehre der angegriffenen Person beinhaltet. Der Tatbestand der Beleidigung ist beispielsweise dann erfüllt, wenn ein Täter in das Gesicht einer auf einer Parkbank schlafenden Frau ejakuliert.

Straftatbestand der sexuellen Belästigung – welche Handlungen sind strafbar?

Die nach § 184i StGB strafbare sexuelle Belästigung ist erst im Zuge der Reform der Sexualdelikte seit November 2016 in das Strafgesetzbuch aufgenommen worden. Davor waren die sexuellen Handlungen, die nun von der sexuellen Belästigung erfasst werden, nicht strafbar. Damit der Straftatbestand erfüllt ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Der Täter muss das Opfer körperlich in sexuell bestimmter Weise berührt haben.

Das bedeutet, dass verbale Belästigungen keine Strafbarkeit nach § 184i StGB begründen, sondern nach § 185 StGB (Beleidigung) strafbar sein können.

Die Berührung muss sexuell motiviert sein. Ein versehentliches Berühren ist nicht strafbar. Das Opfer muss sich belästigt fühlen und sich durch die Belästigung erheblich beeinträchtigt fühlen.
Beispiele für eine sexuelle Belästigung sind ein Klaps auf den Po, aufgedrängte Küsse auf den Hals oder auf den Mund, Streicheln von Armen und Beinen, Umarmungen sowie das Anfassen der Brust, des Gesäßes oder im Genitalbereich.
Das bedeutet, dass die verbale Anmache den Straftatbestand der sexuellen Belästigung nicht erfüllt, da es am körperlichen Kontakt fehlt. Strafbar ist sie nur dann, wenn die sexuell motivierte Nachricht auch eine Beleidigung enthält, wenn der Betroffene zum Beispiel als „Arschloch“ oder „als fettes Schwein“ betitelt wird.

Was Online Plattformen dazu sagen und was sie tun

Den jeweiligen Plattformen ist das Problem bekannt, das sie sehr ernst nehmen. Erhalten Nutzer Nachrichten mit belästigenden oder pornographischen Inhalten, sollten sie direkt den jeweiligen Kundenservice kontaktieren. Nach einer Prüfung des Sachverhaltes wird der Nutzer als Absender derartiger Nachrichten unverzüglich gesperrt. Das ist zumindest die Vorgehensweise der Plattform „Kleiderkreisel“. 

Ebay agiert ähnlich. Die Online-Verkaufsplattform setzt automatisierte Systeme ein, um Anfragen mit anstößigen Inhalten herauszufiltern und zu löschen. Das ist leider nicht lückenlos möglich. Wer eine Nachricht mit unangemessenen Inhalten erhält, sollte keinesfalls antworten, den Nutzer stattdessen unter „Benutzer blockieren“ blockieren und den Vorfall dem Kundenservice melden. Dazu steht eine Meldeoption zur Verfügung mit der Folge, dass derjenige, der die Nutzungsbedingungen missachtet, zeitweise oder dauerhaft vom Handel bei Ebay ausgeschlossen wird.

Das können Betroffene tun

Alle geschilderten Vorfälle haben eines gemeinsam: Es sind vor allem Frauen, die auf Online-Verkaufsbörsen mit Fetischisten zu tun haben oder mit sexuellen Belästigungen konfrontiert werden. Sie können jedoch die Gefahr von sexuell motivierten Anfragen und Anzüglichkeiten reduzieren, indem Sie folgende Tipps berücksichtigen:

  • Verzichten Sie darauf, Ihr Kleid selbst vorzuführen, um eine Orientierung zu bieten und eine Kaufentscheidung zu erzielen. Fotografieren Sie stattdessen ausschließlich das Kleid, das Sie beispielsweise auf einen Tisch oder auf den Boden legen, nicht jedoch auf ein Bett.
  • Gleiches gilt für Schuhe. Verzichten Sie darauf, Ihre Füße abzulichten. Fotografieren Sie stattdessen ausschließlich den Schuh, mehr nicht.
  • Sofern Sie eine Stelle als Babysitter oder einen Minijob suchen, verzichten Sie darauf, ein Bild von sich auf die jeweilige Plattform zu stellen. Beschränken Sie sich auf die notwendigsten Aussagen in Bezug auf Ihre Person und vermeiden Sie Persönliches.
  • Antworten Sie nicht auf E-Mails mit sexuellen Anspielungen oder eindeutig sexuell motivierten Angeboten. Löschen Sie den entsprechenden Nutzer unverzüglich und melden Sie den Vorfall dem jeweiligen Kundenservice.
     

Geben Sie niemals Kontaktdaten von sich preis. Kommt es zu einem Treffen zwischen Ihnen und einem Anbieter, wählen Sie als Treffpunkt einen neutralen Ort in der Öffentlichkeit aus, an dem sich viele Menschen aufhalten.
 
Wichtig ist, dass Betroffene Anzeige erstatten. Bei den genannten Straftaten handelt es sich um sogenannte Antragsdelikte, die nur auf Antrag verfolgt werden, was eine Anzeige voraussetzt.
 
Sexuelle Belästigung im Zusammenhang mit der Wohnungssuche

Auch im Zusammenhang mit der Wohnungssuche im Internet kommt es immer häufiger zu sexuell motivierten Anspielungen und Handlungsaufforderungen. Es soll Vermieter geben, die die Wohnungsnot skrupellos ausnutzen und als Gegenleistung für eine Wohnung oder ein WG-Zimmer sexuelle Gefälligkeiten erwarten. Auch hier stellt sich die Frage, ob die Aufforderung zu sexuellen Handlungen als Gegenleistung für eine Wohnung strafbar ist. Und: Wie können Sie auf ein solches Angebot reagieren und sich vor solchen Angeboten schützen?

Wohnung gegen Sex – die strafrechtliche Relevanz

Ob es zu solchen Angeboten auch immer eine reale Wohnung gibt, ist fraglich. Tatsächlich macht sich derjenige, der das Angebot zum Sex gegen Wohnung macht, nicht strafbar. Denn strafrechtlich ist dieses unmoralische Angebot nicht relevant. Da keine Machtsituation ausgenutzt wird, liegt keine sexuelle Nötigung vor. Würde der Vermieter beispielsweise sagen, dass ein vorhandenes Mietverhältnis nur gegen Sex weiterbesteht, dann ist der Tatbestand der sexuellen Nötigung erfüllt. Auch für eine sexuelle Beleidigung reicht das Angebot nicht aus. Es ist moralisch verkommen, aber strafrechtlich nicht relevant. Stattdessen macht sich derjenige, der das Angebot annimmt, der Prostitution strafbar. Das bedeutet, dass sich Wohnungssuchende strafbar machen können, wenn sie das Angebot annehmen.
 
Anders ist die Rechtslage, wenn es sich dabei um eine potenzielle Mieterin handelt, die noch minderjährig ist. Dann geht es um sexuellen Missbrauch von Jugendlichen. Auch wenn der Jugendliche unter 18 Jahren das Angebot annimmt, hat er keine Strafe zu erwarten. In diesem Fall ist es der Anbieter, der sich strafbar macht.

Schutzmaßnahmen gegen unseriöse Wohnungsangebote

Es gibt bestimmte Verhaltensweisen, die Sie vor unseriösen Wohnungsangeboten schützen können:

  • Konzentrieren Sie sich auf die Fakten, die ausschließlich die Wohnung betreffen. Geben Sie in einem Erstkontakt nur für die Wohnungsvermietung relevante und seriöse Informationen von sich preis.
  • Vermeiden Sie Charme und Humor, denn das gibt den betreffenden Männern Interpretationsspielräume, die sie nutzen könnten. Dazu gehört auch, dass Sie bei der Online-Wohnungssuche kein Bild von sich ins Netz einstellen.
  • Telefonieren Sie beim Erstkontakt nicht mit dem potenziellen Vermieter, sondern schreiben Sie eine E-Mail.

Kommt es zu einer Wohnungsbesichtigung, sollten Sie sich absichern. Um nicht mit unmoralischen Angeboten konfrontiert zu werden, sollten Sie nicht allein zu einer Wohnungsbesichtigung gehen.

Foto(s): Sabrina Fahlenbock

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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