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Sind Bewertungen bei Google oder Kununu für Internetnutzer noch hilfreich?

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Online-Bewertungen spielen eine entscheidende Rolle im Entscheidungsprozess von Verbrauchern und Arbeitssuchenden, beeinflusst durch Portale wie Google und Kununu. Ihre Macht zeigt sich darin, dass 93% der Verbraucher angeben, ihre Kaufentscheidungen würden von Bewertungen beeinflusst, und Unternehmen sehen sie als unverzichtbaren Teil ihrer Marketingstrategie. Doch die Glaubwürdigkeit von Online-Bewertungen wird durch die zunehmende Verbreitung gefälschter und manipulierter Rezensionen untergraben. Probleme wie der Einkauf positiver Rezensionen, negative Fake-Bewertungen durch Konkurrenten oder unzufriedene Ex-Mitarbeiter sowie eine niedrige Reaktionsquote der Unternehmen auf kritisches Feedback stellen die Integrität der Bewertungsportale in Frage. Rechtlich sind gefälschte Bewertungen in Deutschland gemäß dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb illegal, was Unternehmen die Möglichkeit gibt, gegen solche Bewertungen vorzugehen. Trotzdem besteht die Herausforderung für Plattformen darin, die Authentizität von Kundenrezensionen sicherzustellen, ohne die Meinungsfreiheit einzuschränken. Eine differenzierte Herangehensweise an Online-Bewertungen, die Achtung auf Muster, die Reaktion des Unternehmens, Authentizität und die Nutzung verschiedener Quellen umfasst, wird empfohlen. Sowohl die Betreiber von Bewertungsportalen als auch Nutzer und bewertete Unternehmen tragen Verantwortung, durch Transparenz, den Umgang mit Feedback und rechtliche Schritte gegen unberechtigte Kritik das Vertrauen in Online-Bewertungen zu stärken. Letztlich sind Bewertungen immer noch hilfreich, aber sie sollten nicht als absolute Wahrheit angesehen, sondern kritisch betrachtet und durch eigene Recherchen ergänzt werden. Eine Kultur der Authentizität und Wahrhaftigkeit ist entscheidend für die Zukunft der Online-Bewertungen. Professionelle rechtliche Unterstützung kann Unternehmen dabei helfen, ihre Rechte zu wahren und ihren digitalen Ruf zu schützen.

In einer digitalen Welt, in der scheinbar jede Entscheidung von einem Klick abhängt, haben Online-Bewertungen einen festen Platz im Entscheidungsprozess von Verbrauchern und Arbeitssuchenden eingenommen. Ob bei der Suche nach einem Restaurant, einem Handwerker oder einem potenziellen Arbeitgeber – Bewertungsportale wie Google und Kununu versprechen Orientierung im unübersichtlichen Online-Dschungel. Doch angesichts zunehmender Berichte über Manipulationen und gefälschte Bewertungen stellt sich die berechtigte Frage: Sind diese digitalen Meinungsbilder für Internetnutzer überhaupt noch eine verlässliche Entscheidungshilfe? Lassen Sie uns gemeinsam einen kritischen Blick auf den aktuellen Stand der Bewertungskultur werfen und herausfinden, welchen Wert diese Informationsquellen heute noch haben.

Die Macht der digitalen Meinungsbildung

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 93% der Verbraucher geben an, dass Online-Bewertungen ihre Kaufentscheidungen beeinflussen. Nicht weniger als 74% der Kunden vertrauen einem Unternehmen mehr, wenn sie positive Rezensionen vorfinden. Diese beeindruckenden Statistiken verdeutlichen, wie tief verwurzelt Bewertungsportale mittlerweile in unserem Entscheidungsprozess sind.

Für Unternehmen haben sich Online-Bewertungen zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Marketingstrategie entwickelt. Sie tragen maßgeblich zur Verbesserung der Markenreputation bei und können die Kundenbindung sowie den Umsatz signifikant steigern. Nicht umsonst hat sich die durchschnittliche Sternebewertung auf Google im Jahr 2024 auf 4,44 erhöht – ein Indiz dafür, dass Unternehmen der Pflege ihres digitalen Erscheinungsbildes zunehmend Bedeutung beimessen.

Auch bei der Jobsuche sind Bewertungsportale wie Kununu zu wichtigen Informationsquellen geworden. Arbeitssuchende verlassen sich auf die Erfahrungsberichte anderer Mitarbeiter, um einen Einblick in die Unternehmenskultur, das Arbeitsklima und die Entwicklungsmöglichkeiten zu erhalten. In Zeiten des Fachkräftemangels kann ein positives Profil auf einer solchen Plattform den entscheidenden Wettbewerbsvorteil ausmachen.

Die Schattenseite: Manipulation und gefälschte Bewertungen

Wo Licht ist, ist allerdings auch Schatten. Der wachsende Einfluss von Online-Bewertungen hat einen problematischen Nebeneffekt hervorgebracht: die zunehmende Verbreitung gefälschter und manipulierter Rezensionen. Diese trüben nicht nur das Vertrauen der Verbraucher, sondern stellen auch eine ernsthafte Herausforderung für die Integrität der Bewertungsplattformen dar.

Bei Google haben gefälschte Bewertungen inzwischen ein besorgniserregendes Ausmaß erreicht. Spezialisierte Agenturen bieten offen den Kauf positiver Rezensionen an, um das Image von Unternehmen künstlich aufzuwerten. Gleichzeitig können Konkurrenten oder unzufriedene Ex-Mitarbeiter mit negativen Fake-Bewertungen erheblichen Schaden anrichten. Die Folge ist ein verzerrtes Bild, das die tatsächliche Qualität eines Unternehmens nicht mehr widerspiegelt.

Ähnliche Probleme zeigen sich bei Kununu. Hier werden Unternehmen teils von ehemaligen Mitarbeitern bewertet, die möglicherweise aus persönlicher Enttäuschung oder Frustration handeln. Bei 52.993 Löschanfragen im Jahr 2024 wurden nur 22.456 abgelehnt – dies deutet darauf hin, dass in vielen Fällen tatsächlich Grund zur Beanstandung bestand. Besonders problematisch: Meldungen führen zunächst zur Offline-Stellung der Bewertung, deren Richtigkeit dann durch Tätigkeitsnachweise überprüft wird.

Ein weiteres beunruhigendes Phänomen ist die geringe Reaktionsquote der Unternehmen auf negative Bewertungen. Lediglich 10% der Firmen reagieren systematisch auf kritisches Feedback, obwohl eine sachliche und wertschätzende Antwort einen wichtigen Beitrag zur Vertrauensbildung leisten könnte. Diese passive Haltung verstärkt den Eindruck, dass Bewertungsportale zu einseitigen Kanälen verkommen, anstatt einen konstruktiven Dialog zu fördern.

Die rechtliche Dimension

Die zunehmende Problematik gefälschter Bewertungen hat auch rechtliche Konsequenzen. Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind gefälschte Bewertungen in Deutschland illegal. Sie gelten als irreführende geschäftliche Handlungen und können zu Unterlassungsansprüchen führen.

Unternehmen haben das Recht, die Löschung falscher Bewertungen von Google und dem Verfasser zu verlangen, Unterlassung bezweifelnder Behauptungen zu fordern sowie Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zudem entschieden, dass negative Bewertungen von Nichtkunden unberechtigt sind und gelöscht werden können. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln bestätigte, dass eine Bewertung nur dann berechtigt ist, wenn eine vorherige Geschäftsbeziehung besteht.

Diese Rechtsprechung stärkt zwar die Position der Unternehmen, führt jedoch gleichzeitig zu einer neuen Herausforderung: Wie können Plattformen sicherstellen, dass nur legitime Kundenrezensionen veröffentlicht werden, ohne dabei die Meinungsfreiheit einzuschränken? Diese Balance zu finden, stellt sowohl für die Plattformbetreiber als auch für die Gesetzgebung eine komplexe Aufgabe dar.

Zwischen Skepsis und Nützlichkeit: Der Wert von Bewertungen heute

Angesichts dieser Probleme stellt sich die Frage: Sind Bewertungen bei Google oder Kununu für Internetnutzer überhaupt noch hilfreich? Die Antwort ist differenziert zu betrachten.

Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass keine Bewertungsplattform vollständig frei von Manipulationen sein kann. Die automatische Erkennung gefälschter Bewertungen stellt trotz fortschrittlicher Algorithmen nach wie vor eine Herausforderung dar. Dennoch bieten diese Plattformen weiterhin wertvolle Einblicke, wenn man sie mit der nötigen kritischen Distanz betrachtet.

Für einen gewinnbringenden Umgang mit Online-Bewertungen empfiehlt sich daher ein differenzierter Ansatz:

  1. Auf Muster achten: Wiederholen sich bestimmte Kritikpunkte in verschiedenen Bewertungen, deutet dies auf tatsächliche Probleme hin. Einzelne extrem negative oder positive Bewertungen sollten hingegen mit Vorsicht betrachtet werden.

  2. Die Reaktion des Unternehmens bewerten: Ein Unternehmen, das auf kritische Bewertungen sachlich und lösungsorientiert reagiert, zeigt Professionalität und Kundenorientierung. Dies kann unter Umständen aufschlussreicher sein als die ursprüngliche Bewertung selbst.

  3. Auf Authentizität prüfen: Bewertungen mit konkreten Details zur Erfahrung wirken glaubwürdiger als allgemein gehaltene Lobeshymnen oder pauschale Kritik.

  4. Verschiedene Quellen nutzen: Die Kombination mehrerer Bewertungsportale kann ein vollständigeres Bild vermitteln als die ausschließliche Betrachtung einer einzigen Plattform.

  5. Zeitlichen Verlauf beachten: Eine plötzliche Flut an positiven oder negativen Bewertungen innerhalb kurzer Zeit kann auf orchestrierte Aktionen hindeuten.

Verantwortung der Plattformen und Nutzer

Die Betreiber von Bewertungsportalen sind sich der Problematik gefälschter Bewertungen durchaus bewusst und ergreifen Maßnahmen. Kununu geht beispielsweise gerichtlich gegen Bewertungsagenturen vor und ermöglicht Nutzern das Melden verdächtiger Einträge. Auch Google arbeitet kontinuierlich an der Verbesserung seiner Algorithmen zur Erkennung von Fake-Bewertungen.

Dennoch liegt ein wesentlicher Teil der Verantwortung bei den Nutzern selbst. Ein gesundes Maß an Skepsis und eine kritische Auseinandersetzung mit den gelesenen Bewertungen sind unerlässlich. Wer allein aufgrund einer Handvoll Bewertungen weitreichende Entscheidungen trifft, läuft Gefahr, auf gefälschte oder verzerrte Meinungsbilder hereinzufallen.

Gleichzeitig tragen auch die bewerteten Unternehmen Verantwortung. Eine aktive Auseinandersetzung mit dem Feedback, transparente Kommunikation und ein reflektierter Umgang mit Kritik können dazu beitragen, das Vertrauen der Verbraucher zu stärken und den Wert von Bewertungsplattformen insgesamt zu erhöhen.

Zukunftsperspektiven: Mehr Transparenz und Qualität

Die Zukunft der Online-Bewertungen wird maßgeblich davon abhängen, inwieweit es gelingt, deren Glaubwürdigkeit und Nützlichkeit zu steigern. Verschiedene Ansätze zeichnen sich bereits ab:

  1. Verifizierte Bewertungen: Die Kopplung von Bewertungen an nachweisbare Kaufvorgänge oder Beschäftigungsverhältnisse kann die Authentizität erhöhen.

  2. KI-gestützte Überprüfung: Fortschrittliche Algorithmen könnten künftig besser zwischen echten und gefälschten Bewertungen unterscheiden.

  3. Mehr Transparenz: Klare Informationen darüber, wie Bewertungen zustande kommen und überprüft werden, können das Vertrauen stärken.

  4. Rechtliche Rahmenbedingungen: Eine Weiterentwicklung der gesetzlichen Grundlagen könnte dazu beitragen, Manipulationen wirksamer zu bekämpfen.

  5. Medienkompetenz: Eine verstärkte Aufklärung der Nutzer über den kritischen Umgang mit Online-Bewertungen ist essentiell.

Fazit: Bewertungen als Orientierungshilfe, nicht als absolute Wahrheit

Die Frage, ob Bewertungen bei Google oder Kununu für Internetnutzer noch hilfreich sind, kann mit einem vorsichtigen "Ja, aber..." beantwortet werden. In einer Zeit, in der digitale Informationen so leicht manipulierbar sind wie nie zuvor, behalten diese Plattformen ihren Wert als Orientierungshilfe – allerdings nur, wenn man sie als einen Baustein unter vielen in einem umfassenderen Entscheidungsprozess betrachtet.

Wer Bewertungen als absolute Wahrheit ansieht, läuft Gefahr, Fehlentscheidungen zu treffen. Wer sie hingegen vollständig ignoriert, verzichtet auf potenziell wertvolle Einblicke. Der goldene Mittelweg besteht darin, Bewertungen mit kritischem Blick zu betrachten, in einen größeren Kontext einzuordnen und durch eigene Recherchen zu ergänzen.

In diesem Sinne bleiben Google und Kununu wichtige Akteure in der digitalen Meinungsbildung – nicht als unfehlbare Autoritäten, sondern als Plattformen, die bei aller berechtigten Skepsis dennoch einen Beitrag zu informierten Entscheidungen leisten können. Die Herausforderung für Plattformbetreiber, Unternehmen und Nutzer besteht darin, gemeinsam an einer Kultur zu arbeiten, in der Authentizität und Wahrhaftigkeit wieder stärker in den Vordergrund rücken.

Wenn Sie als Unternehmen von ungerechtfertigten oder rechtlich bedenklichen Bewertungen betroffen sind, ist professionelle rechtliche Unterstützung entscheidend. Eine fundierte Beratung kann Ihnen helfen, Ihre Rechte durchzusetzen und Ihren digitalen Ruf zu schützen. Lassen Sie nicht zu, dass gefälschte Bewertungen Ihrem Unternehmen schaden – informieren Sie sich über Ihre rechtlichen Möglichkeiten und gehen Sie strategisch gegen unberechtigte Kritik vor.

Foto(s): Thomas Feil

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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