Skurrile Kündigungsgründe im Arbeitsrecht: Die 10 kuriosesten Kündigungsfälle – und was sie rechtlich bedeuten

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Kündigung wegen Currywurst? Rauswurf wegen eines Selfies mit einem Affenbaby? Was auf den ersten Blick nach Comedy klingt, hat oft einen ernsten arbeitsrechtlichen Hintergrund. Denn im deutschen Arbeitsrecht zählt nicht nur der materielle Schaden – oft ist es das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das entscheidet.

Wir stellen Ihnen die Top 10 der kuriosesten Kündigungsgründe vor – mit konkreter rechtlicher Bewertung, Hinweisen für die Praxis und den wichtigsten Lehren aus der Rechtsprechung.


1. 🍖 Die Grillparty auf Firmenkosten – Kündigung wegen Fleischbestellung

Sachverhalt: Ein Mitarbeiter bestellte privat Fleisch über die Kundennummer seines Arbeitgebers. Die Kosten gingen an das Unternehmen – und der Grillabend wurde teuer: durch eine fristlose Kündigung.

Gericht: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.11.2009 – Az. 7 Sa 641/09
Rechtliche Bewertung: Missbrauch betrieblicher Ressourcen ist ein schwerer Treueverstoß. Auch bei geringem finanziellen Schaden rechtfertigt das den sofortigen Rauswurf.

📌 Hinweis: Vermögensdelikte führen oft zur außerordentlichen Kündigung – selbst ohne Abmahnung.


2. 🍌 Fauliges Obst hinter dem Regal – Hygieneverstoß mit Kündigung

Sachverhalt: Eine Supermarktangestellte entsorgte altes Obst nicht, sondern versteckte es hinter dem Regal – mit Folgen für Sauberkeit und Betriebshygiene.

Gericht: LAG Hessen, Urteil vom 07.11.2013 – Az. 14 Sa 442/13
Rechtliche Bewertung: In Hygiene- und Lebensmittelbereichen ist Sorgfalt Pflicht. Die Pflichtverletzung rechtfertigte die fristlose Kündigung.

📌 Hinweis: Hygieneverstöße gelten bei gefährdetem Kunden- oder Gesundheitsschutz als wichtiger Grund i.S.d. § 626 BGB.


3. 😴 Mittagsschlaf im Möbelhaus – Kündigung trotz Pause

Sachverhalt: Ein Möbelverkäufer nutzte seine Pause zum Schlafen – auf Ausstellungsbetten, sichtbar für Kunden, mehrfach trotz Abmahnung.

Gericht: ArbG Köln, Urteil vom 28.09.2006 – Az. 6 Ca 3846/06
Rechtliche Bewertung: Wiederholtes Fehlverhalten trotz Abmahnung begründet eine verhaltensbedingte Kündigung – besonders bei Kundenkontakt.

📌 Hinweis: Der Arbeitsplatz ist kein Ruheraum – Pflichtverletzungen trotz Pausenzeit können ernsthafte Konsequenzen haben.


4. 📱 Krank und doch auf Instagram – Kündigung nach Urlaubsfotos

Sachverhalt: Trotz Krankschreibung postete ein Mitarbeiter Urlaubsbilder von der Strandparty auf Instagram – öffentlich sichtbar.

Gericht: ArbG Siegburg, Urteil vom 11.03.2021 – Az. 3 Ca 985/20
Rechtliche Bewertung: Urlaub bei Krankschreibung ist nur zulässig, wenn er die Genesung nicht gefährdet. Öffentlich dokumentiertes Fehlverhalten zerstört das Vertrauen.

📌 Hinweis: Soziale Medien werden zunehmend zum Beweismittel – „krank“ und „urlaubstauglich“ schließen sich oft aus.


5. 🌭 Kündigung wegen Currywurst – Die klassische Bagatellkündigung

Sachverhalt: Ein Kantinenkoch aß eine Probeportion Currywurst – ohne Genehmigung. Der Arbeitgeber kündigte fristlos.

Gericht: BAG, Urteil vom 17.05.1984 – Az. 2 AZR 3/83
Rechtliche Bewertung: Selbst geringwertige Entwendungen am Arbeitsplatz sind kein Kavaliersdelikt – das Vertrauensverhältnis ist entscheidend.

📌 Hinweis: Die sogenannte „Emmely“-Rechtsprechung (BAG 2010) verlangt zwar eine Interessenabwägung – aber Vertrauen wiegt schwer.


6. ✈️ Krankgemeldet, aber auf Malle – Urlaub trotz Krankschreibung

Sachverhalt: Der Mitarbeiter flog trotz Krankschreibung in den Urlaub. Der Arbeitgeber kündigte nach Hinweis von Kollegen.

Gericht: LAG Düsseldorf, Urteil vom 02.07.2009 – Az. 7 Sa 1206/08
Rechtliche Bewertung: Urlaub kann mit Krankschreibung vereinbar sein – aber nur bei medizinischer Notwendigkeit. Hier: arglistige Täuschung.

📌 Hinweis: Wer krankgeschrieben ist, muss im Zweifel nachweisen, dass sein Verhalten die Genesung nicht beeinträchtigt.


7. 🐒 Selfie mit Affenbaby – fristlose Kündigung im Zoo

Sachverhalt: Ein Tierpfleger nahm ein Affenbaby mit in den Pausenraum – es entkam, es kam zu einem Zwischenfall. Der Arbeitgeber kündigte sofort.

Gericht: ArbG Augsburg, Urteil vom 21.05.2014 – Az. 3 Ca 876/14
Rechtliche Bewertung: Grob fahrlässiges Verhalten in sicherheitssensiblen Bereichen ist regelmäßig ein wichtiger Kündigungsgrund.

📌 Hinweis: Wer mit Tieren, Maschinen oder Gefahrenstoffen arbeitet, trägt besondere Verantwortung.


8. 🌿 Sabotage im Garten – Essig statt Gießwasser

Sachverhalt: Ein Hausmeister goss aus Rache Blumenbeete mit Essig – wegen eines Nachbarschaftsstreits. Die Kündigung folgte.

Gericht: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.01.2014 – Az. 10 Sa 862/13
Rechtliche Bewertung: Mutwillige Sachbeschädigung im dienstlichen Zusammenhang ist ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß.

📌 Hinweis: Persönliche Konflikte haben im Job nichts zu suchen – wer Rache übt, riskiert den Arbeitsplatz.


9. 🧻 Klopapier-Diebstahl – Bagatelle mit großer Wirkung

Sachverhalt: Ein Flughafenmitarbeiter entwendete regelmäßig Toilettenpapier. Der Arbeitgeber kündigte fristlos.

Gericht: Diverse BAG-Urteile zur Bagatellkündigung
Rechtliche Bewertung: Auch geringwertige Entwendungen wie Toilettenpapier sind geeignet, das Vertrauensverhältnis irreparabel zu stören.

📌 Hinweis: Nicht der Wert, sondern der Vorsatz und Vertrauensbruch sind entscheidend für die Wirksamkeit der Kündigung.


10. 🚜 Mit dem Gabelstapler zur Dönerbude

Sachverhalt: Ein Lagerarbeiter nutzte den Gabelstapler, um sich in der Mittagspause Döner zu holen – unter Gefährdung Dritter.

Gericht: ArbG Osnabrück, nicht veröffentlicht
Rechtliche Bewertung: Zweckentfremdung betrieblicher Fahrzeuge und Verkehrsgefährdung führen zur fristlosen Kündigung.

📌 Hinweis: Wer betriebliche Arbeitsmittel missbraucht, verstößt gegen die Sorgfaltspflicht – Kündigung ist meist wirksam.


📌 Fazit: Skurril – aber juristisch relevant

Auch wenn viele dieser Fälle auf den ersten Blick unterhaltsam wirken – im Ergebnis zeigen sie: Das Arbeitsrecht kennt keine „Lappalien“, wenn das Vertrauen zerstört ist. Oft kommt es nicht auf den materiellen Schaden, sondern auf Pflichtverletzung, Treuebruch und Wiederholungsgefahr an.


❓ FAQ – Häufige Fragen zu skurrilen Kündigungsgründen

🔹 Kann ich wegen einer Kleinigkeit fristlos gekündigt werden?

Ja – wenn die Kleinigkeit das Vertrauensverhältnis nachhaltig beschädigt. Auch Bagatelldelikte wie das Entwenden von geringwertigen Gegenständen können ausreichen.


🔹 Muss der Arbeitgeber mich immer zuerst abmahnen?

Nein. Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen (z. B. Diebstahl, mutwillige Sabotage, gefährliches Verhalten) ist eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich.


🔹 Gilt eine Kündigung auch, wenn ich in der Pause etwas „verbotenes“ mache?

Ja, wenn das Verhalten während der Pause gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder betriebliche Ordnung verstößt – z. B. Schlafen in der Ausstellung, gefährlicher Umgang mit Maschinen oder alkoholbedingte Ausfälle.


🔹 Darf ich krankgeschrieben in den Urlaub fahren?

Grundsätzlich nur dann, wenn die Reise die Genesung nicht gefährdet. Im Zweifel sollte ein ärztliches Attest belegen, dass die Maßnahme der Gesundheit zuträglich ist.


🔹 Was zählt mehr: Schadenshöhe oder Vertrauensverlust?

Im Arbeitsrecht ist der Vertrauensbruch oft ausschlaggebender als der wirtschaftliche Schaden. Ehrlichkeit, Pflichtbewusstsein und Loyalität sind zentrale Vertragspflichten.


Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. jur. Jens Usebach LL.M. von der kanzlei JURA.CC bearbeitet im Schwerpunkt das Kündigungsschutzrecht im Arbeitsrecht. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht vertritt Mandanten außergerichtlich bei Aufhebungsverträgen und Abwicklungsverträgen bei der Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber. Soweit erforderlich erfolgt eine gerichtliche Vertretung bei der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel für den Arbeitnehmer eine angemessene und möglichst hohe Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, ein sehr gutes Arbeitszeugnis für zukünftige Bewerbungen oder auch die Rücknahme der Kündigung und die Weiterbeschäftigung zu erzielen.

Mehr Informationen unter www.JURA.CC oder per Telefon: 0221-95814321

Foto(s): kanzlei JURA.CC

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