Sorgerecht - Bundesverfassungsgericht stärkt die Elternrechte aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz

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Mit Beschluss vom 19.11.2014 (AZ. 1 BvR 1178/14) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die verfassungsrechtlichen Elternrechte aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz (GG) gestärkt. Das BVerfG betonte, dass an eine Sorgerechtsentziehung strenge Anforderungen zu stellen seien.

Im konkreten Fall hatten vorinstanzlich das Amtsgericht (AG) Paderborn mit Beschluss vom 17.09.2013 (84 F 34/13) und das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Beschluss vom 06.02.2014 (AZ. II-6 UF 177/13) den Kindeseltern unter Zugrundelegung eines Sachverständigengutachtens das Sorgerecht entzogen, wogegen der aus Ghana stammende und von der Kindesmutter getrennt lebende Kindesvater Verfassungsbeschwerde einlegte.

Das BVerfG hob die Entscheidung des OLG Hamm auf und unterstrich dabei die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Sorgerechtsentziehung, da durch das Gericht eine unzureichende Prüfung über das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer Sorgerechtsentziehung erfolgt sei.

Maßstab für einen Sorgerechtsentzug sei grundsätzlich eine Kindeswohlgefährdung. Mithin müsste danach ein Versagen der Eltern festgestellt werden, ein Schaden beim Kind bereits eingetreten sein oder beispielsweise eine Verwahrlosung des Kindes mit ziemlicher Sicherheit drohen. Die vorinstanzlichen Gerichte hätten sich jedoch nicht mit der gebotenen Sorgfalt mit der Frage der Kindeswohlgefährdung auseinandersetzt, sondern hätten sich vielmehr unkritisch den fragwürdigen Wertungen im Sachverständigengutachten angeschlossen und nur im Ansatz eine rechtliche Würdigung vorgenommen.

Ohne sich mit einer eventuellen Kindeswohlgefährdung durch den Kindesvater auseinanderzusetzen, sei allein die Erziehungsfähigkeit des Kindesvaters im Sachverständigengutachten in den Vordergrund gestellt worden. In dem Gutachten sei etwa bewertet worden, ob der Kindesvater seinem Kind die gesellschaftlichen Werte vermitteln könne und, ob er dem Kind ein adäquates Verhältnis zur Dauerpartnerschaft und Liebe vorlebe. Dem BVerfG zufolge seien jedoch diese Fragestellungen fehl am Platz, weil Kindeseltern grundsätzlich ihre Erziehungsfähigkeit nicht positiv unter Beweis stellen müssten. Stattdessen müsse das elterliche Versagen festgestellt werden.

Ferner äußerte das BVerfG ernsthafte Zweifel daran, dass die Sachverständige mit der gebotenen Unvoreingenommenheit tätig gewesen sei. Denn zahlreiche Fragestellungen der Sachverständigen seien zusammenhangslos zu Lasten des Kindesvaters ausgelegt worden. Hierbei sei wiederholt die Herkunft des Kindesvaters in den Vordergrund gestellt worden und dabei unsachlich negativ bewertet worden.

Das BVerfG unterstrich, dass sich Gerichte nicht blind der Ansicht der Sachverständigen anschließen dürften. Vielmehr müssten sie sich zwingend mit deren Fragestellungen auseinandersetzen und vorhandene Mängel eingehend thematisieren.

Die Gerichte müssten sich auch zwingend mit der Frage der Kindeswohlgefährdung auseinandersetzen, selbst wenn ein Sachverständigengutachten völlig unverwertbar sei.

Da eine derartige kritische Auseinandersetzung nicht vorgenommen worden sei, verfehle die angegriffene Entscheidung die Anforderungen an die Gefahrenstellung.

Rechtsanwältin

Zeynep Yapan


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