Stirn bei Hautkrebs-Behandlung verbrannt: 4.000 Euro

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Mit Vergleich vom 22.11.2019 hat sich die Haftpflichtversicherung eines niedergelassenen Hautarztes verpflichtet, an meinen Mandanten 4.000 Euro zu zahlen. Der 1944 geborene Rentner wurde beim Hautarzt wegen einer Aktinischen Geratose (Vorstufe eines Plattenepithel-Karzinoms) am rechten Ohr behandelt.

Da diese Hautveränderungen in rund 10 % der Fälle in ein Plattenepithel-Karzinom übergehen, werden sie entweder durch Herausschneiden, Herausschaben oder aber mit einer photodynamischen Therapie (PDT) behandelt. Die erkrankten Hautareale werden mit einer bestimmten Lampe (rotes Kaltlicht) bestrahlt (Aktilite).

Zur Beseitigung der bösartigen Veränderung am rechten Ohr sollte der Mandant eine photodynamische Therapie erhalten. Ihm wurde eine Creme auf die Stirn und auf das Ohr aufgetragen. In der Creme mit einer Eindringtiefe in die Haut von gut 3 mm war ein Wirkstoff enthalten, welcher die Barrierefunktion der Haut reduziert. Anschließend wurden Ohr und Stirn jeweils 7 Minuten lang mit einer Aktilite-Lampe bestrahlt. Diese Lampe ist mit Leuchtdioden als Lichtquelle ausgestattet, die kaltes Rotlicht ausstrahlt. Das Rotlicht dringt tief in die Haut ein und löst eine photochemische Reaktion aus. Durch diese photodynamische Therapie sollen die Krebszellen zerstört werden, ohne das umgebende gesunde Gewebe zu beeinträchtigen.

Nach der Behandlung bemerkte der Arzt, dass er meinen Mandanten mit einem anderen Patienten verwechselt hatte. Die Lichtbehandlung an der Stirn, die äußerst schmerzhaft war, hätte bei einem anderen Patienten vorgenommen werden müssen. Die Haut vertiefte sich dunkelrot. Die Schmerzen wurden im Laufe der Nacht und am nächsten Tag so stark, dass sich der Mandant in einer Hautklinik vorstellte. Der Arzt diagnostizierte Verbrennungen II. Grades und Entzündungen auf der Stirn.

Er entfernte Reste der abgestorbenen Haut auf der Stirn und legte einen Salbenverband an. Der Mandant musste von seiner Hausärztin viermal ambulant weiterbehandelt werden. Die Verletzungen waren nach vier Wochen abgeheilt. Es gehört zu den bekannten Nebenwirkungen dieser Lichttherapie, dass es während der Bestrahlung und an den Folgetagen zu Schmerzen, Rötungen, Wundschorf und leichten Schwellungen kommen kann.

Ich hatte dem Hautarzt vorgeworfen, durch ein grobes Organisationsverschulden ohne medizinische Indikation die Stirn des Mandanten am 06.06.2019 mit der Lichttherapie behandelt zu haben. Die Mitarbeiterin habe die Lampe fehlerhaft so positioniert, dass die Stirn nicht – wie geplant – 7 Minuten, sondern insgesamt 14 Minuten bestrahlt wurde. Die Lampe habe während der Bestrahlung des Ohres auch auf die Stirn gestrahlt.

Die Versicherung hatte argumentiert: Die Verlängerung der Belichtungszeit habe keinen Einfluss auf das Ausmaß möglicher Hautreizungen. Die Haut werde auch bei erheblicher Überschreitung der Belichtung nicht geschädigt. Allerdings spräche eine stärkere Hautschädigung als die normal zu erwartenden Hautreaktionen für eine erhebliche Lichtschädigung. Es handele sich dabei um ein eingriffstypisches Risiko, dass der Patient hinnehmen müsse.

Da jedoch die Stirn überhaupt nicht bestrahlt werden durfte, weil sich dort keine Vorstufe eines Hautkrebses befand, war der Eingriff rechtswidrig. Die Versicherung des Arztes hat deshalb nach längeren Verhandlungen 4.000 Euro als Abfindung gezahlt.

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht



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