Stockfotograf Dirk Vonten verliert vor dem LG Kassel
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Seit Mitte 2020 mahnt die Kanzlei Hegewerk für den Stockfotografen Dirk Vonten Webseitenbetreiber ab, die seine Bilder ohne Urheberangabe auf Webseiten nutzen. Dabei trifft es auch Webseitenbetreiber, die das Bild über Fotolia oder Adobe legal erworben haben.
Vor dem LG Kassel erlitt Dirk Vonten nun eine Niederlage. Seine Klage gegen einen von uns vertretenen Webseitenbetreiber auf Unterlassung und Zahlung wurde abgewiesen. Zudem wurde er zur Zahlung von Rechtsverteidigungskosten an den Abgemahnten verurteilt.
Kanzlei Hegewerk mahnt massenweise für Dirk Vonten ab
Auch einige meiner Mandanten erhielten Abmahnungen der Kanzlei Hegewerk im Auftrag von Dirk Vonten wegen der Nutzung von Bildern, die Herr Vonten ehemals auf Fotolia bzw. Adobe vermarktet hat. Neben der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wird in den Abmahnungen stets Erstattung von Abmahnkosten und Zahlung von Schadensersatz in Höhe von mehreren Hundert EUR gefordert. Der Schadensersatz wird dabei stets nach der MFM-Tabelle berechnet.
Die Abmahnungen sind unbedingt ernst zu nehmen, klagt die Kanzlei Hegewerk die Forderungen auch gerichtlich ein. So wurden auch bereits einige von mir vertretene Abgemahnte von Dirk Vonten verklagt, so u.a. beim LG Kassel.
Klageverfahren beim LG Kassel
Streitgegenstand der beim LG Kassel von Dirk Vonten eingereichten Klage ist das Foto „Frankfurter Skyline“, das Vonten ehemals auf Fotolia vermarktete. Aufgrund seiner Abmahnungen wurden die Bilder von Fotolia und Adobe verbannt.
Mein Mandant nutzte das Bild auf seiner gewerblichen Webseite ohne Urheberangabe. Das Bild hatte er über seinen Fotolia Account erworben (Standardlizenz). Daher wähnte er sich (wie zahlreiche andere Abgemahnte) auf der rechtlich sicheren Seite, verlangen die Fotolia Lizenzbestimmungen eine Urheberangabe nur bei einer redaktionellen Nutzung.
Umso überraschter war er, als er eine Abmahnung von Dirk Vonten wegen Urheberrechtsverletzung erhielt. In der Abmahnung wurde ihm vorgeworfen, er habe das Bild ohne Urheberangabe genutzt und daher gegen § 13 UrhG verstoßen.
Da mein Mandant nachweisen konnte, dass er über Fotolia eine Standardlizenz erworben hatte, wies ich die Abmahnung zurück und forderte Dirk Vonten zur Erstattung von Rechtsverteidigungskosten wegen unberechtigter Abmahnung auf.
Daraufhin reichte Dirk Vonten gegen meine Mandanten Klage beim LG Kassel auf Unterlassung und Zahlung ein. Ich erhob Widerklage auf Erstattung von Rechtsverteidigungskosten.
Im Klageverfahren machte Herr Vonten sodann auch geltend, dass mein Mandant das Bild auf seiner Webseite in einem herunterladbaren Format genutzt und daher gegen die sachlichen Grenzen der Fotolia Standardlizenz verstoßen habe. Daher sei e so zu stellen, als habe er nie eine Lizenz von Fotolia erworben. Hinsichtlich der Urheberangabe machte Vonten geltend, dass er in dem mit Fotolia geschlossen Upload-Vertrag gegenüber Fotolia nicht auf sein Recht zur Urheberangabe nach § 13 UrhG verzichtet habe, sondern allenfalls darauf, als „Quelle“ benannt zu werden. Fotolia habe daher kein Recht, an Fotolia Nutzer Unterlizenzen zur Nutzung ohne Urheberangabe zu vergeben. Ein genereller Verzicht auf Urheberangabe sei zudem auch unwirksam.
LG Kassel weist Klage von Dirk Vonten ab
Das LG Kassel teilte die Ansicht von Dirk Vonten nicht und wies dessen Klage auf Unterlassung und Zahlung vollumfänglich ab.
Fotolia Standardlizenz = zeitlich unbefristetes Recht zum Gebrauch für geschäftliche Zwecke
Wie stets, hatte Dirk Vonten bestritten, dass mein Mandant überhaupt über Fotolia eine Standardlizenz an dem Bild erworben hatte. Die insoweit vorgelegten Rechnungen genügten dem Gericht jedoch:
„Die Beklagte hat (…) aufgrund einer lückenlosen Rechtekette ein nichtexklusives, weltweites und zeitlich unbegrenztes Recht zur öffentlichen Wahrnehmbarmachung des Lichtbildes im Sinne von § 72 UrhG i.V.m. § 19a UrhG erworben. Nach dem Standard-Lizenzvertrag, der ihrem Download zugrunde lag, räumt FOTOLIA dem Kunden eine „nicht exklusive, unbefristete, weltweite Lizenz zu Gebrauch, Wiedergabe, Änderung oder Zurschaustellung des Werkes ... zu geschäftlichen und gewerblichen Zwecken“ ein. Der Rechteerwerb als solches ist durch die vorgelegten Rechnungen hinreichend belegt.
Rechtsklicksperre nicht erforderlich
Die Ansicht von Dirk Vonten, mein Mandant hätte durch die fehlende Rechtsklicksperre gegen die Fotolia Standardlizenz verstoßen, wies das Gericht mit folgender Begründung zurück:
"Der Nutzungsrechtseinräumung steht nicht entgegen, dass das Lichtbild auf der Website der Beklagten nach Vorbringen des Klägers nicht mit einer „Rechtsklicksperre“ versehen war, durch die verhindert worden wäre, dass sich bei Betätigung der rechten Mouse-Taste das übliche Kontextmenü öffnet. Es liegt bereits kein Fall der in Ziff. 3.1 des Standard-Lizenz-Vertrags (…) geregelten „Einschränkungen“ vor. Unabhängig davon handelte es sich bei Ziff. 3.1 auch nicht um eine Beschränkung des Nutzungsrechts mit dinglicher Wirkung, sondern liegt lediglich eine schuldrechtliche Bindung vor. Die Nutzungsrechtseinräumung bemisst sich nach deutschem Recht (Schutzlandprinzip, vgl. Art- 8 Abs. 1 ROM II-VO). Nach dem hiernach maßgeblichen § 31 UrhG kann ein Nutzungsrecht zwar zeitlich, räumlich und inhaltlich beschränkt werden. Eine inhaltliche Beschränkung muss sich jedoch auf eine nach der Verkehrsauffassung selbständige, von der bisherigen Nutzung klar abgrenzbare Nutzungsart beziehen, die eine technische Eigenständigkeit zum Ausdruck bringt, unabhängig davon, ob der bestehende Markt ersetzt wird oder ein neuer Markt entsteht (…). Die Anbringung einer Rechtsklicksperre stellt keine solche einer inhaltlichen Beschränkung zugängliche Einschränkung dar.“
sowie weiter:
"Unabhängig davon folgt weder aus dem Upload-Vertrag Anlage HW4 noch aus dem Standard-Lizenz-Vertrag Anlage HW3 eine entsprechende Verpflichtung zur Anbringung einer Rechtsklicksperre für eine Darstellung als Websitehintergrund. Es handelt sich dabei nicht um ein Online-Stellen eines Werkes in einem herunterladbaren Format im Sinne von Ziff. 3.1. lit. c) des Standard-Lizenz-Vertrags. Diese Bestimmung bezieht sich nur auf die Online-Bereitstellung in einem Format für den Download und nicht auf die Möglichkeit des Speicherns des Website-Hintergrundes. Durch den Rechtsklick kann der Nutzer nur die Website abspeichern. Demgegenüber ermöglicht ein Download das Herunterladen der (Bild-)Datei. Das Bereitstellen der Datei zum Download stellt einen deutlich intensiveren Eingriff in die Rechte des Urhebers dar, weil es die Gefahr einer unkontrollierten Weiterverbreitung des Werkes birgt. Die Möglichkeit, die Website mittels Rechtsklicks zu speichern, ist damit nicht vergleichbar.“
Urheberangabe bei gewerblicher Nutzung von Fotolia Bildern nicht erforderlich
Schließlich wies das Gericht die Ansicht von Dirk Vonten, auch bei der Nutzung von über Fotolia erworbenen Bildern zu gewerblichen Zwecken (hier gewerbliche Webseite) müsse der Urheber angegeben werden, zurück. Insoweit verwies das Gericht auf den zwischen Vonten und Fotolia geschlossenen Upload-Vertrag:
"Eine Urheberrechtsverletzung liegt auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in § 13 UrhG vor. Eine Verpflichtung zur Urheberrechtsangabe im Rahmen der streitbefangenen Nutzung bestand für die Beklagte nicht, weil der Kläger lizenzvertraglich auf die Anbringung der Urheberbezeichnung durch die Beklagte verzichtet hat. (…)
Nach „Ziff. 5 Eigentumsrecht und Beibehaltung von Rechten“ des Upload-Vertrags (…), dort Abs. 2, gilt: „das Hochladende Mitglied verzichtet hiermit auf jede Verpflichtung von Fotolia und jedem herunterladenden Mitglied, das Hochladende Mitglied als Quelle des Werkes zu identifizieren.“ Nach Ziff. 3. Abs. 1 des Upload-Vertrags (…) gilt für Download und Unterlizenzen, dass ein (...) „Nicht-exklusiv Herunterladendes Mitglied“ - wobei dies nach Ziff. 3 der Standardfall ist - „zur Urheberbenennung berechtigt jedoch nicht verpflichtet“ ist.
Die Klausel ist wirksam. Der Überprüfung am Maßstab des § 307 BGB (…) hält sie stand. (…) Der Verzicht auf die Anbringung der Urheberbezeichnung durch die Beklagte als „herunterladendes Mitglied“ von FOTOLIA ist – auch in AGB – mit § 13 UrhG vereinbar. Nach § 13 UrhG kann der Urheber frei bestimmen, ob sein Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist. Dann kann er erst Recht auf die Urheberbezeichnung durch Endnutzer verzichten (…). Eine rechtliche Grenze finden derartige Verzichtsvereinbarungen zwar in der Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB); diese liegt indes nicht vor. Der Upload erfolgt freiwillig und gegen Vergütung. Es geht im Streitfall um Gebrauchsfotografie. Der Verzicht auf die Urheberbenennung ist in diesem Bereich zumindest nicht unüblich. Er ermöglicht häufig erst eine praktikable Nutzung, weil es dem „herunterladenen Mitglied“ darum geht, Gebrauchsfotografien schnell und unkompliziert in andere Kontexte einzufügen. (…).
Eine Urheberrechtsverletzung im Sinne der §§ 13, 16 oder 19a UrhG liegt nach alledem nicht vor.“
Dirk Vonten muss Rechtsverteidigungskosten zahlen
Da die urheberrechtliche Abmahnung von Dirk Vonten unberechtigt war, wurde er auf die Widerklage hin verurteilt, dem Abgemahnten die durch meine Beauftragung entstandenen außergerichtlichen Kosten zur Abwehr der Abmahnung zu erstatten.
LG Kassel, Urteil vom 27.05.2021, AZ 10 O 2109/20 (nicht rechtskräftig; Vonten hat Berufung eingelegt)
Fazit:
Das Urteil belegt, dass man sich gegen urheberrechtliche Abmahnungen bzw. Klagen erfolgreich wehren wehren kann. Ich habe auch bereits vor anderen Gerichten (LG Köln, LG Nürnberg, AG Charlottenburg) Abmahnungen und Klagen von Dirk Vonten und anderen Stockfotografen (Stephan Karg, Stefan Schmidt, Peter Atkins, Gregorz Grygo) abgewehrt. Die Kanzlei Hegewerk hat vor dem LG Hamburg, Düsseldorf und München noch weitere Klagen gegen von mir betreute Mandanten eingereicht.
Sollten auch Sie eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung, z.B. wegen der Nutzung von Stockfotos (Fotolia, Adobe & Co) erhalten haben, sollten Sie daher nicht, jedenfalls nicht vorschnell den Forderungen des Abmahners nachkommen. Vielmehr sollten Sie im Urheberrecht spezialisierte Anwälte mit der Prüfung der Abmahnung beauftragen. Diese erkennen schnell mögliche Angriffspunkte gegen die Abmahnung.
So kann es schon an einem urheberrechtlich geschützten Werk fehlen. So ist zwar in Deutschland jedes Foto, nicht jedoch z.B. jede Grafik urheberrechtlich geschützt.
Selbst wenn das Bild urheberrechtlich geschützt ist, stellt sich die Frage, ob tatsächlich eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. So ist bei der Nutzung von Stockfotos zu prüfen, ob und wann eine Urheberanagbe erforderlich ist. Dies richtet sich u.a. nach den jeweiligen Lizenzbedingungen des Stockportals.
Selbst wenn eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, bedeutet dies nicht, dass der in der Abmahnung geforderte Schadensersatz der Höhe nach berechtigt ist. Für den Schadensersatz ist primär die eigene Lizenzpraxis des Fotografen maßgeblich. Selbst Berufsfotografen können sich daher nicht stets auf die MFM-Tabelle berufen. Mitunter gilt die MFM Tabelle auch nur mit Abschlägen.
Abmahnkosten sind nur geschuldet, wenn der Abmahner verpflichtet ist, entsprechende Zahlungen an die von ihm beauftragte Abmahnkanzlei zu leisten. Daran darf bei Massenabmahnern durchaus gezweifelt werden.
Sofern Sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben "wollen", sollte dies nicht vorschnell erfolgen, sondern nur und erst, wenn sichergestellt ist, dass gegen diese nicht verstoßen wird. Bei einem Verstoß drohen hohe Vertragsstrafen, die an den Abmahner zu zahlen sind.
Aufgrund meiner jahrelangen Spezialisierung im Urheberrecht sind mir die einschlägigen Urteile und möglichen Angriffspunkte gegen urheberrechtliche Abmahnungen bestens vertraut. Ich vertrete zahlreiche von Stockfotografen (Stephan Karg, Dirk Vonten, Peter Atkins, Stefan Schmidt, Gregorz Grygo) abgemahnte Webseitenbetreiber außergerichtlich und gerichtlich.
In zahlreichen von mir betreuten Abmahnfällen nahm die Kanzlei Hegewerk mittlerweile denn auch Abstand von den in der Abmahnung aufgestellten Forderungen und erstattete den Abgemahnten die Rechtsverteidigungskosten.
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