Strafbefehl: Checkliste für den Einspruch

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Rechtsmittlbelehrung des Amtsgerichts Frankfurt am Main bei Strafbefehlen

Wenn Sie einen Strafbefehl erhalten haben, müssen Sie sofort tätig werden und dürfen den Brief nicht unbeantwortet lassen. Dazu können Sie sich an die Rechtmittelbelehrung halten, die dem Strafbefehl mitgegeben ist. Nur wenn der Einspruch gegen den Strafbefehl jeden Punkt der Rechtsmittelbelehrung erfüllt, wird er vom Gericht akzeptiert.

Rechtliche Grundlage

Die Rechtsmittelbelehrung des Amtsgerichts Frankfurt am Main fängt mit folgendem Satz an:


Dieser Strafbefehl wird rechtskräftig und vollstreckbar, wenn Sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung bei dem Gericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle Einspruch einlegen.


Der Satz besteht zwar nicht aus Fremdwörtern, trotzdem ist fast jedes Wort ein juristischer Fachbegriff. Daher will ich die Begriffe nacheinander erläutern, damit Sie korrekt Einspruch gegen Strafbefehle einlegen können.

Strafbefehl

Ein Strafbefehl enthält die gleichen Elemente wie ein Strafgerichtsurteil.

Dazu gehört die Bezeichnung der Tat, die angewendete Strafvorschrift sowie die Höhe der Strafe. Der Unterschied zu einem normalen Urteil ist nur der, dass vorher keine Verhandlung am Gericht stattgefunden hat. Die Wirkung von einem Gerichtsurteil und einem Strafbefehl ist die gleiche: Der Verurteilte ist vorbestraft, wenn der Strafbefehl rechtskräftig wird. Ein Strafbefehl ist nicht besser als eine normale Verurteilung.

Rechtskräftig

Der Strafbefehl wird rechtskräftig, wenn kein Einspruch eingelegt wird. Rechtskraft bedeutet, dass alles was im Strafbefehl steht, ab jetzt vom Gericht als wahr angesehen wird.

Die Feststellungen zu der im Strafbefehl bezeichneten Tat gelten als wahr. Selbst wenn später bewiesen werden könnte, dass der Empfänger des Strafbefehls niemals der Täter sein kann, ist es fast unmöglich, den Strafbefehl aufheben zu lassen.

Der Empfänger des Strafbefehls ist vorbestraft und muss bei einem nächsten Verfahren mit einer erheblich höheren Strafe rechnen. Oft kommen Mandanten zu mir mit und sagen, dass eine Vorstrafe falsch ist, weil sie das damals nicht gemacht haben. Im neuen Verfahren kann man damit aber niemals einen Richter überzeugen. Der Richter wird den Angeklagten als vorbestraft behandeln. Wenn der Angeklagte widersprechen will, wird der Richter sagen, dass er an dem alten Strafbefehl nicht ändern kann. Das ist mit Rechtskraft gemeint.

Vollstreckbar

Wenn der Strafbefehl rechtskräftig ist, ist die darin ausgesprochene Strafe vollstreckbar. Bei einer Geldstrafe bedeutet das, dass sie bezahlt werden muss, wenn der Betroffene keinen Haftbefehl riskieren will. Es gibt oft die Möglichkeit, eine Geldstrafe per Raten zu zahlen. Die Strafbefehle selbst enthalten aber kein Angebot zur Ratenzahlung, sodass auch die Ratenzahlung nachträglich beantragt werden muss. Solange der Antrag nicht bearbeitet ist, kann die Vollstreckung der Strafe insgesamt betrieben werden.

Innerhalb von zwei Wochen

Um die Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit aufzuhalten, muss der Einspruch innerhalb von zwei Wochen eingehen. Im Strafrecht berechnet sich eine Wochenfrist folgendermaßen:
Wenn der Strafbefehl an einem Dienstag zugestellt wurde, Endet die Einspruchsfrist am übernächsten Dienstag um 24:00 Uhr.

Wenn der Dienstag ein Feiertag ist, dann endet die Frist am nächsten Werktag um 24:00 Uhr. Wenn der letzte Tag der Frist ein Samstag oder ein Sonntag ist, dann wird die Frist auf Montag um 24:00 Uhr verlängert.

Der Einspruch muss innerhalb der zweiwöchigen Frist eingelegt werden. Wenn der Einspruch auch nur einen Tag später eingeht, wird er mit allergrößter Wahrscheinlichkeit verworfen. Nur wenn ein ganz gewichtiger Grund vorliegt, warum die Frist verpasst worden ist, kann eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt werden. Der Einspruch muss nach Wegfall des Grundes unabhängig vom Wiedereinsetzungsantrag so schnell wie möglich gestellt werden.

Nach Zustellung

Die Frist beginnt mit der Zustellung des Strafbefehls. Am häufigsten legt der Postbote den Brief mit dem Strafbefehl in den Briefkasten des Empfängers an dessen Meldeadresse. Damit ist der Strafbefehl zugestellt und es kommt bei der Fristenberechnung nur auf diesen Tag an. Auch wenn der Empfänger nicht mehr an der Meldeadresse wohnt und nur noch der Name auf dem Briefkasten klebt, beispielsweise weil ein Familienmitglied dort noch wohnt, gilt der Strafbefehl als zugestellt. Man ist verpflichtet, die Post an seiner Meldeadresse abzuholen.

Wenn der Empfänger zu der Zeit im Urlaub oder sonst verhindert war, kann im Einzelfall die Frist anders bestimmt werden. Alle Fakten, die die Abwesenheit im Urlaub betreffen, müssen dazu dem Gericht wasserdicht bewiesen werden können. Dazu gehört unter anderem auch, warum der Abwesende niemanden beauftragt hat, die Post für ihn zu öffnen.

Daneben gibt es weitere Formen der Zustellung, bei denen der Empfänger des Briefes meist noch weniger davon mitbekommt, dass gerade ein Strafbefehl zugestellt worden ist.
Ein einziger Lichtblick besteht, wenn der Empfänger oder die Empfängerin des Strafbefehls kein Deutsch spricht. Dann gilt der Strafbefehl unter Umständen erst als zugestellt, wenn eine Übersetzung angekommen ist. Wenden Sie sich dazu an einen Anwalt oder eine Anwältin.

Beim Gericht

Der Einspruch muss bei Gericht eingehen. Damit ist das Gericht gemeint, das den Strafbefehl erlassen hat. Man muss darauf achten, das richtige Gericht zu wählen.

Der Strafbefehl sollte persönlich bei Gericht abgegeben werden. Wenn das Gericht nicht in der Nähe ist und noch genug Zeit ist, kann er per Einschreiben verschickt werden. Jedoch ist der Betroffene und nicht das Gericht für Verzögerungen bei der Post verantwortlich.

Schriftlich

Der Einspruch muss schriftlich abgegeben werden. Das bedeutet, es muss ein Schreiben auf Papier aufgesetzt werden. Das Schreiben kann handschriftlich oder per Computer verfasst sein, es muss aber handschriftlich unterschrieben sein.

Zu Protokoll der Geschäftsstelle

Der Einspruch kann auch durch den Betroffenen mündlich eingelegt werden. Dazu muss das Gericht zu dessen Öffnungszeiten aufgesucht werden. An der Pforte muss der Betroffene nach dem Raum fragen, in dem er den Einspruch einlegen kann. Dort muss eine Angestellte oder ein Angestellter des Gerichts den Einspruch aufschreiben und dem Betroffenen den Vorgang dokumentieren.

Zwar soll es die Möglichkeit geben, den Einspruch digital einzulegen, aber dazu kann niemandem geraten werden, der nicht professionell mit per Personalausweis signierten Dokumenten arbeitet. Mit digital ist in diesem Zusammenhang nicht die E-Mail gemeint.

Wenn die Frist nicht anders eingehalten werden kann, kann der Einspruch durch einen Anwalt per Fax an das Gericht geschickt werden.

Inhalt des Einspruchschreibens

Neben den Formvoraussetzungen hat der Einspruch keine Voraussetzungen an den Inhalt. Der Einspruch muss nur folgenden Satz, sowie die Unterschrift enthalten:


Hiermit lege ich, Jonas Ganz, Einspruch gegen den Strafbefehl vom 11. Mai 2022 ein.


Natürlich ist es besser, wenn dazu noch das Aktenzeichen angegeben wird und alle DIN-Vorschriften für Briefe eingehalten werden. Davon sollte aber die Wirksamkeit des Einspruchs nicht abhängig gemacht werden dürfen. Selbst das Wort Einspruch muss nicht enthalten sein. Das Gericht ist verpflichtet, jedes Schreiben des Betroffenen wohlwollend darauf zu prüfen, ob damit ein Einspruch gemeint sein könnte.

In letzter Minute

Erschreckend viele Strafbefehle werden rechtskräftig und führen zu Fehlurteilen, nur weil die Betroffenen die Einspruchsfrist verpasst haben. Das ist von den Gerichten so gewollt, weil es ihnen die Gerichtsverhandlung erspart. Wehren Sie sich dagegen, dass Sie in Abwesenheit verurteilt worden sind.

Wenn Sie überhaupt keine Zeit haben, nehmen Sie den Strafbefehl so wie Sie ihn bekommen haben mit zu Gericht. Dort schreiben Sie mit großen Buchstaben "Einspruch" quer über auf die erste Seite und unterschreiben diesen Schriftzug mit Ihrem Nachnahmen. Das können Sie so in den Briefkasten des Gerichts werfen.

Zusammenfassung

Obwohl die Rechtsmittelbelehrung nur einen Satz zum Einspruch enthält, muss der oder die Betroffene wahnsinnig viel beachten. In der Praxis kommt es sehr häufig vor, dass Einspruchsfristen verpasst werden oder die Formvorschriften nicht eingehalten werden. Dann werden die Strafbefehle rechtskräftig, auch wenn die darin bezeichneten Taten nicht vom Betroffenen begangen worden sind.

Nur wenn Sie sich von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin vertreten lassen, können Sie sicher sein, dass alle Anforderungen an einen Einspruch eingehalten werden.
Wenn Sie einen Strafbefehl erhalten, sollten Sie sofort Einspruch einlegen. Zwei Wochen sind eine sehr kurze Zeit, um wohlüberlegt reagieren zu können. Deshalb muss erst vorsorglich Einspruch eingelegt werden, damit man sich danach in Ruhe Gedanken machen kann, wie das Verfahren weitergeführt werden soll. Dafür spricht, dass der Einspruch bis zum Termin der Hauptverhandlung ohne Nachteil zurückgenommen werden kann.

Foto(s): Jonas Ganz ©Adobe Stock/WavebreakMediaMicro


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