Streit um Balkonkraftwerk: AG Konstanz urteilt zugunsten der WEG
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Das Amtsgericht Konstanz hat im Rechtsstreit um ein nicht genehmigtes Balkonkraftwerk, das ein Wohnungseigentümer-Ehepaar am Balkon der von ihm bewohnten Eigentumswohnung ohne Zustimmung der WEG in Betrieb genommen hat, mit Urteil vom 2. Februar 2023 (Az. 4 C 369/22) einer Wohnungseigentümergemeinschaft Recht gegeben. Im nachfolgenden Artikel erfahren Sie, worum es in dem Fall konkret ging und wie der Amtsrichter sein Urteil begründet hat.
Balkonkraftwerk installiert, aber ohne Zustimmung der WEG
Gegenstand des Urteils des Amtsgerichts Konstanz ist ein Balkonkraftwerk, das ein Wohnungseigentümer-Ehepaar an der Außenseite ihres Balkons montiert und in Betrieb genommen hatte - jedoch ohne vorherige Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Eigentlich verfügt das Mehrfamilienhaus bereits über eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, doch diese ist seit Jahren defekt und außer Betrieb. Insofern ist es verständlich, dass die Kläger und Bewohner der streitgegenständlichen Eigentumswohnung Abhilfe schaffen wollten, indem sie selbst eine PV-Anlage am Balkon installierten. Aber die Eigentümerversammlung stimmte mehrheitlich gegen die Genehmigung des Balkonkraftwerks. Kurzerhand beschloss die Eigentümergemeinschaft mehrheitlich sogar, dass die Verwaltung der WEG ermächtigt werden solle, die Entfernung der Mini-Solaranlage gegen das Eigentümerehepaar durchzusetzen - notfalls mit gerichtlicher Hilfe.
Der Fall landete schließlich vor dem Amtsgericht Konstanz. Das klagende Ehepaar vertrat dabei die Meinung, dass das Ermessen der WEG hinsichtlich der Genehmigung des Balkonkraftwerkes auf Null reduziert sei und die Zustimmung erteilt werden muss. Als zentrale Argumente wurden der in Art. 20a Grundgesetz verankerte Klimaschutz und die politisch angestrebte Energiewende angeführt. Zudem argumentierte das Ehepaar, dass mit dem Balkonkraftwerk ohnehin keine grundlegende Umgestaltung der Fassade erfolge und erst recht keine unbillige Benachteiligung anderer Eigentümer der Wohnanlage.
Kein Anspruch gegen die WEG auf Genehmigung des Balkonkraftwerks
Der Amtsrichter entschied den Fall klar zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft. Er urteilte, dass der von dem klagenden Eigentümer-Ehepaar angefochtene Negativbeschluss weder einen Verstoß gegen die ordnungsgemäße Verwaltung, noch gegen sonstige Gesetze darstelle. Die Wohnungseigentümer "haben keinen Anspruch auf Genehmigung des Balkonkraftwerkes", so das Amtsgericht Konstanz (Urteil vom 02.02.2023, Az. 4 C 369/22).
Zwar ließ der Amtsrichter durchaus erkennen, dass er die rechtspolitischen Erwägungen pro Klimaschutz und Energiewende durchaus teile, doch machte er in seinem Urteil dennoch deutlich, dass diese nicht genügen. Der Wortlaut der hier maßgeblichen Norm des § 20 WEG sei eindeutig und der Gesetzgeber habe jedenfalls keinen eigenen Absatz im Sinne von "Klimaschutz" als allgemein privilegiert in das Gesetz aufgenommen. Deshalb habe das klagende Eigentümer-Ehepaar hier letztlich das Nachsehen und keinen Anspruch darauf, dass die WEG zwingend ihre Zustimmung zu dem Balkonkraftwerk erteilen müsse. Auch die Argumentation der Kläger im Hinblick darauf, dass Klimaschutz ein Grundrecht sei, überzeugte das Amtsgericht Konstanz nicht. Artikel 20a GG sei eine sogenannte Staatszielbestimmung. Unmittelbare subjektive Rechte einzelner Individuen könne man daraus aber nicht ableiten. Auch die Modernisierungsregelung für Mietwohnungen des § 555b BGB sei im vorliegenden Fall weder direkt noch analog anwendbar, denn das klagende Ehepaar hatte seine Eigentumswohnung eben gerade nicht vermietet, sondern selbst bewohnt.
Balkonkraftwerk als optische Beeinträchtigung
Das Urteil des Amtsgerichts Konstanz stellt schließlich auch klar heraus, dass die Kläger aus § 20 Abs. 3 WEG keine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich der Genehmigung eines Balkonkraftwerkes herleiten können. Ein Nachteil ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "jede konkrete, objektiv nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung, von der sich ein Eigentümer beeinträchtigt fühlen darf (BGHZ 116, 392, BGHZ 196, 45) und abzugrenzen von rein subjektiven Befindlichkeiten und belanglosen oder neutralen Veränderungen", so das Amtsgericht Konstanz in seiner Entscheidung vom 02.02.2023 (Az. 4 C 369/22). Die Änderung des optischen Eindrucks ist ein Hauptanwendungsfall. Dass eine Solaranlage außen am Balkon die Fassade optisch verändert, dürfte schwer wegzudiskutieren sein.
Doch ist die optische Beeinträchtigung als erheblich und damit störend einzustufen? Das Amtsgericht Konstanz hat sich mit dieser Frage im konkreten Einzelfall auseinandergesetzt und die bisherige Rechtsprechung zu verschiedenen Veränderungen an Balkonen herangezogen. Ob Überdachung, Pergola, Verglasung, Markise, Sonnensegel, Lichterkette oder Vogel- und Katzennetze: All diese Veränderungen hätten Gerichte bereits als nicht hinnehmbare optische Veränderung eingestuft. Vor diesem Hintergrund müsse ein Balkonkraftwerk mit einer Gesamtfläche von 3,5 m² als Nachteil eingestuft werden. Die WEG sei nicht verpflichtet, eine solche Anlage zu akzeptieren.
Es bleibt abzuwarten, ob das Wohnungseigentümer-Ehepaar gegen das Urteil in die Berufung geht. Dann könnte der Fall erneut vor dem Landgericht Konstanz verhandelt werden. Für Wohnungseigentümer, die selbst ein Balkonkraftwerk anbringen möchten, ist das Urteil in jedem Fall ein Dämpfer, auch wenn es noch nichts rechtskräftig ist.
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