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Überblick zur Prüfungsanfechtung

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Überblick zur Prüfungsanfechtung

Wer mit einer Benotung, einem Zeugnis oder einer anderen Prüfungsbewertung nicht zufrieden ist, kann seine Leistungen mit einer Prüfungsanfechtung auf juristischen Weg beschreiten. Eine versemmelte Prüfung hat schließlich nicht selten einschneidende Folgen für das weitere Leben. Dieser Ratgeber gibt einen Überblick.

Bewertungen wie Noten oder Zeugnisse können angefochten werden, wie von einer Schule, Hochschule, Handwerkskammer oder von einer anderen Einrichtung mit staatlichen Lehrauftrag. Dabei können nicht nur Abschlussprüfungen wie Bachelor, Master, Diplom, Examen, Dissertation angegriffen werden, sondern auch Zwischenprüfungen, Klausuren und Seminararbeiten.

Eine Prüfungsanfechtung kann sowohl wegen Verfahrensfehlern als auch wegen Bewertungsfehlern erfolgreich sein. Im Falle von Verfahrensfehlern kann eine Wiederholung der Prüfung verlangt werden, bei Bewertungsfehlern eine Neubewertung. 

Besonderheit bei Verfahrensfehlern

Verfahrensfehler können sich auf den inneren und äußeren Rahmen der Prüfung beziehen. Zum äußeren Rahmen gehören, dass z. B. die Prüfungsräume wegen Hitze, Kälte oder Lärm ungeeignet sind. Zum inneren Rahmen zählen die sogenannten Prüfermängel, das heißt, der Prüfer ist mangels fachlicher Qualifikation oder Befangenheit ungeeignet. Die Differenzierung spielt deshalb eine Rolle, denn Verfahrensfehler zum äußeren Rahmen sind unverzüglich zu rügen, wenn man später deshalb die Prüfung anfechten möchte bzw. ein Anfechtung offenhalten möchte. 

Herrscht zum Beispiel im Prüfungsraum eine unerträgliche Hitze, dann muss dieser Umstand unverzüglich der Prüfungskommission mitgeteilt werden und ist protokollieren zu lassen. Wird dieser Umstand erst später gerügt, ist eine darauf gestützte Prüfungsanfechtung erfolglos. Die den jeweiligen Prüfungsordnungen können zudem sogenannte Ausschlussfristen regeln nach deren Ablauf solche Verfahrensfehler nicht mehr gerügt werden können.

Verfahrensablauf der Prüfungsanfechtung

Wer mit der Prüfungsbewertung nicht einverstanden ist, muss innerhalb der Widerspruchfrist Widerspruch einlegen. Der Widerspruch ist entweder bei der Einrichtung selbst oder bei der Aufsichtsbehörde, also zum Beispiel bei einem Schulzeugnis bei der Schule oder bei der Schulaufsicht, einzulegen. Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat, wenn mit der Bekanntgabe der Bewertung zugleich eine Rechtsmittelbelehrung erfolgte und beträgt ein Jahr, wenn eine Rechtsmittelbelehrung fehlte oder fehlerhaft war. Wurde die Bewertung schriftlich per Post versendet, gilt diese mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, es sei denn die Post geht tatsächlich früher oder später oder gar nicht zu.  

Mit Einlegung des Widerspruchs beginnt zunächst das sogenannte Überdenkungsverfahren, das heißt, der Prüfer kann seine Bewertung überdenken und neu bewerten. Den Widerspruch sollte man gut begründen, um den Prüfer von einer besseren Benotung zu überzeugen. So gibt es bei vielen Prüfungen kein richtiges oder falsches Ergebnis, sondern es kommt darauf an, ob die gefundene Lösung vertretbar ist. Und mit der richtigen Begründung ist vieles vertretbar. Es kommt also auf die Argumentation an. Daher hängt der Erfolg einer Prüfungsanfechtung zu meist von einer guten und ausgefeilten Begründung ab. Dabei sollte der Prüfer nicht angegriffen und rein sachlich argumentiert werden. Empfehlung: Betroffene sollten dabei Hilfe durch erfahrene und durch die gescheiterte Prüfung nicht persönlich belastete Personen in Anspruch nehmen.

Ist das Überdenkungsverfahren erfolglos, wird das Widerspruchsverfahren durchgeführt, das mit Erlass des Widerspruchsbescheides endet. Wird mit dem Widerspruchsbescheid die angegriffene Bewertung aufrechterhalten, kann innerhalb der Klagefrist Klage erhoben werden. Die Klagefrist beträgt in der Regel einen Monat und beträgt ebenfalls ein Jahr, wenn die Rechtsmittelbelehrung nicht ordnungsgemäß erfolgte. Die Klagefrist beginnt ebenfalls mit Bekanntgabe des Widerspruchbescheids. Diese gilt auch mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, es sei denn die Post geht tatsächlich früher oder später oder gar nicht zu. 

Widerspruchs- oder Klagefrist abgelaufen?

Ist die Widerspruchs- oder Klagefrist abgelaufen, kann mit einem Widerspruch oder Klage die Bewertung nicht mehr erfolgreich angegriffen werden. Eine solche Verfristung kann mit einem Antrag auf Widereisetzung in den vorigen Stand beseitigt werden. Ein solcher Antrag hat aber nur Erfolg, wenn die Verfristung nicht verschuldet wurde. Das ist nur in wenigen Ausnahmefällen der Fall, zum Beispiel, weil aufgrund eines Unfalls ein sofortiger unvorhersehbarer Krankenhausaufenthalt notwendig war und während des Krankenhausaufenthalts die Bewertung zugesendet wurde und die Frist ablief. 

In diesen Fällen geben die meisten auf. Allerdings gibt es in dieser Not noch eine Möglichkeit, die selbst Juristen und Behördenmitarbeitern oft nicht bekannt ist: der Rücknahmeantrag nach § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG. Diese Vorschrift regelt, dass Behörden auch rechtswidrige Verwaltungsakte zurücknehmen können, wenn diese mit den regulären Rechtsbehelfen nicht mehr angegriffen werden können. Ist der Rücknahmeantrag erfolgreich, nimmt die Behörde die rechtswidrige Bewertung zurück und ersetzt diese durch eine neue. Wird von der Behörde die Rücknahme ermessensfehlerhaft verweigert, kann dieser Anspruch sogar eingeklagt werden. Wenn also wegen Fristablaufs alle Stricke reißen, sollte diese Möglichkeit geprüft werden.

Kosten bei Widerspruch und Klage

Die Verfahrenskosten im Widerspruchsverfahren sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und liegen von bis zu ca. 50 bis 150 €. Rechtsanwälte verlangen für die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren in der Regel eine Honorarvereinbarung, da die gesetzlichen Gebühren den anwaltlichen Aufwand nicht abdecken. So bieten Rechtsanwälte die Bearbeitung solcher Mandate nur mit der Vereinbarung eines Stunden- oder Pauschalhonorars an.

Der Streitwert im Klageverfahren wird in der Regel auf 5000 € pro angegriffene Prüfung festgesetzt. Auch ohne Honorarvereinbarung beläuft sich bei diesem Streitwert das Kostenrisiko einer Klage auf knapp 1000 € und oft haben Rechtsschutzversicherungen diesen Bereich vom Versicherungsschutz herausgenommen. Man sollte sich also genau überlegen, welche Prüfungsanfechtung man auch gerichtlich verfolgen möchte. Aber: Auf ein paar tausend Euro kann es nicht ankommen, wenn damit ein teures Studium mit einem erfolgreichen Abschluss endet. Nicht zu vernachlässigen sind die damit verbundenen Einkommensmöglichkeiten im späteren Berufsleben, die die Kosten relativieren.

Fazit: In vielen Fällen muss man sich mit einer unfairen Benotung nicht abfinden und kann diese mit einer Prüfungsanfechtung angreifen. Allerdings ist eine solche gut zu begründen und sollten die Kosten - besonders im Falle einer Klage - im Verhältnis zum Nutzen im Blick behalten werden.

(FMA)

Foto(s): ©Fotolia.com

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