Übernahme als Berufssoldat – Urteil VG München vom 05.10.2012

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Das Verwaltungsgericht München hat mit Urteil vom 05.10.2012 - AZ: M 21 K.11.1046 - unter Aufhebung eines Bescheids und Beschwerdebescheids die Bundesrepublik Deutschland (Bundeswehr) verpflichtet, über einen Antrag eines Hauptfeldwebels auf Übernahme in das Dienstverhältnis als Berufssoldat erneut zu entscheiden.

Der Kläger trat am 01.10.2001 erneut in die Bundeswehr ein. Die Verpflichtungszeit von 17 Jahren endet nach derzeitigem Stand im November 2017. Am 14.08.2008 beantragte er die Übernahme als Berufssoldat für das Auswahljahr2009. Am 08.09.2009 erneuerte er seinen Antrag und bewarb sich gleichzeitig für das Auswahlverfahren 2010. Seine Vorgesetzten empfahlen ihn in deren Stellungnahmen in „außergewöhnlichem Maße zum OffzMilFD", stützten die Übernahme zum Berufssoldaten „mit Nachdruck" und hielten ihn in „außergewöhlichem Maße geeignet, in gleicher Weise und mit Nachdruck für den Wechsel in die Laufbahn der OffzMilFD".

Die Stammdienststelle der Bundeswehr hat sich darauf berufen, dass die Umwandlung des Dienstverhältnisses unter Berücksichtigung der Altersstruktur sowie der Zugehörigkeit zu den einzelnen Geburtsjahrgängen und den Verwendungsreihen nach dem Prinzip der Bestenauslese vorzunehmen sei (sogenanntes Anböschungsverfahren über mehrere Jahre). Die Geburtsjahrgänge würden getrennt nach Ausbildungs- und Verwendungsreihen (AVR) festgelegt. Aufgrund fehlender Teilnahmevoraussetzungen hatte sich der Kläger in seiner AVR bzw. seinem Geburtsjahrgang in den vergangenen Jahren noch nicht für das Auswahlverfahren bewerben können. Im Auswahljahr 2009 sei sein Geburtsjahrgang in seiner AVR nicht mehr zur Bedarfsdeckung aufgerufen gewesen und er sei daher gemäß der „Erstbewerberregelung" gesondert betrachtet worden. Durch die Auswahlkommission sei zwar festgestellt worden, dass seine Eignung zumindest als „gleich gut" zu bewerten sei. Daher sei in einem zweiten Schritt geprüft worden, ob er über die Bedarfsvorgabe hinaus übernommen werden könne. In seiner AVR sei jedoch in seinem Geburtsjahrgang kein Bedarf mehr gegeben. Der für ihn zuständige Führungsstab habe einer Überschreitung der Bedarfsträgervorgabe nicht zugestimmt. Er sei auch im Rahmen der Umsetzung betrachtet worden, wofür er sich bereit erklärt hatte.

Gegen die Ablehnung der Übernahme hatte er Beschwerde eingelegt. Diese wurde mit der Begründung abgelehnt, dass seine Berufsausbildung zum Zimmermann schon seit Einführung der neuen Feldwebellaufbahnen in seiner Laufbahn und seiner AVR nicht als Eingangsberuf anerkannt gewesen sei. Daher sei seine Aus- und Weiterbildung zum Baugeräteführer zwingend erforderlich gewesen. Die von ihm aufgeführten Personen seien mit ihm nicht vergleichbar. Eine Verzögerung der Abgabe seiner Erstbeurteilung sei auch nicht festzustellen. Die von ihm kritisierte Beurteilungspraxis und der Beurteilungsmaßstab der truppendienstlichen Vorgesetzten sei von den personalbearbeitenden Stellen, die nur Verfahrensverstöße oder inhaltliche Fehler prüfen dürften, nicht nachprüfbar.

Der Kläger erhob daraufhin, vertreten durch Rechtsanwalt Christian Steffgen am 25.02.2011 bei dem Verwaltungsgericht München Klage. Das Verwaltungsgericht München gab der Klage mit Urteil vom 05.10.2012 hinsichtlich der Neubescheidung statt. Der Kläger hat somit einen Anspruch auf erneute Entscheidung über seinen Antrag auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Im Urteil wird zunächst festgestellt, dass es Sache des Dienstherrn sei, in Ausübung seiner Personalhoheit zunächst den Bedarf an Stellen für Berufssoldaten und Zeitsoldaten festzulegen und die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Besetzung solcher Stellen zu schaffen. Ansprüche einzelner Bewerber auf die Schaffung solcher Stellen bestünden nicht. Bereits nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 23.10.1980 - 2 C 22.79) könne der Dienstherr alle für eine Stellenbesetzung sachgerechten Gesichtspunkte einbeziehen. Demzufolge sei auch die Einführung von Einstellungs-Höchstaltersgrenzen grundsätzlich zulässig (BVerwG vom 23.10.1980, a.a.O.). Die Kammer stellt im Urteil jedoch fest, dass sich eine Höchstaltersgrenze für die von dem Kläger begehrte Umwandlung weder aus dem Soldatengesetz noch aus der Soldatenlaufbahnverordnung ergebe. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner früheren Rechtsprechung es für unbedenklich gehalten, dass die von der Beklagten angewendete Höchstaltersgrenze nicht durch Gesetz oder Rechtsverordnung, sondern durch Verwaltungsvorschrift festgesetzt worden sei (BVerwG vom 23.10.1980, a.a.O.).

Diese Rechtsprechung sei inzwischen aufgegeben worden. Das Bundesverwaltungsgericht sei nunmehr der Auffassung, dass eine Altersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis weiterhin zulässig sei, die aber, da sie eine empfindliche Einschränkung des Leistungsgrundsatzes bedeute, einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage bedürfe, wobei ein formelles Parlamentsgesetz nicht erforderlich sei, die aber, da sie eine empfindliche Einschränkung des Leistungsgrundsatzes (Art. 33 Abs. 2 GG) bedeute, einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage bedürfe, wobei ein formelles Parlamentsgesetz nicht erforderlich sei, wohl aber eine Rechtsverordnung auf der Grundlage einer am Maßstab des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ausreichenden Ermächtigung (BVerwG vom 19.02.2009 - 2 C 18.07).

Einfacher ausgedrückt bedeutet dies, dass der Verordnungsgeber selbst eine Regelung einschließlich der Ausnahmetatbestände treffen müsse und diese nicht der Verwaltungspraxis überlassen dürfe (BVerwG vom 19.09.2009, aaO).

Im Urteil führt das Verwaltungsgerichts München weiter aus, dass eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht erfolgt sei. Für den Ausschluss des Klägers von Auswahlverfahren aus Altersgründen biete es jedoch keine ausreichende Rechtsgrundlage mehr. Durch das Auswahlverfahren der Beklagten würden Bewerber unabhängig von ihrem Leistungsbild - verglichen mit Teilnehmern ihres Jahrgangs oder späterer Jahrgänge - faktisch aus Altersgründen ausgeschlossen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Prozessbevollmächtigte und Verfasser dieses Berichts ist Vertragsanwalt des Deutschen Bundeswehrverbandes. Er verfügt über Erfahrungen im Wehr- und Soldatenrecht seit 1988.



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